Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
Vom Netzwerk:
er sich nicht lumpen und spendierte schon mal eine Runde.
    »Ist doch auffällig, wie viele alleinstehende Männer mittleren Alters in letzter Zeit verschwunden sind und dann tot wieder auftauchten. Fünf verschwundene Männer, um genau zu sein, davon bislang vier tot aufgefunden, einer noch vermisst. Habt ihr da nachgeforscht?«
    »Wieso das denn?«, fragte Van der Weyden.
    »Kann das wirklich Zufall sein?«, meinte Seifferheld vorsichtig.
    »Klar«, erklärte Dombrowski, zu dessen Weltbild dieÜberzeugung gehörte, dass die einfachste Lösung immer die richtige ist.
    Seifferheld sah Wurster an, in dem er zumindest eine noch aktive Gehirnzelle vermutete. Doch der zuckte nur mit den Schultern.
    »Ist euch nicht aufgefallen, dass die alle ungefähr gleich alt waren?«, hakte Seifferheld nach.
    »Ja und?«, fragte Bauer zwo mit vollem Mund. Kleine, angekaute Kutteln – für Nicht-Schwaben: Innereien – flogen auf seine Lederkluft, aber die ließ sich ja mühelos mit einem feuchten Tuch reinigen. Was sich von Van der Weydens hellem Kaschmirpulli nicht sagen ließ.
    »Und alle Männer waren ohne Anhang. Arbeitgeber oder Nachbarn haben die Vermisstenanzeigen aufgegeben. Bis auf diesen Rettenberg, da war es die Ehefrau. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Niemand weiß besser als wir, dass es tatsächlich so ist.«
    Seifferheld zog die Kopien, die er in der Stadtbücherei hatte machen lassen, aufgerollt aus der Innentasche seines Jacketts und strich sie auf der Tischplatte glatt. »Hier«, sagte er. »Müllerschön, Geiger, Plönzke und jetzt Klier.«
    Van der Weyden kicherte. »Was denn, Siggi? Zu viele US-Krimiserien geguckt? Ein Massenmörder? In Hall?« Er prustete lauthals.
    Die anderen stimmten in das Gelächter mit ein.
    »Hannes, du bist doch auch im gefährlichen Alter und ohne Anhang. Sieh dich ja vor!«
    Dombrowski hob einen Stinkefinger.
    Seifferheld fühlte sich nicht ernst genommen.
    »Leute, Leute«, rief er. »Vertraut doch einfach der Spürnase eines alten Schnüfflers.«
    Da wäre womöglich manch einer ins Grübeln gekommen, aber aus einem unerfindlichen Grund wählte Hovawart Aeonis exakt diesen Moment, um seine Schnauze über die Tischplatte zu heben und geräuschintensiv zu schnüffeln. Die von Bauer zwo verstreuten Kuttelreste mussten ihn angelockt haben.
    »Die unfehlbare Schnüffelschnauze«, frohlockte Wurster.
    Die Männer schüttelten sich vor Lachen. Selbst Seifferheld musste schmunzeln.
    Onis verstand diesen Heiterkeitsausbruch auf seine Kosten nicht so ganz. Er legte die Stirn kraus.
    »Nein, im Ernst«, sagte Seifferheld, nachdem sich alle wieder halbwegs gefangen und einen Schluck Bier (respektive Cola im Falle von Wurster) genommen hatten. »Wir reden hier von mittlerweile fünf ganz ähnlichen Fällen. Kommt euch das nicht komisch vor?«
    »Nö«, erklärte Bauer zwo.
    Dombrowski schürzte die Lippen.
    »Wisst ihr, was echt komisch ist?«, meldete sich Van der Weyden zu Wort. »Der Typ, den sie gestern Morgen aus der JVA Heilbronn entlassen haben. Besorgt sich am gleichen Tag eine Knarre, fährt nach Rot am See und überfällt dort den Drogeriemarkt. Schießt ein Loch in den Boden und türmt, wird aber von der Streife an der nächsten Bushaltestelle aufgegriffen, wo er artig auf den Überlandbus wartet. Und sitzt abends wieder in seiner Zelle.« Van der Weyden grinste breit. »Wie blöd kann man sein?«
    Wurster lachte und verschluckte sich an seinem Wurstsalat mit Zwiebeln.
    Sein Bereitschaftshandy erwachte zum Leben, stießeinen markigen Klingelton aus und vibrierte gleichzeitig über die Tischplatte.
    »Sorry, Leute», hustete Wurster, »die Pflicht ruft.«
    »Kann ich den Rest von deinem Wurstsalat kriegen?«, rief Bauer zwo Wursters entschwindendem Rücken zu.
    Seifferheld seufzte.
    Nein, er fühlte sich ganz und gar nicht ernst genommen. Er fühlte sich vielmehr wie ein altes Eisen, das man verrosten ließ.
Exkurs über die Abschiedsrituale hochentwickelter Primaten
    »Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag.«
    Seifferheld hatte sich in der Aussegnungshalle bewusst ganz nach hinten gesetzt. Er war mit dem Toten weder verwandt noch verschwägert, noch hatte er ihn zu Lebzeiten gekannt. Die reine Neugier hatte ihn in die Aussegnungshalle des Haller Waldfriedhofs getrieben. Wieder mit dem Bus der Linie 3. Nur dieses Mal mit Onis, dem – wie üblich – im Bus schlecht geworden war und der in Höhe Industriegebiet Kerz die Kinderwagenaussparung

Weitere Kostenlose Bücher