Kreuzstein
Zufahrt zur B42 in Königswinter. Nehmen Sie den Hubschrauber.«
»Und wer informiert den Alten?«
»Das mache ich gleich.«
»Das ist eine nicht ganz einfache Aufgabe«, überlegte Henno, als sie aufgelegt hatte. »Studienabbrecher sind ja nicht in einer Liste erfasst. Die Prüfungsämter brauchen, wenn sie die alten Unterlagen nicht sowieso längst schon entsorgt haben, Wochen oder Monate, bis sie die älteren Unterlagen gesichtet haben. Vor ein paar Jahren wurde das doch alles noch nicht digital erfasst.«
»Ja, da hast du natürlich recht. Ich folge im Grunde ja auch nur meinem Bauchgefühl. Aber versuchen müssen wir es.«
Gabriele rief ihren Chef an und informierte ihn über den bisherigen Ermittlungsstand. Als sie den unmittelbar bevorstehenden Einsatz am Drachenfels erklärte, spuckte es Feuer aus dem Handy. Allenstein staunte, mit welcher Gelassenheit Gabi dem Redeschwall ihres Chefs begegnete und sich durchsetzte. Er stimmte schließlich der Sperrung zu und ließ sich sogar bewegen, die Kollegen vom LKA zu informieren.
»Wir fahren direkt ins Siebengebirge, die Straßen müssten jetzt halbwegs frei sein«, verabschiedete sie sich.
»Wenn ich mit meiner Überlegung zu den steinernen Vorboten recht habe, dann hätte ich eigentlich ein Bruchstück aus Drachenfels-Trachyt geschickt bekommen müssen«, überlegte Henno, etwas unsicher geworden. »Das war aber nicht der Fall. Und das basaltische Kreuzstück stammte auch nicht von den tertiären Basalten um Bad Honnef.«
»Vielleicht gab es keine passenden Wegkreuze aus dem … wie hast du gesagt? … tertiären Basalt. Für mich ist sowieso jeder Basalt gleich. Wir ziehen das jetzt durch.«
Als sie in Königswinter ankamen, wurden gerade die ersten Straßensperren errichtet und die Bewohner der Gebäude unterhalb des Drachenfels evakuiert. Weller wartete bereits dick eingepackt vor dem Hubschrauber.
»Der Chef kommt mit dem LKA«, brummte er. Sein Blick verriet, dass er das neue Verhältnis zwischen seiner Chefin und Allenstein sofort durchschaut hatte.
»Kommt, wir können das am besten von oben dirigieren«, rief Kronberg den beiden Männern zu.
Zu dritt stiegen sie in den Helikopter und warteten auf den Start.
Der Rhein hat sich in seiner langen Vorgeschichte bis dicht an das Siebengebirge herangearbeitet. Vor etwa 25 Millionen Jahren begannen hier die ersten Vulkanausbrüche mit mächtigen Eruptionen und großen Mengen an Auswurfsmaterial, dem Tuff, der heute noch weite Gebiete im Siebengebirge bedeckt. Es folgten weniger explosive Ausbrüche, mit Magmen, die zwar in Richtung Erdoberfläche flossen, es jedoch nicht schafften, die mächtige Tuffdecke zu durchschlagen. Sie schufen sich darin Platz wie ein Ballonkatheter und füllten riesige Magmakammern auf. Heute bilden diese erstarrten Magmen die Gesteine von Drachenfels und Wolkenburg. Andere Gesteinsschmelzen schafften es dagegen, große Vulkane aufzubauen, die bis über 1000 Meter Höhe aufragten. Fünf Millionen Jahre dauerte das Schauspiel, bei dem mehr als 40 Vulkane entstanden. Als jedoch die Tätigkeit dem Ende entgegenging, setzte auch schon Verwitterung ein, und der unerbittliche Zerfall begann. Kaum ein Hinweis auf das große Vulkangebiet wäre heute noch vorhanden, wenn sich das Schiefergebirge schon damals so weit wie heute herausgehoben hätte. Alle Zeugnisse dieser Zeit wären der Erosion zum Opfer gefallen und in das Meer gespült worden. Aber die Erdkruste hat ihre eigenen Gesetze. Das, was heute das Siebengebirge darstellt, sank unter das Meeresspiegelniveau und lag dort viele Millionen Jahre, überdeckt von einer Sedimentschicht, die heute noch weiter im Norden zu finden ist. Erst als das gesamte Schiefergebirge im Quartär mehrere hundert Meter herausgehoben wurde, und mit ihm das Gebiet des Siebengebirges, konnte die Erosion erneut angreifen und die versunkenen Reste der Vulkane herauspräparieren. Sie waren härter und beständiger als die Sandsteine und Tonschiefer in ihrer Nachbarschaft. Die Siefen, die steil in die weichen Tuffe eingeschnittenen Kerbtäler, gaben dem »Siefengebirge« den späteren Namen: Siebengebirge.
Henno war noch nie im Hubschrauber geflogen. Etwas besorgt um seine Magenstabilität schnallte er sich auf der hinteren Bank fest. Wie in einem extrem schnellen Fahrstuhl zog der Pilot den Helikopter nach hinten in die Höhe. Sekunden später schwebten sie über der Bonner Bucht. Die Aussicht war traumhaft. Die Luft nach den Schneefällen war
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