Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
zurück. Mein Vater besaß eine Lederrolle, in die er seine Zeichnungen legte. Als wir auf dem Domdach waren, hatte er sie dabei. Kormann als Kunstkommissär – das erklärt es. Ich sah ihn damals unten über den Domhof gehen, mit drei Soldaten und einem Fuhrkarren. Es war Kormann, denn ich erkannte seinen eleganten Frack. Er war einige Male bei uns zu Gast gewesen.«
    »Durchaus möglich, dein Vater und er waren befreundet.«
    »Richtig. Ich fürchte, er war auch der Mann, der oben auf dem Dach erschien. Bislang erinnerte ich mich nur an streitende Stimmen, aber jetzt... Sie stritten um die Lederrolle mit den Skizzen. Dabei fiel mein Vater gegen die Brüstung und verlor den Halt.« Susanne legte beide Hände auf den Tisch und sagte: »Kormann hat meinen Vater ermordet!«
    »Zum Mord gehört Vorsatz. Ihrer Schilderung nach war es allerdings ein Unfall«, korrigierte François sie.
    »Er hat mit ihm um die Rolle gekämpft. Ich höre meinen Vater noch schreien: ›Sie sind nicht darin, du starrköpfiger Idiot!‹. Er muss geglaubt haben, in der Rolle wären die Dompläne.«
    »Er hat sie aber später nicht mitgenommen.«
    »Nein, sie hatte sich geöffnet, und die Skizzenblätter waren zu sehen. So unsinnig ist das alles. So entsetzlich unsinnig!« Susanne verbarg das Gesicht in den Händen. François legte ihr sanft die Hand auf die Schulter.
    »Wollen Sie Anklage gegen ihn erheben?«
    Sie sah wieder auf und meinte: »Ich würde es gerne, aber die Chancen sind gering, es ihm zu beweisen, nicht wahr?«
    »Das befürchte ich auch.«
    Sie schwiegen alle miteinander, bis Cornelius schließlich meinte: »Er ist schon immer wie der Teufel hinter diesen Plänen her gewesen. Ich saß einmal mit David im Nebenzimmer und hörte ihn mit unserem Vater und Daniel Bernsdorf über den Dom streiten. An dem Abend, als der Domherr die Pläne zu seinem Logentreffen mitgenommen hatte. Daher bezweifle ich, dass er sie für die Kunstkommission an sich nehmen wollte. Eher vermute ich, er wollte sie vernichten, um den Weiterbau zu verhindern. Denn, Susanne, er hat bereits vor diesem Zwischenfall auf dem Dach versucht, sie an sich zu bringen.« Cornelius sah sehr ernst aus und blickte Antonia lange an. »Ich fürchte, soeben sind wir der Lösung eines alten Geheimnisses näher gekommen. Eine Aufklärung, die uns wahrscheinlich nicht gefallen wird.«
    »Sprich dennoch darüber, Cornelius. Du kannst jetzt nicht einfach aufhören«, forderte Antonia.
    Trotzdem überlegte er eine Weile, dann berichtete er: »Ich hatte, als ich noch Schüler war, eine Hausaufgabe über ein Thema zu erledigen, das mich in das Bauhüttenarchiv führte. Bernsdorf besaß einen Schlüssel dazu, da er Studien an den Unterlagen für das Domkapitel zu machen hatte. Mit ihm hockte ich also spät in der Nacht in einem vollgestopften Hinterzimmer, als plötzlich leise Geräusche im Nebenzimmer zu hören waren. Daniel vermutete einen der Domherren, da sie die Einzigen waren, die Zugang zu dem Archiv hatten, und er die Tür hinter sich abgeschlossen hatte. Aber als er nachsehen ging, hörte ich ärgerliche Stimmen, Gepolter und dann einen Schrei. Eine Tür schlug, und draußen waren Schritte zu hören. Ich rannte zum Fenster und sah zwei Gestalten, die davonliefen, konnte sie aber nicht unterscheiden. Einer musste Daniel gewesen sein, denn das Archiv war leer. Ein Schrank stand offen, und die beiden Lederrollen lagen auf dem Boden. Ich legte sie zurück auf ihr Bord und verschloss den Schrank. Dann wartete ich auf Daniel, aber er ließ sich nicht mehr blicken. Also ging ich nach Hause und bat den Domherrn, das Archiv zu schließen. Er hatte allerdings, so glaubte er damals, seinen Schlüssel verlegt, und wir mussten einen alten Kollegen von ihm wecken. Ich habe der Angelegenheit keine große Bedeutung zugemessen. Es schien nichts aus dem Archiv abhandengekommen zu sein. Erst später entdeckte man das Fehlen einiger kleiner, aber wertvolle Pretiosen, doch das hat man damals mit diesem Zwischenfall nicht in Verbindung gebracht.«
    »Du meinst also, der Störenfried oder Einbrecher könnte Kormann gewesen sein?«
    »Ich bin mir heute fast sicher, Toni. Und zwar, weil ich ein erstaunliches Detail von David erfahren habe. Du hast doch seine letzten Briefe gelesen.«
    »Aber da stand nichts über den Plan drin.«
    »Nein, aber über Isabetta, seine Mutter.«
    »Richtig, ich erinnere mich. Er schrieb, sie habe schon damals unseren Vater betrogen, und einer der Männer, die sie

Weitere Kostenlose Bücher