Kreuzstein
Untersuchungsergebnisse.
»Normalerweise wird hier selten gesprengt. Hin und wieder kommt es aber vor, dass unbrauchbare Partien weggeräumt werden müssen. Das sind verwitterte oder gestörte Bereiche, die keine vernünftige Ausbeute für große Steinquader ergeben.«
»Und dafür werden Bohrlöcher vorbereitet und irgendwann für die Sprengung bestückt«, schaltete sich Allenstein ein.
»Genau. Der oder die Täter haben jedenfalls vorher schon Sprengstoff eingefüllt, der heute Morgen hochgegangen ist.«
»Wie habe ich mir das vorzustellen? Das kann doch nur nachts geschehen sein, als keiner hier war. Und die Zündung, wie haben die denn gezündet?« Gabriele Kronberg hatte den Notizblock in der Hand und machte sich eine Skizze mit zwei großen Fragezeichen.
»Die Spurensicherung ist noch nicht fertig. Aber über Kabel wurde nicht gezündet.«
»Wie dann?«, wollte Weller wissen.
»Das ist noch nicht ganz raus. Aber es gibt eine Vermutung vom Sprengmeister, das ist der Mann da hinten, mit dem grauen Lockenkopf.« Mannheimer deutete auf einen etwa fünfzigjährigen, etwas korpulenteren Mann in einer blauen Latzhose und einer offenen Weste aus Kunstleder. Er stand mit dem Eigentümer des Steinbruchs und dem Betriebsführer vor einer Gruppe von Arbeitern.
Kronberg grüßte und wandte sich gleich an den Mann mit den grauen Locken.
»Sie waren heute Morgen bei der Sprengung dabei?«
Der Sprengmeister holte tief Luft.
»Ja, sicher, wir wollten wenig später losfahren und die Bohrlöcher befüllen. Das machen wir immer am Vormittag, damit über die Mittagspause gesprengt werden kann. Ein Kollege, der Hermann von der Firma Gossen, muss schon unten gewesen sein. Der wollte vermutlich Material und Werkzeug aus dem gefährdeten Bereich wegholen.«
»Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«, fragte Kronberg.
»Eigentlich gestern. Er ist, wie wir auch, von einer externen Firma.«
»Gossen wartet hier die Geräte«, schaltete sich der Eigentümer ein. »Sie starten eine Stunde früher als die Stammmannschaft, damit die Maschinen bereit sind, wenn wir anfangen.«
»Die Fehlsprengungen fanden so gegen 6.30 Uhr statt. Normalerweise ist dann keiner im Bruch. Sehe ich das richtig?«
Der Sprengmeister wirkte plötzlich leicht nervös und schaute den Eigentümer an.
»In der Winterzeit schon, bloß diesmal nicht, weil der eine Lader unten einen defekten Hydraulikschlauch hatte. Der musste vor Ort repariert werden, um wieder hochfahren zu können«, antwortete er schnell.
»Wo waren Sie, als die Sprengung losging? Wie war noch mal Ihr Name?«
Kronberg hatte sich dem Eigentümer zugewandt.
»Baldes, Firma Baldes. Ich war noch zu Hause. War spät geworden gestern. Und die anderen …« Er warf dem Betriebsführer einen fragenden Blick zu.
»Wir waren hier oben, in den Sozialräumen, wie immer vor Arbeitsbeginn.«
»Ja. Und wir dachten, wir hören nicht richtig, es gab einen Schlag und dann die Erschütterung, als ein Teil der Wand herunterkam«, schaltete sich der Sprengmeister beflissen ein.
»Dann sind Sie gleich losgelaufen?«
»Wir sind sofort auf die Lader und runtergefahren. Auf halber Strecke kam der nächste Schlag, wir in Deckung, dann gleich der dritte. Das war’s.«
Kronberg schaute in die Gesichter der umstehenden Arbeiter. Betreten senkten sie den Blick und starrten auf den schlammigen Boden.
»Wer hat ihn gefunden?«
Einer der Arbeiter hob die Hand. Sein südeuropäischer Teint konnte die Blässe seines Gesichts nicht kaschieren. Fahrig wischte er sich mit seinem verstaubten Ärmel über die Augen.
»Er liegt direkt neben dem verschütteten Lader. Wissen Sie, wenn ich das Schwein erwische, dann …«
Kronberg ließ den Sprengmeister nicht ausreden.
»Haben Sie eine Vermutung, wie die Sprengladungen gezündet wurden?«
»Es waren drei Ladungen. Aber sie wurden nicht gleichzeitig gezündet.«
»Und die Zündung?« Kronberg wurde langsam ungeduldig.
»Dem kam das auf den genauen Zeitpunkt der Zündung nicht an. Deshalb kann es gut sein, dass er mit einem Säurezünder gearbeitet hat.«
»Wie funktioniert der?«
»Über dem eigentlichen Sprengstoff wird eine Ampulle angebracht, in der eine Säure ein Barrierematerial durchfrisst und anschließend über eine chemische Reaktion die Explosion in Gang setzt. Das lässt sich zeitmäßig nicht so genau steuern.«
»Ich glaube, wir schauen uns am besten einmal um.« Kronberg warf Allenstein einen auffordernden Blick zu und setzte sich in
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