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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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aufreißen lassen! Vorzugsweise von der Massenmörderin!«
    »Eben hattest du noch Angst, mir könnte was passiert sein, und jetzt brüllst du mich an«, muffelte Klaus. Er stand immer noch so in der Eingangstür, wie er gekommen war: im marineblauen Trainingsanzug, eine neongrüneReisetasche in der Linken, eine leere Bierflasche in der Rechten.
    »Ja, du hast recht.« Seifferhelds Wut wich der Zerknirschung. »Ich hätte dich da überhaupt nicht mit hineinziehen dürfen. Gott sei Dank ist dir nichts passiert.«
    »Nee, wieso auch?« Klaus freute sich. Er stellte die Bierflasche auf einen Hocker, beugte sich vor, zog einen Pizzarest aus dem Chaos, das einst seine Regalwand gewesen war, und biss hinein. »Es lief viel besser als sonst«, erzählte er kauend. »Lauter süße 20-Jährige. Die Gabi hat mich sogar mit zu sich genommen und wir haben noch nett einen Absacker getrunken, bevor sie mich dann hinausgeworfen hat. Okay, sie hat mich blöderweise in irgendeinem Kaff bei Gaildorf rausgeworfen und ich musste nachts noch nach Hall laufen, aber ich bin immerhin rechtzeitig um sechs Uhr früh am Busbahnhof eingetrudelt, um noch mitfahren zu können.«
    Wie sich herausgestellt hatte, war Klaus auf dem jährlichen Besäufnis-Ausflug seines Kegelvereins Alle Neune e. V. mit dem Bus in Rothenburg ob der Tauber gewesen. Dort hatte man sich – nach dem obligatorischen Marathoneinkauf im Käthe-Wohlfahrt-Weihnachtsladen – mit einer japanischen Reisegruppe ein Kampftrinken geliefert, das die Japaner haushoch gewonnen hatten. Der Busfahrer hatte sich geweigert, die gesichtsgrünen Wackelkandidaten zurück nach Schwäbisch Hall zu fahren, weil Erbrochenes noch monatelang wie ein Pestilenzhauch über den beschmutzten Sitzen zu schweben pflegte. Also hatten die Kegler sich in einem billigen Hotel einquartiert und erst am Montagvormittag die Rückreise per Bahn angetreten. Bei vermutlich 3,0 Promille Restalkohol im Blut fandKlaus es nur allzu verständlich, dass ihm Kleinigkeiten wie ein kurzer Bescheid per Telefon entfallen waren.
    »Also gut, dann eben jetzt Statusbericht«, sagte Seifferheld. »Ist dir im Barfüßer eine Verdächtige aufgefallen?«
    »Eine?« Klaus lachte humorlos auf. »Was für eine Parade von vertrockneten, torschlusspanischen Mauerblümchen. Jeder Einzelnen würde ich einen Mord zutrauen. Selbst die Ingrid …«
    Weiter kam er nicht.
    Klaus riss die Augen auf. Seine Hand fuhr unwillkürlich an seinen Hals. Er röchelte.
    »Klaus?«, rief Seifferheld.
    Die rechte Hand von Klaus ließ die Reisetasche zu Boden fallen, der linken entglitt der Pizzarest. Beide Arme schossen nach vorn, die Zeigefinger wurden ausgefahren.
    Klaus röchelte etwas Unverständliches.
    Er zeigefingerte in Richtung Couch. Dann endlich entrang sich ihm ein Schmerzensschrei, den Seifferheld akustisch und inhaltlich verstehen konnte.
    »Mimi!«
    Klaus lief zur Couch und ging vor der arg mitgenommenen Gummifreundin in die Knie. »Mimi …«, flüsterte er.
    Unter den Klebestellen war im Laufe des Tages reichlich Luft entwichen. Mimi sah aus wie eine zerschrumpelte Pflaume. Ein erbärmlicher Anblick.
    Seifferheld räusperte sich. »Ja, äh, also … bei dir ist offenbar eingebrochen worden. Wilde Verwüstungen.« Er zeigte zum Regalrest. Und die Täter haben sich an Mimi vergangen.«
    »Mimi«, flüsterte Klaus erneut.
    Weinte er etwa?
    Ach herrjemine, dachte Seifferheld und schämte sich. »Wir besorgen dir eine neue Gummifreundin, okay?«
    Klaus drehte sich um und sah ihn aus großen Welpenaugen flehend an. »Aber dann eine Blondine. Und wir kaufen ihr auch richtige Kleider zum Anziehen. Au toll!«
    Und schon war Klaus freudig aufgesprungen und suchte in den Regalwandüberbleibseln nach weiteren Pizzaresten. Seine Welt war wieder in Ordnung.
    Ach, wenn es immer so einfach wäre, dachte Seifferheld.
    Ein Klaus müsste man sein.
    Aus dem Polizeibericht
    ÄTSCH
    Mit brachialer Gewalt durchwühlte ein Unbekannter eine Wohnung in einem Gebäude in der Unteren Bahnhofstraße, zu der er sich in der Zeit zwischen Sonntag 6 Uhr und Montag 12 Uhr Zugang verschafft hatte. Den in der Wand eingebauten Tresor übersah er, der Versuch, eine Schmuckschatulle aufzubrechen, misslang. Unverrichteter Dinge zog er ab, hinterließ jedoch einen Sachschaden an der Schließanlage in Höhe von 200 Euro.
    Zu Seifferhelds Ehrenrettung muss gesagt werden, dass er sich beim Verfassen dieses nunmehr zweiten Polizeiberichts, den er über sich selbst schreiben musste,

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