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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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seiner Stelle, die Brücke führte über die Ruhr, das Kloster Wedinghausen stand, wo es immer gestanden hatte – nur Pater Emanuel tauchte leider an diesen Stellen, die Antonias Erinnerung mit ihm verband, nicht mehr auf.
    Auf dem Marktplatz im Schatten des Glockenturms hielten sie an und sahen sich um.
    »Nehmen wir uns ein Zimmer in dem Gasthaus. Es sieht ordentlich aus, und hatte früher einen guten Ruf. Ich werde mich dazu wieder in eine junge Dame verwandeln.«
    »Wird gemacht, gnädiges Fräulein.«
    »Ach, schon bin ich wieder das gnädige Fräulein?« Antonia grinste. Seit sie aufgebrochen waren, hatten sie wie selbstverständlich eine kameradschaftliche Form des Umgangs gefunden. Maddy duzte sie wieder und sprach sie mit Toni an, und sie selbst bat um keine Leistung, die nicht dem gemeinsamen Nutzen diente.
    Die Verwandlung vollzogen sie in einem Mietstall, und mit zwei Reisetaschen ließen sie sich vor dem besten Gasthof der Stadt absetzen – eine verschleierte junge Dame und ihre Zofe, auf der Durchreise zu lieben Verwandten.
    Sie machte einen sehr respektablen Eindruck mit ihrem Auftritt als Antonia Helene Lindenborn-Waldegg und bekam ein freundliches Zimmer zugewiesen sowie das Angebot, die Mahlzeiten in einem separaten Salon einnehmen zu können, um sich nicht dem gewöhnlichen Volk in der Gaststube aussetzen zu müssen.
    Am Tag darauf kündigte Antonia in der Apotheke ihren Besuch an. Man empfing sie am selben Nachmittag mit gebührendem Erstaunen. Natürlich erinnerte sich die Apothekerin an Elisabeth und ihre Tochter, die die Stadt wie ein Gassenjunge durchstreift hatte, aber sich erstaunlich liebevoll um den blinden Prämonstratenser gekümmert hatte. Pater Emanuel hatte seinen Gastgebern von ihrer wahren Identität und den Gründen ihrer Verkleidung berichtet, nachdem sie fortgezogen war. Viele Ohs und Ahs wurden laut, als Antonia in einer gestrafften Version von ihrer Aufnahme in der angesehenen Familie Waldegg berichtete, und schließlich kam sie auf die Korrespondenz des Paters mit dem Pfarrer von Altenkleusheim zu sprechen. Sie erfuhr, dass Pfarrer Lambert nach den gestohlenen Schriften suchen wollte. Ob er etwas gefunden habe, wusste der Apotheker nicht, denn Pater Emanuel erkrankte im Sommer 1803 und konnte sich nicht weiter um diese Angelegenheit kümmern. Schließlich war er im Herbst 1805 schwächer und schwächer geworden und um die Osterzeit friedlich eingeschlafen.
    Antonia rieb sich die Schläfen. »Wo liegt sein Grab?«, fragte sie mit vor Trauer rauer Stimme.
    »Auf dem Klosterfriedhof. Wenn Sie möchten, führe ich Sie dorthin.«
    »Das wäre sehr freundlich.«
    Sonnenschein lag über dem Städtchen, als sie später an der Seite des Apothekers zum Kloster ging. In dessen Kirchhof hielten sie an einem schlichten, von Efeu bewachsenen Grab an. Ein einfacher Stein wies auf Pater Emanuel hin. Antonia wurde von Schmerz überwältigt. Nicht nur um den alten Mönch trauerte sie, es brach auch die kaum verheilte Wunde auf, die der Tod des Domherrn hinterlassen hatte. So stumm und bleich stand sie vor dem Grab, dass ihr Begleiter Angst hatte, sie könne zusammenbrechen. Aber sie hielt der Woge von Trauer stand und murmelte nur einmal leise: »Danke!«
    »Geht es Ihnen gut?«
    »Nein. Aber daran kann ich nichts ändern. Bringen Sie mich bitte zum Gasthaus zurück. Ich möchte mich ein wenig niederlegen.«
     
    Maddy hatte Kleider ausgebürstet, kleine Wäsche gewaschen und war eben dabei, Antonias Stiefel zu putzen, als sie in das Zimmer trat. Sie erschrak über ihr Aussehen.
    »Gnädiges Fräulein, was ist passiert?«
    »Nur ein paar alte Erinnerungen.«
    Sie zog die Kämme aus den Haaren, ließ sich auf das Bett fallen und schloss die Augen. Maddy beendete ihre Arbeiten leise, brachte die Schüssel mit dem Seifenwasser hinaus und kam mit einem Krug Wein und einem Korb Pasteten zurück. Sie zündete zwei Lampen an und zog Antonia vorsichtig die Schuhe von den Füßen.
    Diese blinzelte und setzte sich dann auf.
    »Schon gut, Maddy. Es ist wieder in Ordnung.«
    »Keinen Erfolg gehabt?«
    »Nur einen halben. Ich weiß jetzt zumindest, wie der Pfarrer in Altenkleusheim heißt, den Pater Emanuel gebeten hat, die Bücher zu suchen. Das Dorf liegt auf unserem Weg nach Darmstadt, etwa zwei Tagesreisen von hier.«
    »Wann brechen wir auf?«
    »Ich würde gerne eine Woche hier bleiben. Es gibt ein paar Dinge, die ich regeln will, und ein paar Leute, mit denen ich noch sprechen möchte.«
    »Ist mir

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