Kreuzstich Bienenstich Herzstich
müssen. »So macht man sich seit 1959 nicht mehr zurecht«, hatte sie geschimpft. »Die Zeiten haben sich geändert.«
Seifferheld schämte sich ein wenig. Jeans und Lederjacke. Er sah aus wie ein alternder Rockstar. Ob er MaC erklären sollte, wer ihn so zurechtgemacht hatte?
MaC strich sich das rote Jerseykleid glatt, das ihre blauen Augen so gut betonte. Er sieht aus wie ein Rockstar, dachte sie und wusste nicht, ob die Hitzewallungen auf die lustvolle Erregung aufgrund seines Anblicks zurückzuführen waren oder ob sie im Rahmen ihrer Wechseljahrsbeschwerden auftraten.
»Ein Cocktail?«, fragte sie. »Oder lieber ein Bier?«
»Gern ein Bier.«
Der Esstisch war eingedeckt. Zwei Kerzen flackerten romantisch. Rosenblätter lagen rund um die Teller. Es duftete nach … irgendetwas Exotischem.
Seifferheld räusperte sich. Hinter ihm holte MaC das gute Löwenbräu aus dem Kühlschrank.
Mit zunehmenden Jahren hatte man immer weniger Zeit zu verlieren. Es brachte nichts, um den heißen Brei herumzureden und auf einen besseren Zeitpunkt zu warten. Der beste Zeitpunkt war immer jetzt gleich.
»Müssen wir sofort essen?«, fragte Seifferheld.
»Nein. Die Lasagne braucht ohnehin noch eine Weile.«
»Sehr gut.« Seifferheld ging auf MaC zu, nahm ihr das Bier aus der Hand, wartete, bis sie sich einen Campari Orange eingeschenkt hatte, stieß mit ihr an und sagte:»Dreh den Backofen herunter. Ich finde, wir sollten uns erst näher kennenlernen.«
MaC lächelte. »Meine Güte, Herr Seifferheld, Sie gehen aber ran. Und ich dachte schon, du hättest kein Interesse an mir.«
Seifferheld lächelte ebenfalls. »Man nennt mich auch die Turboschnecke.«
Seine Lippen näherten sich ihren Lippen.
Ihre Finger strichen sanft über seine Brust und sie legte den Kopf schräg.
Seifferheld atmete schwer.
In seinen Ohren rauschte es.
Sein ganzer Oberkörper vibrierte in ahnungsvoller Erwartung.
Doch dann trat MaC einen Schritt zurück.
Seifferheld verstand nicht gleich, warum sie sich von ihm gelöst hatte. Und warum seine Brust trotzdem noch vibrierte.
Dann wurde ihm klar, dass sein Handy klingelte. Er hatte es über das Rauschen in seinen Ohren gar nicht gehört. Nur den Vibrationsalarm gespürt.
MaC seufzte. »Geh ruhig ran, Siegfried. Es könnte wichtig sein.«
»Wichtiger als das hier?« Seifferheld trat auf sie zu.
»Der Zauber des Augenblicks ist ohnehin verflogen. Wir werden einfach nach dem Nachtisch da weiter machen, wo wir jetzt aufgehört haben.«
Wie sich gleich herausstellen sollte, besaß MaC allerhand Qualitäten, eine prophetische Gabe gehörte jedoch nicht dazu. Das Schicksal hatte einen Nachtisch an diesem Abend nicht für die beiden Turteltauben vorgesehen.
Seifferheld zog sein Handy aus der Innentasche seiner Lederjacke. Warum mussten Frauen immer so pragmatisch sein? Was konnte wichtiger sein als der erste Kuss?
Er klappte sein Handy auf.
Am anderen Ende der Leitung war Kollege Dombrowski.
»Sorry, Siggi. Störe ich? Du, ich wollte dir nur Bescheid geben, dass wir eben schon wieder deine Nichte verhaftet haben.«
Nur glückliche Schweine haben einen Ringel im Schwanz
»Karina, wirklich, kann man dich keine Sekunde allein lassen?«
Seifferheld klang vorwurfsvoll. Und weil er sonst nie vorwurfsvoll klang, wusste Karina, dass jetzt keine freche Retourkutsche, sondern Zerknirschtheit angebracht war.
Ungewöhnliche Umstände erforderten ungewöhnliche Maßnahmen. Seifferheld war mit dem Taxi nach Wackershofen ins Freilandmuseum gefahren.
Onis hatte er bei MaC gelassen. Auf Wunsch von MaC. Sie dachte, dass der Herr immer dahin zurückkehren wird, wo der Hund ist. Und sie hatte nicht die Absicht, die Nacht allein zu verbringen.
Hovawart Onis hatte sich nicht gesträubt, hatte nur fragend den Kopf gehoben und sich anschließend wieder in die Weichheit des Flokatis fallen lassen. Sein Paradies auf Erden. Versüßt durch die Hundekekse, die MaC extra nach einem aus dem Internet heruntergeladenen Rezept gebacken hatte und mit denen sie ihn gelegentlich fütterte. Liebe geht durch den Magen. Onis war schwer verliebt.
Weit weg vom Flokati, Onis und MaC saß Karina im Streifenwagen und Seifferheld durfte sich hineinbeugen und mit ihr reden.
»Was sollte das hier?«, verlangte er von ihr zu wissen.
»Das ist eine Protestaktion gegen die Massentierhaltung. Ein Fanal für die geschundene Kreatur, ein …«
»Karina!« Der böse Cop in Seifferheld kam durch. Das musste am Blaulicht liegen. »Das hier
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