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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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verwurzelten Überlebensinstinkt, der auch Rehe warnt, wenn sich der Jäger nähert?
    Jedenfalls waren die Frauen ruck, zuck verschwunden.
    Seifferheld nickte den zurückgebliebenen Männern zu, die keine Ahnung hatten, was eben geschehen war.
    »Hat mein Deo versagt?«, versuchte sich der Filzstift-nummer-auf-Handrücken-Träger.
    Sein Begleiter zuckte mit den Schultern.
    »Gestatten, Seifferheld.«
    Die beiden Männer sahen ihn an.
    »Ich hätte noch ein paar Fragen zu Herrn Plönzke«, sagte Seifferheld. »Kripo«, log er, weil die beiden so aussahen, als seien sie keine Freunde von Fragen. »Sie waren befreundet?«
    Die beiden sahen sich an.
    »Kann man so nicht sagen«, sagte der ohne Telefonnummer.
    »Eher nicht«, wehrte der mit Telefonnummer ab.
    Seifferheld blieb stumm. Damit erreichte man unfehlbar am meisten. Nur wenige Menschen ertragen Gesprächspausen.
    »Wir waren Kollegen«, erklärte der ohne Telefonnummer.
    »Wir saßen im selben Großraumbüro«, revidierte der mit Telefonnummer.
    Seifferheld nickte.
    »Besonders beliebt war der nicht.«
    Beide schüttelten den Kopf.
    »Na, bei manchen schon.« Der mit Telefonnummer grinste anzüglich und wedelte mit der vollgekritzelten Hand.
    Seifferheld schwieg immer noch.
    »Wir wissen sonst gar nichts über Plönzke. Der blieb ja immer für sich. Hatte tierische Aknenarben und roch,als ob er seit der Jahrtausendwende nicht mehr geduscht hätte«, sagte der ohne Telefonnummer. »Wir sind auch nur hier, weil der Bestatter im Büro angerufen hat und meinte, dass eine der …« Er kicherte wie ein Pennäler. »Dass eine der …« Kicher, kicher, grins. »Dass eine der …« Er brachte das Wort nicht über die Lippen. »Er hat angerufen und wollte wissen, ob es okay wäre, wenn sich diese Frauen an den Beerdigungskosten beteiligen.«
    Sein Kollege nickte.
    »Ich hab’s ja immer geahnt. Wir beide haben gewettet, ob die Damen zur Trauerfeier kommen oder nicht. Ich habe einen Fuffi gewonnen!«
    »Offenbar war Plönzke Stammkunde, das arme Schwein.«
    Sie schüttelten bedauernd den Kopf, aber ihre Blicke sprachen Bände.
    In all diesen Bänden stand nur ein einziges Wort:
    Neid!
Superkleber ist nichts gegen brünstige Frauen
    Das Leben kennt keine Fairness. Gerechte Verteilung von Gelegenheiten, Ressourcen und aufregenden Frauen gehört ins Reich der Fabel.
    Während Plönzkes unkollegialer Kollege von den Stadtwerken die Telefonnummer einer rassigen vorderasiatischen Prostituierten auf dem Handrücken mit nach Hause trug, zweifellos mit dem Angebot von fünfundzwanzig Prozent Rabatt für den Erstbesuch, bekam Seifferheld einen Flyer vom Seniorenheim im Lindach.
    »Ich wohne in Zimmer 10«, hauchte Ortrud Walter.
    »Ich stehe im Telefonbuch«, gurrte Frau Bernhardi.
    Seifferheld bedankte sich höflich, aber dadurch wurde er sie nicht los. Sie bestanden darauf, ihn gemeinsam bis zum Ausgang zu begleiten, und stritten sich, wer sich bei ihm unterhaken durfte. Wegen der Gehhilfe hatte er ja nur eine Armbeuge frei.
    Gott sei Dank fuhr der nächste Bus erst in einer halben Stunde.
    »Sie können doch bei mir mitfahren«, bot Heike Bernhardi an. »In meinem Mercedes ist auch Platz für Ihren Hund.«
    »Onis verträgt Autofahren leider nicht«, log Seifferheld, denn Onis schwächelte nämlich nur in Bussen, in Autos blühte er förmlich auf.
    »Dann gehen Sie doch einfach mit mir zu Fuß in die Stadt«, schlug Ortrud Walter vor. »Es geht nichts über einen forschen Marsch durch die Natur. Das hat mich so jung gehalten. Oder würden Sie mir mein Alter etwa ansehen?«
    Wenn sie für ihr Alter jung aussah, musste sie mindestens neunundneunzig sein.
    Seifferheld schaute bedauernd. »Leider kann ich mit meiner Hüfte keine längeren Strecken zurücklegen.« Das stimmte sogar.
    »Dann warte ich hier mit Ihnen«, erklärte Ortrud Walter.
    »Ich warte auch«, rief Heike Bernhardi rasch.
    Seifferheld flehte um eine Eingebung und bekam auch eine. »Tut mir sehr leid, meine Damen, aber um ganz offen zu sein: Ich leide unter Inkontinenz und muss mich auf der öffentlichen Toilette frisch machen.«
    »Ach herrje«, sagte Ortrud Walter.
    »Ja.« Seifferheld schüttelte traurig den Kopf. »Seit meinem Berufsunfall … die Schießerei in der Bank … Es hat leider nicht nur die Knochen getroffen …«
    Er ließ offen, was alles an Weichteilen beschädigt sein könnte, aber sein triefäugiger Basset-Blick ließ das Schlimmste vermuten.
    Die beiden alten Damen wurden bleich.
    »Sie

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