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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Fliesen gehaltvoll. Seifferheld schritt nicht ein.
    Das Bett war ungemacht, aber weder darin noch darunter, noch dahinter lag ein Mensch. Oder eine Leiche.
    So weit, so gut.
    Wo mochte Klaus seine Fotos aufbewahren? So etwasOffensichtliches wie einen Schrank gab es im Loft nicht. In der Billy-Regalwand, die sich an der Kopfseite des Lofts von links nach rechts zog, standen allerdings diverse Pappkartons. Unbeschriftet, damit das Suchen nicht langweilig einfach wurde. Es gab natürlich keinen Karton, in dem sich alle Fotos befanden (abgesehen von dem Karton mit allen Playboy-Centerfolds seit Sommer 1991). Klaus hatte zwischen mäßigen Schulzeugnissen und eselsohrigen Gebrauchsanleitungen für Plattenspieler aus dem Jahr 1967 diverse Schnappschüsse seines ereignislosen Lebens deponiert: Abschlussfeier am Gymnasium St. Michael (Klaus in einem lila Samtsmoking mit weißer Rüschenbluse, aber eine Papiertüte mit Gucklöchern über dem Kopf tragend), Seepferdchenprüfung im Schenkenseebad (Klein-Klaus in einer froschgrünen Badehose mit gelber Gummiente unter die Achsel geklemmt und riesiger Schwimmbrille, aber zu jung, um sich heute noch ähnlich zu sein).
    Die Suche zog sich hin. Seifferheld gestaltete sie zwar systematisch, jedoch rücksichtslos. Einen Karton nach dem anderen riss er aus der Regalwand, durchwühlte ihn gründlich, wandte sich mehr oder weniger angeekelt ab (die adäquate Entsorgung von Essensresten hatten Klausens Erziehungsberechtigte offenbar nie so recht mit ihm durchgesprochen oder ihre Bemühungen waren kläglich gescheitert) und ging zum nächsten über. Seifferheld fand Unaussprechliches (getragene Damenunterwäsche von Größe 36 bis Größe 54) und Ungepflegtes (eine Haarbürste mit jeder Menge Haaren, denen man DNS-Proben von Klaus entnehmen konnte), aber keine Fotos mit dem wiedererkennbaren Konterfei von Klaus.
    Die Minuten vertickten unaufhörlich.
    Irgendwann hörte man ein entsetzliches Röcheln. Gleich darauf erbrach sich Onis links neben der Couch. Was immer die Küchenbodenfliesen braun gefärbt hatte, es hatte dem Hundemagen nicht sonderlich gutgetan. Seifferheld überlegte sich kurz, ob er das Häufchen aufwischen sollte, entschied sich aber dagegen. Das Foto hatte Priorität. Mittlerweile war es fast vier. In spätestens dreißig Minuten musste er fündig geworden sein, um es noch rechtzeitig zur Redaktion zu schaffen.
    Das Erbrechen hatte Onis durstig gemacht. Er schlabberte Wasser aus der offenen Toilette.
    Seifferheld riss den letzten Karton aus dem Regal.
    Blieb mit dem Ärmel seines Trenchcoats an einer hervorstehenden Schraube hängen.
    Wurde ungeduldig.
    Und zog.
    Mit Schmackes.
    War ja klar, dass jemand wie Klaus beim Zusammenschrauben eines Ikea-Regals keine handwerkliche Sorgfalt hatte walten lassen. Statt dass Seifferhelds Ärmel riss, gab das Regal klein bei.
    Ungläubig musste Seifferheld zusehen, wie in diabolischer Kettenreaktion ein Regalbrett nach dem anderen nach unten krachte.
    Als der infernalische Lärm endlich, endlich verklungen war und der aufgewirbelte Staub sich gelegt hatte, standen Seifferheld und Onis reglos da. Inmitten eines Chaos aus zerdrückten Kartons, zerfledderten Magazinen, zerborstenen Glastierchen, Pizzaresten. Nur die mit Muscheln beklebte Schmuckschatulle von Klausens Mutterselig (Aufschrift:
Erinnerung an St. Peter Ording
) war unversehrt geblieben – mal abgesehen von den aufgeklebten Muscheln, die allesamt abfielen.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit fragte eine verblüffte Männerstimme von der offenen Eingangstür in die Stille hinein: »Was ist denn hier los?«
    Klaus!
Der verlorene Sohn kehrt heim, aber statt Schlachtkalb gibt es kalte Pizzareste. Willkommen in der Neuzeit!
    »Göttlich!«, lautete der Kommentar von Klaus, nachdem Seifferheld ihm seine panischen Schuldgefühle in Form eines lauthals geschmetterten »Wo um alles in der Welt bist du gewesen, verdammt noch eins! Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!« offenbart hatte.
    »Göttlich? Göttlich? Das ist alles, was dir dazu einfällt? Kein ›Entschuldigung, ich hätte mich ja mal melden können‹?« Seifferheld klang einen Tick genervt. Auch etwas, was er früher nicht an sich gekannt hatte.
    »Entschuldigung, dass ich von der üblichen Lockvogeletikette keine Ahnung habe. Bin nicht so der Krimi-Fan. Fand es nur lustig, einen Grund zu haben, warum ich Frauen aufreißen soll.«
    »Klaus!«, donnerte Seifferheld. »Du solltest keine Frauen aufreißen. Du solltest dich

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