Kreuzstich Bienenstich Herzstich
innerlich krümmte.
Er gelobte sich, künftig netter zu Klaus zu sein. Auch wenn Klaus entgegen seinem Rat eine Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte. Das Billy-Regal hatte keinen weiteren Schaden genommen und ließ sich problemlos wieder aufbauen. Der Schlosser hatte das Schloss binnen fünf Minuten ausgewechselt. Aber Mimi 2 und ihr Outfit (ein Satinnachthemd mit dazugehörigem Morgenmantel) gingen ganz schön ins Geld. Klaus hatte es Seifferheld überlassen, Mimi 2 und den Fummel zu besorgen. Natürlich bestellte Seifferheld das Gummi-Fräulein bei einem Markenführer für Erotikexpressversand im Internet, ebenso wie die Satinsachen, die allerdings etwas zu groß waren und die er dann eigenhändig enger schneidern musste. So gesehen, ging diese Episode glimpflich aus. Bis auf den Nachmittag, an dem Seifferheld über das Satinnachthemd gebeugt Schneiderarbeiten erledigte. Urplötzlich ging die Tür auf.
Irmgard.
»Was machst du denn da?«
Seifferheld spürte, wie er rot anlief. Passend zum Nachthemd. »Kannst du nicht anklopfen?«, brummte er. Angriff war immer die beste Verteidigung.
»Ich habe angeklopft, aber dir rauscht offenbar das Blut der Erregung in den Ohren.« Irmgard runzelte die Stirn. »Ist das etwa für deine neue Freundin? Ist ihr Flanellnachtwäsche nicht gut genug?« Sie setzte noch ein empörtes »Was für eine unmögliche Person!« hinzu.
»Irmi, was willst du?«
»Plötzlich gar nichts mehr. Meine Güte, Siggi, die Zeit des zweiten Frühlings ist bei dir doch schon ewig vorbei. Bei dir steht der Winter vor der Tür, da nützt auch einletztes Aufbäumen nichts. Füg dich den Tatsachen in Würde! Ehrlich, dass du dich nicht schämst. Ich glaube, diese Frau ist nicht gut für dich!« Irmgard drehte sich um und verließ demonstrativ den Raum.
Seifferheld seufzte. Seine Schwester hielt ihn für einen geilen Bock und würde MaC beim ersten Kennenlernen wie ein Flittchen behandeln. Ganz toll.
Na, immerhin: Irmi hatte Mimi 2 nicht gesehen und das Nachthemd passte nach Seifferhelds Bemühungen mit Nadel und Faden einfach perfekt. Klaus würde glücklich sein! Sie waren quitt.
Die Frau soll den Mann weniger lieben und besser verstehen. Der Mann soll die Frau mehr lieben und gar nicht erst versuchen, sie zu verstehen. (Chinesische Weisheit)
»Ich habe nämlich gar kein Foto von dir«, sagte Seifferheld zur Begründung.
Seifferheld war nach neun, als er sicher sein konnte, dass MaC aus der Redaktion zurück war, mit einer Flasche Chardonnay in den Lindach gepilgert. Er wollte ihr danken, dass sie ihm am Vortag so spontan hatte helfen wollen. Und er hoffte auf ein klein wenig altmodisches Necking und Petting. Von wegen in Würde dem Winter entgegenblicken. In ihm loderte es frühsommerlich!
MaC räkelte sich auf ihrer Couch. Schon fast im Halbschlaf. Seifferheld hoffte, dass es an Überarbeitung lag und nicht daran, dass ihr Gesprächspartner sie langweilte.
Onis schnarchte auf dem Flokatiteppich.
»Ich bin nicht fotogen«, wehrte MaC ab.
»Doch, das bist du. Gar kein Zweifel möglich.« Seifferheld hielt sein Hasselblad-Imitat hoch und drückte auf den Auslöser. Der nachfolgende Blitz war bis auf die andere Kocherseite zu sehen.
MaC riss die Arme vor die Augen.
»Um Himmels willen«, rief sie.
»Ja, ist etwas hell«, räumte Seifferheld ein.
Onis, der das alles schon kannte, drehte den Kopf auf die andere Seite und schnarchte weiter.
»Bist du sicher, dass das ein schmeichelhaftes Foto von mir wird?« MaC klang skeptisch.
Seifferheld wusste, dass mit diesem Teil kein Mensch – nicht einmal Claudia Schiffer, Naomi Campbell oder Kate Moss – schmeichelhaft abzulichten war.
»Aber natürlich«, log er.
Seifferheld legte den Fotoapparat auf den Couchtisch, räusperte sich, griff zum Weinglas, trank, sah zu MaC, räusperte sich erneut, stand auf und setzte sich neben sie auf die Couch.
»Wie schön, dass wir es so langsam angehen lassen«, log er. Noch eine weitere Lüge und er würde sich in einen Politiker verwandeln.
MaC, die ihre Arme wieder gesenkt hatte, lag immer noch hingestreckt wie eine Odaliske in der Couchecke. Sie lächelte nur und schloss die Augen.
Seifferheld holte tief Luft.
Aus Erfahrung klug geworden, hatte er sein Handy zu Hause gelassen. Heute würde kein Vibrieren stören, selbst wenn Karina amoklaufend durch die Stadt rannte und Passanten mit rohen Eiern bewarf, um gegen die Massentierhaltung von Legehennen zu protestieren.
Seifferheld holte noch einmal
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