Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
Krone ins Gesicht!«, stellte David fest.
»Womit wir annehmen können, dass er bei dem Erlkönig ein gern gesehener Gast ist und dort mit falschem Spiel unserem Christian ein Vermögen abgegaunert hat.«
»Das dürfen wir gerne annehmen, beweisen können wir es nicht. Aber wie der Zufall es will, findet morgen ein Logentreffen statt. Zu diesem Anlass wird mir in der fraglichen Sache der Erlkönig Rede und Antwort stehen.«
»Eine schriftliche Aussage wäre wünschenswert«, schlug David vor.
»Wird er leisten, schließlich ist Doktor Joubertin unser neuer Meister vom Stuhl.«
Dann stand Cornelius auf und ging in sein Schlafzimmer. Als er zurückkam, hatte er ein Paar weißer Handschuhe dabei.
»Ich bin noch nicht dazu gekommen, Toni. Aber ich würde dir gerne diese Handschuhe übereichen. Man gab sie mir anlässlich meiner Aufnahme als Geselle in der Loge, mit der Auflage, sie einer guten Freundin zu schenken.«
Zögernd nahm Antonia die Handschuhe entgegen, senkte aber die Lider, um ihre Verwirrung und Freude nicht zu deutlich zu zeigen.
»Bin ich deine Freundin?«
»Meine allerbeste, Toni. Gerade eben hast du es wieder bewiesen.« Er nahm ihre Rechte und führte sie an seine Lippen. »Danke für deine Hilfe.«
»Danke Maddy. Es war ihre Idee.«
»Sicher. Aber sie bekommt keine Handschuhe. Aber, Maddy, du hast immer einen Wunsch bei mir frei. Und die Fussije Ida erhält von einem rätselhaften Unbekannten nächste Woche einen Präsentkorb Pralinés.«
David begleitete Maddy und Antonia nach Hause zurück, und als er sich vor der Haustüre verabschiedete, betonte er mit Blick auf die Handschuhe: »Halte sie in Ehren, Toni. Das ist mehr als ein Freundschaftsgeschenk.«
»Sie sind nicht besonders elegant, aber ich werde sie selbstverständlich in Ehren halten.«
»Tu das, denn sie sind ein Symbol, so wie die Freimaurer viele Symbole haben.«
»Woher weißt du das?«
»Gehöre ich vielleicht selbst dazu?«
»Oh?«
»In Berlin, Paul Lettow hat mich eingeführt.«
»Wofür sind sie ein Symbol?«
»Nun, man schenkt sie eigentlich nicht einer Freundin, sondern seiner auserwählten Gefährtin. Meine habe ich damals schon Susanne geschickt.«
Am übernächsten Tag saß Antonia abends noch lange über ihren Manuskripten, aber wie so oft in den letzten Tagen wanderten ihre Gedanken dann und wann ab. Nicht nur zu den erstaunlichen Erkenntnissen, die sie über Spielclubs und Kartenmanipulation erhalten hatte. Sondern vor allem zu ihrem Verhältnis gegenüber Cornelius. Was hatte David ihr da andeuten wollen? Dass sie mehr als nur eine Freundin war, sicher. Aber das Wort Schwester hatte er auch nicht erwähnt. Sie hatte mit niemandem über ihre Gefühle gesprochen, sie war unsicher, manchmal sogar beschämt. Sechs Jahre lang hatte sie Cornelius nur als ihren Bruder betrachtet, hatte den Domherrn mit ihm betrauert, seine Liebschaften bespöttelt, mit ihm gestritten oder in Eintracht disputiert und hatte sich an seiner Schulter ausgeweint, als Sebastien sie verließ. Wer würde verstehen, dass sie ihn so plötzlich in einem ganz anderen Licht sah?
Antonia seufzte leise und widmete sich wieder ihrem Text.
Elena hatte das Seufzen gehört, kommentierte es aber nicht, sondern trat in die Bibliothek und stellte ein Glas Wein neben ihre Tochter.
»Arbeite nicht mehr so lange, Toni. Du siehst müde aus in den letzten Tagen. Schläfst du nicht gut?«
»Sebastienne weckt mich manchmal«, log Antonia. »Aber es geht mir gut.«
»Nun, ich gehe zu Bett, Liebes. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Maman.«
Sie korrigierte ein paar Seiten, dann hörte sie die Laute, auf die sie den ganzen Abend gehofft hatte. Die Haustür wurde leise geöffnet, und Schritte näherten sich der Bibliothek. Sie hielt den Kopf über das Papier gesenkt, aber ihre Nerven vibrierten.
»Ich habe mir doch gedacht, dass du noch auf bist, Toni. So eine neugierige Katze wie du kann wohl nicht schlafen, bevor sie herausgefunden hat, was vorgeht?«
»Du hast ja dein albernes Schürzchen nicht an, Cornelius.«
»Nur im Tempel.«
»Kindereien, die ihr da veranstaltet.«
»Sicher. Aber heute waren sie sehr nützlich.«
»Erzähl!« Sie löschte die Lampe und ging voran in den Salon.
»Doktor Joubertin und ich haben uns eingehend mit Bruder Wisskirchen beschäftigt. Ich erspare dir Einzelheiten. Wir haben die schriftliche Aussage, dass Kormann am zehnten März Christian die besagte Summe abgewonnen hat. Er spielte schon früher an seinem Tisch
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