Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
sehnlichst eine Veränderung wünschte. Elena stimmte nach einer kleinen Weile der Überlegung zu.
Am nächsten Nachmittag hatte Antonia so viel Energie aufgebracht, sich ein einfaches Kleid anziehen zu lassen und ohne Hilfe die Treppe nach unten zu steigen. Sie setzte sich an ihren schmerzlich vermissten Schreibtisch in der Bibliothek und studierte einige Seiten des neuen Manuskripts, das ihr Cornelius zum Überarbeiten gegeben hatte. Doch dann war sie ermüdet, hatte sich in den Ohrensessel am Fenster gekuschelt und war eingenickt.
So traf Cornelius sie an. Sonnenstrahlen fielen durch das hohe Fenster und ließen ihre kurzen Locken schimmern. Aber sie zeigten auch die Höhlungen in ihrem Gesicht, die das Fieber hinterlassen hatte. Ein Gefühl tiefer Zärtlichkeit erfasste ihn, und er kniete neben dem Sessel nieder. Antonia schlug die Lider auf.
»Oh, ich träumte von Pfeifenrauch. Und den Männern von Owaihi, die vor ihren Frauen knien. Wie passend, Cornelius!«
Verlegen stand er auf. »Ich wollte nur sehen – ähm – ob alles in Ordnung mit dir ist.«
»Nur ein Nickerchen. Dieses Manuskript über die griechischen Vasen ist ein reines Schlafmittel.«
»Du sollst dich doch schonen, Toni. Das Geschreibsel kann gerne noch ein paar Wochen liegen bleiben.«
»Aber ich nicht.« Sie richtete sich auf, strich ihren Rock glatt und ging wieder zum Schreibtisch. »Könntest du uns Kaffee holen?«
»Natürlich. Soll ich dir in den Salon helfen?«
»Erstens kann mir selber helfen, und zweitens finde ich es hier sehr gemütlich.«
»Kratzbürste.« Aber gehorsam ging er in die Küche, kam allerdings nicht mit einer Kanne Kaffee zurück, sondern hatte einen Teller mit Schokoladenkuchen dabei.
»Hat Susanne heute für dich abgegeben, sagt Maddy. Sie will dich morgen besuchen.«
»Oh, schön. Sie war auch ein paar Mal hier, als ich nicht so ganz von dieser Welt war, nicht wahr?«
»Jeden Tag, Toni. Trotz ihres Zustands. Sie ist dir eine sehr gute Freundin.«
»Trotz ihres Zustands? Cornelius, du musst unbedingt mal mit ins Wöchnerinnenhaus kommen, dann wirst du lernen, was Frauen in ihrem Zustand alles vollbringen. Ein kleiner Spaziergang durch die Stadt hat noch keiner werdenden Mutter geschadet. Große Wäsche im eisigen Wasser oder Kohlenschaufeln eher. Aber das wird selbst Philipp nicht von ihr fordern.«
Cornelius hob nun die Schultern. »Ich hörte bisher, Frauen unter diesen Umständen seien empfindlich, und sie hatte schon zwei Fehlgeburten. Aber es stimmt, sie macht einen sehr gesunden Eindruck.«
»Sie freut sich auf das Kind. Die beiden Fehlgeburten hatte sie immer im dritten Monat, jetzt ist sie im fünften.«
Elena trat in die Bibliothek und stellte das Tablett mit Kaffeekanne und Tassen ab. »Ihr sprecht von Susanne?«
»Ja, Maman. Cornelius glaubt, sie opfert sich auf, wenn sie mich besucht.«
»Unsinn. Bewegung ist gut für sie. Ich habe meine Pflichten damals auch erfüllt, ohne dass es mir geschadet hätte. Sie wird bestimmt ein gesundes Kind zur Welt bringen. Sie hat so etwas Strahlendes an sich.«
»Ja, und wenn es blond ist, wird sie immer auf ihre Haare verweisen können«, murmelte Cornelius.
»Wie meinst du das?«, fragte Elena irritiert.
»Weil Philipp doch dunkle Haare hat, Maman. Aber das macht nichts. Nur frage ich mich, wie sie das hübsche Muster auf dem unschuldigen Kinderpopo erklären wird.«
Cornelius gab ein kurzes, trockenes Lachen von sich und schenkte ihnen beiden Kaffee ein.
»Was für ein Muster? Wollt ihr mich schon wieder foppen?«, fragte Elena.
»Ja, meine arme Maman, wir foppen dich. Es ist nämlich so, dass Roderick Carlson dieses hübsche Muster auf sein strammes Hinterteil tätowiert trägt.« Antonia zog ein Blatt aus dem Stapel von Drucken und legte die Lithografie des Ornamentes vor sie hin.
»Woher weißt du das denn?«
»Von Susanne, er hat es ihr – ähm – gezeigt.«
»Er hat was? Himmel, Toni? Ist er ihr zu nahe getreten?«
»Nahe genug, damit sie es abzeichnen konnte, denke ich. Und nicht unaufgefordert.«
Elena schluckte, fasste sich wieder und fragte dann: »Das Kind ist von ihm?«
»Wir vermuten es sehr.« »Je nun. Er – mhm – war ein einnehmender Mann.« Sie drehte sich um und ging zur Tür. Dort blieb sie noch mal stehen und schaute über die Schulter. »Schade, das Muster hätte ich auch gerne im Original gesehen. Denn einen hübschen Hintern hatte er wirklich.«
Fassungslos starrten Cornelius und Antonia die Tür an, die
Weitere Kostenlose Bücher