Kreuzstich Bienenstich Herzstich
auch, hätte Seifferheld gern gepampt, aber er hielt sich zurück. Der Mann hatte ja recht.
»Und da es keine jungen Männer mehr sind, würde ich rein intuitiv auf eine Frau tippen. Ein Schwuler wäre da sicher anders gepolt. Ja«, Barth nickte, »ich glaube, Sie sollten nach einer Frau suchen. Eine Frau in den besten Jahren. Nach außen hin angepasst, aber innen schwer gestört«
Es klopfte an die Tür.
Irmgard steckte den Kopf herein und rief: »Ich stehe im Halteverbot und die Politesse ist im Anmarsch. Bist du fertig?«
Barth und Seifferheld sahen Irmgard stumm an.
»Was ist?«, rief sie, dass ihr grauer Zopf erbebte.
Barth und Seifferheld tauschten einen Blick aus. Barth nickte. »Eine Frau wie sie.«
Plötzliche Erkenntnis ist nicht nur buddhistischen Mönchen vorbehalten, sondern kann jeden treffen – gern auch in der Küche bei der frühmorgendlichen Zeitungslektüre
»Ich wünsche mir einen Konfettiregen zum Geburtstag!«, erklärte Karina mit der unschuldigen Naivität eines Kindes, das bereits vollkommen vergessen hat, wie unartig es gewesen war.
»Konfettiregen führt unweigerlich zu Konfettiteppich.Und wer, bitte schön, soll das wegsaugen?«, brummte Irmgard ungnädig. Bevor Karina zu ihrer Erwiderung ansetzen konnte, ergänzte sie: »Nein, du wirst nicht wieder den Vorwerk-Vertreter zu einer Schauvorführung herzitieren!«
»Du hast vielleicht Nerven, Kleine«, setzte Susanne noch eins drauf. »Wenn das so weitergeht, verbringst du deinen Geburtstag nächste Woche hinter Gittern. Mal sehen, ob dir die anderen Mädels aus deiner Zelle aus dem Toilettenpapier eures Gemeinschaftsklos ein paar neckische Schnipsel zum Verstreuen basteln.«
Susanne war auf 180. Sie saß über dem
Haller Tagblatt
, das an diesem Morgen nicht nur von der Tierschützeraktion in Wackershofen berichtete, sondern auch ein großes Foto von Schweinehirtin Karina abgebildet hatte.
Karina war aber auch ein Hingucker. Die Haare zwar züchtig unter einem blau-weiß gestreiften Tuch versteckt, dafür nur ein Bikinioberteil und Gummistiefel zu den Hotpants tragend. »Musstest du dich wie ein Flittchen anziehen?«
Karina zuckte mit den Schultern. »Sex sells und wir wollten unbedingt mit Foto in die Presse«, sagte sie nur. »Außerdem lande ich sicher nicht allein im Kittchen. Und Verführung Minderjähriger wäre mir persönlich sehr viel peinlicher als berechtigter politischer Aktivismus.«
»Olaf ist volljährig«, fauchte Susanne. Sie war jedoch mehr über die Bildunterschrift erbost als über die Anspielung auf ihre Auswahlkriterien bei der Partnerwahl:
Karina Seifferheld aus einer alten Haller Familie – zu der auch Susanne Seifferheld gehört, deren Name für die anstehenden Vorstandswahlen der Bausparkasse im Gesprächist – fühlt sich dem Tierschutz verpflichtet (Foto Nneka).
»Ich finde, ich sehe gut aus«, urteilte Karina, die Susanne über die Schulter schaute. »Der hat mich echt gut getroffen.«
»Kannst du immer nur an dich denken!«, röhrte Susanne, klatschte die Zeitung auf den Tisch und stürmte aus der Küche.
Ein ganz normaler Morgen der Familie Seifferheld.
Seifferheld hatte Susanne ebenfalls über die Schulter geschaut und dabei die Traueranzeige auf der gegenüberliegenden Seite entdeckt.
Wie es in letzter Zeit Mode war, zierte die Anzeige auch ein Foto des Verblichenen. Es handelte sich um das Konterfei von Peter Prenzlau. Eigentlich ein typisches eigenschaftsloses Passbild mit dem neuerdings vorgeschriebenen ernsten Nichtlächeln im Gesicht, aber dennoch überkam Seifferheld das große, kosmische Aha-Erleben.
Aha, dieser Prenzlau.
Sieht auf den ersten Blick aus wie Klaus.
Ja, dachte Seifferheld, es war höchste Zeit, dass er sich aus den Niederungen des reinen Nachdenkens in den Olymp aktiven Ermittlertums schwang. Möglich, dass er für seine schnüfflerische Verbissenheit wie Faust mit seiner Seele bezahlen musste oder zumindest mit dem Teil, der ihn befähigte, in der realen Welt zu leben, aber er konnte nicht anders. Die Erkenntnis war wie eine Glühbirne aufgeleuchtet und verlangte danach, umgesetzt zu werden.
Klaus würde als Lockvogel herhalten.
Zeit für ein Päuschen bei Kläuschen!
Aus dem Polizeibericht
JUNGGESELLE KOCHT, STADT BRENNT
Ein Wohnungsbrand in der Langen Straße wurde am Donnerstag um 19 Uhr 55 gemeldet. Feuerwehr und Polizeibeamte konnten schnell Entwarnung geben: Überhitztes Fett auf einer Herdplatte in der Wohnung eines alleinstehenden Mannes war die
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