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Kreuzzüge

Titel: Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnes John
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konnte. Sie bemerkte, wie die Hartholzbäume am Rand der Straße, die vom Tal des Flusses zu den Bergen führte, sich allmählich lichteten und immer mehr Koniferen auftauchten. Etwas in ihrem Inneren sagte ihr, dass dort oben Höhlen sein mussten. Sie hatte unter der Aufsicht ihrer Leibwächter darin gespielt, als sie noch ein Kind gewesen war. Nun waren ihre Gedanken völlig davon beherrscht weiterzulaufen, weiter, immer weiter auf die Berge zu – nur fort aus dem Königreich im Tal des Braunwassers, in dem ihr Vater regierte.
    Die Königsstraße war zu Lebzeiten ihres Großvater angelegt worden, und man hatte sie seitdem nicht weiter ausgebaut. Sie wurde fast ausschließlich von den Gash'hwar der hochgerühmten königlichen Kavallerie genutzt. Unglücklicherweise stieg diese Straße auf rund fünfundzwanzig Zhta um zwei Zhta an, das war sehr qualvoll für eine doch deutlich aus der Form geratene Prinzessin, die dazu noch sehr in Eile war. Hinzu kamen noch die vielen Kratzer, kleinen Schnitte, die blauen Flecken und der unerträgliche Schmerz zwischen den Beinen. Sie blickte an sich herab und sah, dass das Blut ihr Fell völlig verklebt hatte. Gern hätte sie jetzt ein langes, heißes Bad genommen und klatschte unwillkürlich die oberen Hände zusammen, um ihre Dienerinnen herbeizurufen.
    Dann erinnerte sie sich wieder daran, wo sie war, und dass sie weitergehen musste. Trotzdem vermochte sie sich noch immer nicht daran zu erinnern, wie sie hierher gekommen war. Sie wusste, wo der starke Geruch in ihrem Fell herrührte und glaubte einen Moment, Hmi'dro wartete oben in den Höhlen auf sie. Aber nein – er war hinter ihr her. Er wollte … Ihre Gedanken wurden wieder völlig wirr, dennoch eilte Kth'ree weiter die Straße entlang.
    Die Blutstropfen waren schon lange nicht mehr frisch, aber die Straße wurde so wenig benutzt, dass er sie noch immer deutlich erkennen konnte. Er wünschte, er hätte Zeit genug gehabt, um einen Qentowr mitzunehmen, der die Fährte verfolgte. Sein eigener Geruchssinn stieß langsam an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Zudem wurde Hmi'dro allmählich müde. Niemals hätte er geglaubt, dass sie ihr Tempo so lange durchhalten würde. Hier auf dem trockenen Boden konnte er sehen, dass sie noch immer mit weiten Schritten die Straße entlanggeeilt war. Kth'ree zeigte offensichtlich noch keine Ermüdungserscheinungen, ihre Spuren im Schmutz zeigten, dass sie ihre mittleren Gliedmaßen bislang nicht benutzt hatte.
    Als er wieder klar denken konnte, schimpfte er mit sich selbst. Die Wahrheit war, dass es schon vorher einige Male geschehen war. Der König hatte keinen Sohn, und ein Kind aus königlichem Blut war notwendig, um den Herrschaftsanspruch von Hmi'dro zu sichern. Aber Kth'ree …
    Es wäre nur eine Frage von wenigen Augenblicken gewesen, hätte sie nur einen Schluck des starken Gebräus angenommen. Dann hätte sie vielleicht die fürchterlichen Auswirkungen des Paarungswahns vermeiden können.
    Doch sie waren zu stolz gewesen. Sie hatten die Qualen der Paarungsbereitschaft schon sechs Mal ertragen, ohne ihren Trieben nachzugeben. Sie hatten beschlossen, noch zwei weitere Male abzuwarten und sich dann im folgenden Winter zu paaren. Indes hatten sie es versäumt, sich in ihre Zimmer zurückzuziehen, als die ersten Anzeichen erschienen … besser gesagt: Er hatte es nicht mehr bis dorthin geschafft. Wahrscheinlich war sie noch nicht bereit gewesen, als er sich auf sie stürzte … Manche Ärzte waren der Ansicht, dass das den Paarungswahn begünstigte.
    Er verdoppelte sein Tempo und ignorierte die Müdigkeit und die vielen kleinen Verletzungen.
    Es wurde dunkel. Kth'ree eilte weiter. Ihre Füße schienen einen eigenen Willen zu entwickeln, und immer wieder hob sie ihre mittleren Arme an und machte einige Galoppsprünge. Einige hundert Schritte weiter legte sie die mittleren Arme wieder an den Körper und ging keuchend in normalem Tempo weiter. Immer, wenn sie wieder zu Atem gekommen war, vergrößerte sie ihre Schritte wieder, vorwärts getrieben vom Irrsinn und unfähig, sich an irgendetwas zu erinnern.
    Sie war schon hier gewesen, mit ihrem Vater und auch mit ihrem Großvater. Die Errichtung einer Sicherheitszone zusammen mit den Luftherren war eines der herausragendsten Ereignisse in ihrer Regierungszeit gewesen. Sie hatten auf die vier großen Festungen geblickt, die ihre Feinde zurückhalten sollten. Die Geflügelten konnten sich zwar hoch in die Lüfte erheben, doch waren

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