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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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passten wir nicht mehr zueinander. Ich sah aus wie seine Tochter, doch ihm schien das zu gefallen.
    Beim nächsten Mal brachte er eine Japanerin mit. Sie verstand etwas von Haaren, von Extensions und Färben. Und, hast du’s nicht gesehen, schaute mir eine Frau mit schwarzen langen, glatten Haaren aus dem Spiegel entgegen. ›Können waschen und schwimmen gehen mit diese Haare‹, sagte die Asiatin zum Abschied, verbeugte sich, und ich blieb verwirrt zurück. Klaus stand vor mir und sah mich an. ›Du bist fast perfekt‹, lachte er, ›und jetzt kommt das i-Tüpfelchen, hier in meiner Hand liegt es, oder besser gesagt, liegen sie. Sie werden dir endgültig das gewisse Etwas geben, was nicht nur mich verrückt machen wird nach dir.‹ Er zeigte mir zwei grüne Kontaktlinsen. Die sollte ich über meinen braunen Augen tragen, das wäre der Höhepunkt überhaupt. Schwarze Haare und schillernd grüne Augen. ›Wow‹, rief er, als ich, mit zitternden Händen seinen Anweisungen folgend, die Linsen eingesetzt hatte. ›Jetzt bist du das Ebenbild meiner Träume. Komm, wir gehen neue Garderobe kaufen, und dann führe ich dich aus.‹
    Wir kauften, was ihm gefiel und was ich nun tragen sollte: ein hautenges Kleid da und ein tief ausgeschnittenes Oberteil dort, und das ›und vielleicht noch jenes, ja, das ist zauberhaft‹. Und vor allem lebensbedrohlich hohe High Heels, das sei der Stil dieser Frau. Er sprach oft von ›dieser Frau‹, wenn er mich meinte. Als die Verkäuferinnen jubelten, es stünde mir alles so gut, wie für mich geschneidert, da lächelte Klaus so glücklich, dass ich anfing zu hoffen, alles werde gut.
    Am Abend, an irgendeiner Bar, bei leiser Musik und diesem schummrigen Licht, das sich anfühlt, als ob du schwebst, flüsterte er in mein Ohr: ›Katharina, du bist meine Katharina. Das ist der Name, der einzige Name, der dir jetzt steht, der wirklich zu dir passt. Katharina klingt geheimnisvoll und auch nach diesem Häppchen Frivolität, nach einer, die nicht jeder haben kann, die sich rarmacht und die nur mir gehört.‹ Dann riss er mich an sich, und in der Nacht liebte er sie, diese Katharina, mit der ich mich nicht anfreunden konnte, die ich nicht sein wollte und die ich doch letztendlich war. Als er am Montagmorgen zurück nach Köln fuhr, weinte ich. Ich wünschte mir Anna zurück, wollte die sein, die ich im Inneren geblieben war.
    Endlich, nach siebeneinhalb Monaten, durfte ich wieder heim, wie nach einer langen Krankheit, einer Gefängnisstrafe oder aus dem Exil zurückgekehrt. ›Und jetzt‹, hatte Klaus gesagt, ›liebste Katharina, jetzt kommt es darauf an, ob du deine Rolle wirklich beherrschst. Denn ich werde dich unseren Freunden vorstellen als Katharina, die neue Frau an meiner Seite.‹
    In jener Nacht, vor dem ersten Kartenabend, an dem ich euch begegnen sollte, bat ich ihn auf Knien, mir das zu ersparen. Es machte mir Angst, euch allen etwas vorgaukeln zu müssen. Jeden anderen wollte ich in seinem Namen betrügen, wollte mich bemühen, die zu sein, die er aus mir gemacht hatte, wollte seinen Normen entsprechen, aber nicht bei euch, meinen Freunden. ›Wer A sagt, muss auch B sagen‹, meinte Klaus nur und verlangte von mir, ihm diesen Dienst zu tun. Das wäre genau das, was er sich schon immer gewünscht hatte. Irgendwann könnten wir euch ja einweihen und uns an euren erstaunten Gesichtern weiden, aber jetzt noch nicht.
    Bevor wir uns auf den Weg machten, nahm er mich in den Arm, sah mir tief in die Augen und flüsterte: ›Du bist Katharina, mein Geschöpf. Und selbst wenn du es ihnen sagst, wird niemand dir glauben, dass du Anna bist. Also enttäusch mich nicht.‹ Es klang wie eine Drohung und machte mir mehr Angst, als ich mir eingestand. Nein, ich traute mich nicht, ihn zu enttäuschen, ich war sein Geschöpf und gehorchte. Manchmal, wenn ihr gelacht habt, hätte ich gern mit euch gelacht, und wenn ihr euch erinnert habt an die Schulzeit, hätte ich am liebsten meine Version erzählt, aber mein Mund blieb verschlossen, meine Stimme behielt ihren traurigen Klang, und nach einigen Wochen hatte ich mich daran gewöhnt. Ich wurde so traurig, wie ich mich anhörte, und ergab mich meinem Schicksal.«
    Sie schwieg, und ich hatte Gänsehaut. Katharina, Klaus’ neue Frau, war nur eine Hülle gewesen, von Klaus erschaffen, gestaltet nach seinen Vorstellungen, und darunter hatte Annas Herz geschlagen, waren ihr Temperament und ihre Fröhlichkeit gewesen, die sie hatte deckeln müssen.

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