Kreuzstich Bienenstich Herzstich
sie noch lebendig waren, versteht sich.
»Siggi glaubt, dass ein Massenmörder sein Unwesen in den Straßen von Hall treibt«, fiel Klaus ein, der sich wieder herangepirscht hatte. »Das sind die toten Männer, die man in letzter Zeit aufgefunden hat. Sie haben sicher davon gelesen.«
»Äh, nein.«
Klaus sah Seifferheld triumphierend an. Er war beileibe nicht der einzige Nichtleser.
Der jugendliche Geschäftsführer senkte den Kopf und vertiefte sich in die Porträtaufnahmen. Dabei sah man, dass sich sein Haar bereits lichtete. »Hm, kommen mir alle irgendwie bekannt vor. Aber die sehen sich ja auch total ähnlich.« Der doch nicht mehr ganz so junge Mann sah auf. »Stark! Vielleicht handelt es sich um einen Fall von Verwechslung? Der Mörder sucht einen ganz bestimmten Mann, erwischt aber immer die falschen? Dashabe ich mal in einem Kinofilm gesehen. Könnte doch sein, oder?« Er strahlte.
Klaus strahlte auch.
Seifferheld konnte nur mit Mühe einen tiefen Seufzer unterdrücken. »Gut möglich«, zwang er sich zu sagen. »Fällt Ihnen zu diesen Männern noch etwas ein?«
Der Geschäftsführer zog das Foto von Ludger Klier heraus. »Der war nie hier, hat ja bei der Konkurrenz oben im Kerz gearbeitet. Aber ich kenne ihn. Ich fahre auch Rad, müssen Sie wissen.« Er zog noch ein Foto heraus. Es zeigte Fischer. »An den erinnere ich mich. Hat hier aber nie gekauft. Meine Frau bringt hin und wieder die Weißwäsche zum Mangeln zu ihm und einmal musste ich sie abholen. Der ist jetzt auch tot?«
»Sonst fällt Ihnen nichts ein? Haben Sie einen dieser Männer einmal in Begleitung gesehen? Bei einem Streit erlebt? Sonderwünsche für sie erfüllt?«, hakte Seifferheld nach.
Der Geschäftsführer schüttelte den Kopf. Hob den Blick. Schaute zur Decke. Schüttelte erneut den Kopf.
»Falls doch, erreichen Sie mich unter dieser Nummer.« Seifferheld gab ihm eine Visitenkarte, frisch gedruckt im Copyshop am Scharfen Eck.
Kommissar Siegfried Seifferheld
stand darauf und seine Handynummer. »Kommst du, Klaus?«
»Moment noch. Wie war das jetzt mit der neuen Lieferung – gibt’s die atmenden Socken auch in 46 und Marineblau?«
00-Nadel, bitte melden!
»Bei mir geht es gerade nicht«, raunte Seifferheld in sein Handy. »Kann ich Sie zurückrufen?«
»Mich stört’s nicht, telefoniere ruhig«, meinte Klaus.
Sie saßen in der Schaufensterecke von Pfisterer & Oettinger, mit Blick auf den Spitalbach – worunter man jedoch keinen plätschernden Bach verstehen durfte, sondern eine Querstraße mit Busverkehr –, je eine Butterbrezel und einen Milchkaffee vor der Nase. Die besten Brezeln der Stadt. Klaus mampfte schon die zweite.
Am anderen Ende der Leitung – hoffentlich unhörbar für Klaus, wie Seifferheld flehentlich hoffte – rief eine Männerstimme: »Das ist eine sensationelle Anfrage. Sie dürfen mich jetzt nicht enttäuschen. Sie dürfen unzählige Japaner nicht enttäuschen. Die Freundschaft unserer beiden Völker hängt davon ab!«
Seifferheld drehte sich ein wenig zur Seite.
»Jetzt bin ich aber beleidigt«, quengelte Klaus. »Geht es um die Morde?«
»Pst!«, zischte Seifferheld Klaus mit Blick auf die rot bekittelten Fachverkäuferinnen zu und: »Das ist jetzt wirklich gerade ein ganz ungünstiger Moment«, sagte er in die Handysprechmuschel.
»Aber der Herr vom Reisebüro ist gerade hier bei mir und erwartet meine Zusage. Umgehend. Sonst geht er zur Konkurrenz. Ja, freuen Sie sich denn gar nicht? Das ist wie ein Sechser im Lotto!«
»Mit seinen Freunden kann man alles teilen«, erklärte Klaus, sichtlich beleidigt.
»Ja, schon klar«, sagte Seifferheld zu ihm und in dieSprechmuschel: »Ich weiß nicht, ob ich das schaffen werde.« Und vor allem wusste er nicht, ob er das überhaupt schaffen wollte.
»Das schaffen Sie! Fünfzig Kissen mit Rosenblüten und Herzchen und der Aufschrift ›I love Germany‹. Wir machen siebzig zu dreißig. Natürlich siebzig für Sie und dreißig für mich – ich bin einfach so ein herzensguter Mensch. Na, was sagen Sie? Schaffen Sie das, bis im nächsten Monat die Reisegruppe kommt?«
Seifferheld seufzte. »Abgemacht!«
Er klappte sein Handy zu.
Klaus war mit verschränkten Armen ein Sitzkissen weiter gerutscht. Er wäre gern um noch ein weiteres Kissen abgerückt, aber da lag schon die Handtasche einer grimmig aussehenden Trenchcoatträgerin, deren finsterer Blick jedwede Annäherung verbot.
»Klaus …«, fing Seifferheld an.
»Schon gut, schon gut«, sagte
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