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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Wedinghausen betreut, bevor er erblindete, erzählte er mir.«
    »Der Bibliothecarius, natürlich! An den erinnere ich mich. Ein überaus beschlagener Mann. Es machte mir immer größte Freude, mich mit ihm zu unterhalten.«
    »O ja, mir auch, Herr Vater.«
    »Wie hast du ihn kennengelernt?«
    »Ich verhinderte, dass er auf dem zugefrorenen Teich in ein Fischloch fiel.«
    David lachte. »Das ist mal wieder typisch für dich! Du hast wahrscheinlich keinen Gedanken daran verschwendet, dass du ebenfalls hättest hineinrutschen können.«
    »Jetzt, wo du es erwähnst, kommt es mir vor, als hätte diese Möglichkeit bestanden. Aber ich brach nicht ein, und so wurde alles gut.«
    »Wie ist es dem Pater ergangen? Stehst du noch in Kontakt mit ihm?«
    »In meinen Gebeten, ja. Er starb im selben Jahr wie meine Mutter. Der Apotheker, bei dem er zuletzt wohnte, schrieb mir davon und schickte mir seine Bücher. Er hat sich übrigens noch in seinen letzten Lebensmonaten um die Handschriften des Domarchivs bemüht.«
    »Die waren zu der Zeit doch schon wieder nach Köln gebracht worden.«
    »Nicht alle. Es gab da eine Begebenheit, auf die ich zufällig gestoßen bin.« Antonia erzählte, wie sie in der Köhlerhütte im Wald von Altenkleusheim die illuminierten Handschriften gefunden hatte. »Er hat den Pfarrer von Altenkleusheim gebeten, die Hütte aufzusuchen, und wenn möglich, die Bücher zu retten. Ich weiß nicht, ob es ihm gelungen ist, aber in Darmstadt, als ich im Antiquariat arbeitete, erhielten wir eine Kiste mit verschiedenen Schriftsachen, unter denen auch eines der Bücher war.«
    »Das ist ja abenteuerlich!«, rief der Domherr. »Bist du sicher, das es das nämliche Buch war? Ich meine, deine Sachkenntnis in Ehren, aber es hätte ein ähnliches, etwa aus gleicher Schule sein können.«
    »Nein, Herr Vater. Ich bin ganz sicher, dass es das Buch aus Altenkleusheim war. Denn... nun ja, als ich es in der Köhlerhütte fand, fiel mir eine Seite in die Hand. Mit dem Bild der heiligen Ursula. Mutter Elisabeth glaubte fest an ihre Wunderwirkung. Und ich hatte mich doch verirrt.«
    »Was willst du damit andeuten?«
    »Ich... na ja, ich nahm die Seite an mich. Ich habe sie noch. Damals fand ich sie nur schön, jetzt weiß ich allerdings, wie wertvoll sie ist, und... Ich hole sie.« Antonia sprang auf und lief in ihr Zimmer, um das Kistchen mit ihren größten Schätzen nach unten zu tragen.
    Die Gesellschaft hatte es sich im Salon gemütlich gemacht, und als sie die Kiste auf den Tisch stellte, beugten sich alle neugierig darüber. Antonia holte das lose zusammengerollte Blatt heraus und strich es glatt. Wie Edelsteine glühten die satten Farben der Miniatur, und golden rankten sich die Ornamente auf dunkelblauem Grund um das Bild.
    »Himmlische Mutter – oder besser: gütige Ursula! Ja, das gehört zu einer unserer wertvollsten Handschriften.«
    »Das Buch ist gerettet, und wenn mich nicht alles täuscht, befindet es sich jetzt in Händen Ludewigs von Hessen-Darmstadt. Der Antiquar hat ihm nämlich immer seine besten Funde zuerst angeboten.«
    Kopfschüttelnd streichelte Waldegg das Pergament: »Wirre Zeiten haben wir erlebt. Kostbare Dinge sind in alle Winde verstreut worden, und an seltsamen Stellen tauchen sie wieder auf. Das macht mir eigentlich Hoffnung, dass du in Paris die Fassadenpläne des Doms auch wiederfindest, Cornelius. Ich habe an die entsprechenden Herren einen erklärenden Brief geschrieben.«
    Antonia hatte das perlenbesetzte Kreuz aus dem Kästchen genommen und hielt es fest. Ihre Gedanken waren weit fort in der Vergangenheit. Sie dachte an Pater Emanuel und an ihre Mutter, den langen Marsch durch den heißen Sommer, die Freiheit, die sie damals als Trossbub genossen hatte, als sie durch Wald und Felder streifen durfte. Ohne Zweifel war es gefährlich gewesen, das war ihr in ihrer Unschuld jedoch nicht bewusst gewesen. Es war ein glücklicher Umstand, dass sich in der Köhlerhütte keiner der Räuber aufgehalten hatte. Sie sah sich selbst wieder in der Truhe kramen und die wunderbaren Bilder der Handschriften betrachten. Und ihre Enttäuschung, als sich das Pergament in der Lederrolle nur als einfache Zeichnung eines Kirchturms entpuppte.
    »Hölle und Krötenlaich!«, fuhr sie plötzlich auf.
    »Was ist, Kind? Noch ein Frevel, der dir in den Sinn kommt?«
    »Nicht der meine. Aber – heilige Ursula, steh mir bei! Herr Vater, Sie sprechen so oft von den Plänen, die verschollen sind. Könnten Sie mir die,

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