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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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kündete. Der schwarze Staub färbte den Schnee, als Blake sich auf einen Mauervorsprung kauerte und in den Sturm hinausstarrte.
    Während die Kälte seinen Körper durchdrang, wurde er sich einer neuen Gefahr bewußt. Entweder er mußte in Bewegung bleiben, oder ein Feuer machen. Sein schöner Plan, sich während des Sturmes zu verstecken, war nicht sehr klug gewesen. Er hätte mehr Geduld aufbringen müssen und hätte Pakahini dazu bewegen sollen, ihn zurück zum Zeitstufentransporter zu führen. Jetzt war er verloren, ohne Feuer, eingekerkert vom Sturm.
    Die Zeit hatte längst keine Bedeutung mehr. Jetzt aber merkte Blake, daß das Heulen des Windes nicht mehr an seine Ohren drang. Als er hinauslugte, hatte der Schneefall aufgehört. Eine Pause – oder gar das Ende des Sturmes? Jedenfalls bedeutete es ein Signal, er faßte es jedenfalls so auf, die Unterbrechung zu nützen und sich auf den Weg zum Transporter zu machen.
    Er war sicher, die richtige Richtung hierher eingeschlagen zu haben – abgesehen vielleicht von einer kleinen Abweichung, als Folge des Umgehens des Gestrüpps.
    Der Schnee lag kniehoch, das Dahinstapfen durch die Schneewehen war sehr ermüdend. Unmerklich änderte Blake die Richtung und wählte eine Route, auf der sich im Schutz von Türmen und Bäumen keine Verwehungen gebildet hatten.
    Hin und wieder mußte er anhalten, nicht nur um auszuruhen, sondern auch um die Ruinen prüfend zu betrachten. Endlich fand er den, den er suchte.
    Er stemmte sich die Turmmauer hinauf und schwang sich ins Innere hinunter. Eine Ecke des Transporters war ein wenig vom Schnee angeweht worden. Mechanisch fegte er den Schnee weg und ließ sich dann mit gekreuzten Beinen vor dem Steuerhebel mit der Kerbenskala nieder. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand und welche Kerbe ihn in eine Zeit- und Ortsstufe befördern könnte, wo er Hilfe finden und überleben konnte. Darüber konnte er nur Vermutungen anstellen.
    Blake steckte die Hand nach dem Hebel aus. Die zweite Kerbe – eine willkürliche Wahl. Er löste die Sperre und zog an dem Hebel.
    Lichter, Geräusche, Perioden der Dunkelheit. Blake schloß die Augen vor dem verwirrenden Chaos. Die Vibration hörte auf, er blieb sitzen und ließ den Stab los. Und dann merkte er, daß er langsam über die Plattform rutschte. Er öffnete die Augen.
    Aus dem Turm war er heraus – das stimmte. Aber die Plattform war jetzt nach einer Seite geneigt, weil um ihn herum eine Menge zerfallener Ziegelsteine waren, aus denen gezackte Spitzen rostigen Metalls ragten. Über ihm ein Dach, durchsiebt von Löchern, durch die die Sonne schien. Eine Sonne ohne Wärme.
    Auf dem Geröll lag teilweise Schnee. Sand rieselte herunter, und Blake fuhr mit gezücktem Messer herum. Hinter einem Schutthaufen hervor beobachtete ihn eine Ratte – aufgedunsen, widerlich, ganz zahm und zutraulich.
    Zerstörung und Einöde. Blake stand auf und kletterte über einen Haufen geschwärzter Steine. Essen. Wasser. Es kam ihm schon sehr lange vor, seit er gemeinsam mit Pakahini gegessen hatte.
    Nachdem Blake sich mit den Händen über Schutthaufen hinweg einen Weg gebahnt hatte, roch er Rauch. Rauch eines Holzfeuers.
    Es war bis zur Glut heruntergebrannt. Das verkohlte Holz war von einem Kreis aus Ziegeln umgeben. Blake schürte das Feuer, brachte es zum Leben und nährte es von einem Holzstoß aus zerbrochenen Möbelteilen und zersplitterten Kistenbrettern.
    Ein paar Betonblöcke waren wie Sitzgelegenheiten angeordnet. In einer Ecke fand er einen Stapel zerfetzter Decken und Streifen zerissenen Stoffes, die ein Bett vorstellen mochten. Aber Blake sah nirgends Spuren von Nahrung, noch konnte er abschätzen, wer oder was hier sein Lager hatte.
    »... sicher«, schrillte da eine Stimme. »Es war nur einer, Manny! Wir haben ihn doch hier 'rauskommen sehen, bevor der Tommy ihn erledigte. Dann hat Ras den Tommy erschossen. Er war einer von denen, die unser Versteck überfallen haben ...«
    Blake taumelte zum Transporter zurück. Er versteckte sich hinter einem Haufen von Ziegeln und beobachtete die Neuankömmlinge. Die Tatsache, daß sie verständliches Englisch sprachen, war für ihn eine unendliche Erleichterung.
    Schritte auf dem Steinboden – und eine kleine Gestalt kam durch eine als Tür dienende Öffnung in den Raum herab.

10

    Es war ein Junge, noch nicht ganz dem Teenageralter entwachsen, der in einer Lumpenkollektion geflickter Kleidungsstücke steckte. In seiner Armbeuge lag ein schußbereites Gewehr,

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