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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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aufbrechen.«
    »Nein, ich denke, vorher möchte ich frühstücken.« Sie betrachtete den Napf mit dem Schleim und verzog den Mund. »Vielleicht ein Käsebrötchen oder zwei. Und dann gebratenes Huhn. Danach einen von Jakobas köstlichen Apfelpfannkuchen.«
    Elena zog einen Stuhl an das Bett und setzte sich. Sie nahm Antonias Hand in die ihre. »Es tut mir so leid, Toni. Das wird nicht gehen.«
    »Oh, ach nein – ich erinnere mich, Jakoba ist ohnmächtig geworden. Ist sie auch krank?«
    »Nein, Kind. Jakoba... Sie ist von uns gegangen.« Tränen liefen über Elenas Wangen, und sie wischte sie mit einem Tüchlein fort.
    Antonia schloss die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Sie hatte die alte Köchin gern gehabt, sie war ihr so etwas wie eine Großmutter gewesen. Trauer umfasste ihr Herz, und tonlos erwiderte sie: »Daran bin ich schuld.«
    »Nein, das bist du nicht. Es wäre genauso geschehen, wenn sie alleine zum Markt gegangen wäre. Es waren verschiedene Leute hier und haben uns erzählt, was sich zugetragen hat. Du bist sehr tapfer gewesen, das hat sie beeindruckt. Jakoba hat den Schrecken nicht überlebt, als die Mutter nach ihrem Kind schrie. Sie hat gar nicht mehr mitbekommen, dass du in die Flammenhölle gelaufen bist.«
    »Trotzdem!«
    »Bitte, Toni, mach dir keine Vorwürfe. Ich werde Maddy bitten, dir etwas zu essen zu richten.« Elena verließ das Zimmer, kam aber kurz darauf zurück und setzte sich wieder an das Bett.
    Antonia seufzte und meinte: »Ich scheine ein bisschen Zeit verloren zu haben, Maman. Was ist passiert?«
    »Du hast anderthalb Wochen stark gefiebert. Gestern aber wurde der Höhepunkt der Krankheit überschritten, und du hast die ganze Nacht friedlich geschlafen. Heute ist der siebte März. Jakoba starb zwei Tage nach dem Unglück. Wir haben sie auf Melaten begraben, Toni. Wenn du wieder auf den Beinen bist, begleite ich dich zu ihrem Grab.«
    »Ja, Maman.«
    »Soll ich dich alleine lassen?«
    »Eine Weile. Aber heute Nachmittag, bitte, da würde ich gerne nach unten kommen und mich mit dir unterhalten.«
    »Doktor Schmitz hat...«
    »Der will immer, dass man sich schont, ich weiß. Aber es wird mir nicht schaden, unten am Kamin zu sitzen.«
    Doch das erwies sich als eine Aufgabe, zu der ihre Kräfte noch nicht reichten. Als sie sich auf die Bettkante setzte, um aufzustehen, wurde es ihr schwarz vor Augen. Unmutig gestand sie sich ein, dass sie einige Tage länger das Bett würde hüten müssen.
    Antonia erholte sich schnell, nachdem das Fieber gesunken war. Schon am nächsten Tag gelang es ihr, sich in ihren Morgenmantel zu kleiden und zwei Stunden am Fenster im Salon zu sitzen. Elena hatte sich mit ihrer Gobelinstickerei zu ihr gesellt und beantwortete ihre Fragen. Sie wirkte beklommen, gab sich aber Mühe, geradeheraus zu sein.
    »Jakoba kam nur noch ein Mal zu Bewusstsein, Toni. Zum Glück war ich gerade bei ihr. Ihre linke Seite war gelähmt, sie konnte kaum sprechen, aber dennoch war sie bei klarem Verstand. Es ist schrecklich, was sie mir gebeichtet hat.«
    »Was kann Jakoba denn auf dem Gewissen gehabt haben? Sie war eine so gute und treue Seele, Maman.«
    »Ja, das war sie. Doch hat sie vor langer Zeit etwas getan, was jemand ausgenutzt hat. Ach, was soll’s, Toni. Es betrifft auch dich, und ich bin sicher, sie wollte, dass du es weißt.«
    »Mich betrifft es auch?«
    »O ja. Damals, als ich mit dir schwanger war, da erschien es mir wie ein Geschenk des Himmels, denn sie kümmerte sich um mich und fand eine Lösung für mein Problem. Gott, wäre ich nur so tapfer gewesen wie du, Liebes, ich hätte darauf verzichten können.«
    »Woher willst du wissen, wie ich in einer solchen Situation gehandelt hätte? Vielleicht warst du ja auch tapfer. Ich glaube, Mut oder Feigheit hängen immer davon ab, welche Möglichkeiten man überhaupt erkennen kann. Wer immer in einem dunklen, engen Raum lebt und nichts anderes kennt, der braucht schon Mut, um durch eine neue Öffnung zu gehen. Wer immer im Freien lebt, braucht Mut, sich in einen dunklen, geschlossenen Raum sperren zu lassen.«
    Elena sah ihre Tochter verwundert an. »Manchmal sagst du seltsame Sachen. Aber ich will darüber nachdenken. Hermann hat auch manchmal so geredet. Er hat mir mehr Mut gemacht als alle Menschen je zuvor. Ohne ihn hätte ich das Kloster nicht verlassen. Aber – kommen wir auf Jakoba zurück. Sie hat mir gestanden, ich sei nicht die erste Frau gewesen, der sie auf diese Weise geholfen hat. Sie war bekannt

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