Kreuzstein
breites Grinsen zog sich durch den gesamten Hörsaal.
»Herr Allenstein, die Kommissarin!«
Allenstein riss seiner Sekretärin das Handy aus der Hand und ließ der Anruferin keine Chance, zu Wort zu kommen. Sofort polterte er los. »Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
Hastig verschwand die Hörnig aus der Schusslinie.
Zum Glück hatte Allenstein nach den Erfahrungen des ersten Anrufs das Gerät schon vor einiger Zeit leiser gestellt, sodass kein anderer etwas hören konnte. Jetzt stand er plötzlich wie versteinert da und konzentrierte sich auf das, was die Kommissarin erklärte. Kurz darauf beendete er das Gespräch und schaute seine Assistentin an.
»Anja, es tut mir leid, Sie müssen schon wieder ran.«
Als er vor das Institut trat, war Weller schon da.
»Wir fahren nach Bückeburg?«
»Richtig. Dort warten schon die Kollegen aus Hannover.«
»Kronberg glaubt, dass es eine Verbindung zu einem anderen Fall gibt?«
»Deswegen sind Sie wieder dabei. Sie haben sie wohl überzeugt und sie hat die Kollegen in Hannover überzeugt. Kommt nicht so häufig vor.«
»Fährt sie nicht mit?«
»Wir sammeln sie bei Hamm an der A2 ein. Sie kommt direkt aus Arnsberg und lässt ihren Wagen auf dem Autohof stehen.«
»Arnsberg? Gibt es dorthin auch eine Verbindung?«
»Nein, das ist etwas Privates.«
Allenstein horchte auf. »Hat sie dort Familie?«
»Ja, ihr Vater lebt dort, allein in einem großen Haus. Es ist ein bisschen abgelegen, aber er will da nicht raus. Die Chefin kümmert sich eben, so gut es geht. Sie kennen das doch.«
»Darf ich Ihnen mal eine direkte Frage stellen?«
Weller grinste ihn auffordernd an.
»Ist Ihre Chefin eigentlich verheiratet?«
»Nein.«
»Hat sie denn einen Freund?«
»Na, Sie sind aber neugierig.« Weller lachte gutmütig.
»Das ist wie bei Ihnen, liegt am Beruf.«
»Falls Sie Interesse haben, ich kann Sie beruhigen. Sie war vor einigen Jahren mit einem Kollegen zusammen. Aber nachdem er wegen Alkohol und anderer Kleinigkeiten den Dienst quittieren musste, war es bei den beiden auch zu Ende. Mehr weiß ich nicht. Und wenn Sie über mich auch noch was wissen wollen: Ich habe eine Lebensgefährtin. Glaube ich jedenfalls«, setzte er grinsend hinzu.
»Und Sie, Sie leben doch auch allein, oder?«, fragte er nach einer kurzen Pause.
»Wie kommen Sie darauf?« Wellers Grinsen war Allenstein plötzlich sympathisch.
»Das sagt mir die Erfahrung, und mein Beruf.«
»Ah, ich verstehe, Sie haben recherchiert. Dann weiß es die Kommissarin also auch. Aber ich weiß dafür, was Keuper ist.«
Weller warf ihm einen Blick von der Seite zu, erwiderte aber vorsichtshalber nichts.
Wenig später hatten sie den Treffpunkt erreicht. Gabriele Kronberg wartete bereits an der Einfahrt zum Autohof. Mit enger Jeans, Bergschuhen und geländetauglicher Winterjacke wirkte sie wie eine ältere Studentin, die zur Exkursion abgeholt wurde. Unter den Arm hatte sie eine dicke Mappe mit Unterlagen geklemmt.
»Tut mir leid, dass ich Sie schon wieder aus Ihrer Vorlesung holen musste«, begrüßte sie Allenstein, während sie auf dem Rücksitz hinter Weller Platz nahm. »Aber die Fälle liegen zu dicht beieinander.«
»Ich verstehe noch nicht ganz, wie das passieren konnte«, antwortete Allenstein. Die Ausführungen am Handy waren sehr kurz gewesen. Die Kommissarin hatte einen Schwall kühle Luft mit ins Auto gebracht, aber gleichzeitig stieg ihm eine frische Duftnote in die Nase, die ihn kurz von seinen Überlegungen ablenkte. Insgeheim wunderte er sich, dass ihm diese Note vorher noch nie aufgefallen war.
»Sie kennen den Steinbruch?«, fragte die Kommissarin.
»Sie werden es nicht glauben, aber als meine Sekretärin das Handy brachte, hatte ich gerade den Oberkirchener Sandstein bei Bückeburg erwähnt. Das ist einer unserer Exkursionspunkte.«
»Genau in diesem Steinbruch ist heute Morgen zu Beginn der Frühschicht eine Wand abgesprengt worden. Unkontrolliert, völlig ohne Vorwarnung. Ein Arbeiter wurde verschüttet.«
»Moment mal, dort werden Gesteinsblöcke hergestellt, die nachher zu Ornamentsteinen weiterverarbeitet werden. Eigentlich dürfte dort gar nicht großartig gesprengt werden. Konnte wirklich einer ungesehen heimlich Löcher bohren, um eine Sprengladung zu zünden?«
»Das ist etwas, worüber wir uns vor Ort unterhalten müssen.«
Die Autobahn 2 von Dortmund nach Hannover führt durch die Verebnungsfläche des Münsterlandes, eine flache schüsselartige Struktur, in der sich vor
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