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Kreuzzüge

Titel: Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnes John
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das Feuer. Schließlich beugte er sich hinab und berührte die Traumschlange.
    Ich bin fertig.
    Die Reise wird einen halben Mond dauern.
    Dann sollten wir besser gleich losgehen.
    Unterwegs sprachen sie nur wenig miteinander. Wenn Wildarankaragu müde wurde – das kam jetzt so kurz vor dem Geburtstermin immer öfter vor – berührte sie Hmi'dro, und er setzte sich still hin, bis sie weiterreisen konnte. Abends wärmten sie sich am Feuer, und wenn der Schnee zu hoch lag, trug er sie auf den Schultern, obwohl sie so schwer war, dass er sie unter normalen Umständen kaum hätte hochheben können. So stark konzentrierte er sich darauf, sein Ziel zu erreichen, dass er übernatürliche Kräfte entwickelte.
    Einmal versuchte sie, seine Träume zu erforschen. Er hatte keine … Wenn er schlief, war er innerlich völlig leer; sein Gehirn war nur darauf programmiert, ihn morgens wieder zu wecken. Tagsüber wurde er nicht von den üblichen Gedankenbotschaften beherrscht und zeigte auch nicht die üblichen Reaktionen, wenn Wildarankaragu in seinen Geist eindrang. Das faszinierte sie ungeheuer, und sie wartete nur auf eine Gelegenheit, um mit den Jungen in ihrem Bauch darüber zu diskutieren. Weder sie noch ihre Ahnen hatten jemals zu einem so stark konzentrierten Geist Kontakt gehabt.
    Schließlich erreichten sie das Ziel ihrer Reise. Am frühen Vormittag standen sie vor dem Eingang der Höhle, und sie bat Hmi'dro, nach den anderen zu rufen. Doch erhielten sie keine Antwort. Als sie von seinen Schultern herunter kroch, fing sie aus dem Inneren der Höhle ein Geräusch auf, ein leises, klagendes Jaulen.
    Sie kannte dieses Geräusch: Es war der Trauergesang einer Flügelperson.
    Jetzt aber schnell.
    Er eilte vorwärts, aber es schien viel Zeit zu vergehen, bis er die vielen Wegbiegungen hinter sich gelassen und den inneren Raum erreicht hatte. Dort lag Kth'ree blutüberströmt, still und steif am Boden. Sie hatte anscheinend eine Gehirnblutung erlitten, das kam bei gebärenden Handleuten immer wieder vor. Qoj war über ihren bereits erkalteten Körper gebeugt, ihre Augen glühten weiß vor Wut und Entsetzen. An ihren Fuß klammerte sich Kth'rees Junges; Qoj versuchte es mit dem anderen Fuß abzustreifen. Sie richtete sich auf und …
    Irgendetwas in Hmi'dro erwachte. Der Krieger, der Adlige, Leibwächter der königlichen Familie, Geliebter von Kth'ree, Mörder vieler Geflügelter, kam plötzlich zum Vorschein. Wildarankaragu wurde gegen die Höhlenwand geschleudert. Es schien weniger als einen Herzschlag lang zu dauern, da hatte er schon das Schwert aus der Scheide gerissen und Qoj den Kopf abgeschlagen. Das Haupt fiel ihr genau zwischen die Füße, dann erst kippte ihr Körper auf den Boden. So schnell, dass man es kaum sehen konnte, wischte er das Schwert ab und steckte es wieder in die Scheide.
    Alles schien stillzustehen, dann schoss Wildarankaragu vorwärts, ihr Geist war erfüllt von Wut, Hass und Einsamkeit. Sie legte sich um eins von Hmi'dros Beinen, viel zu sehr in Rage, um auch nur daran zu denken, ihn zu beißen. Dann übertrug sie ihm alle Informationen und Erinnerungen – auch wie es Kth'ree ergangen war, der fürchterliche Schmerz, den sie während der Paarung mit ihm empfunden hatte, Qojs freundschaftliche Bemühungen um sie, jeden Moment ihres Lebens in der Höhle, jeden Gedanken, den sie gehabt hatten, Wildarankaragus lange mühevolle Suche nach ihm und das schreckliche Leid, das sie jetzt empfand.
    Jede andere Handperson wäre davon getötet worden. Die schrecklichen Botschaften schossen wie Blitze durch sein Nervensystem und das Gehirn vermochte die Flut der hereinkommenden Eindrücke kaum zu verarbeiten.
    Doch sein asketisches Leben auf der langen Reise durch die Berge bewahrte ihn nun vor dem Tod. Seine alte Persönlichkeit, die ihn dazu getrieben hatte, das Schwert zu ziehen und Qoj ohne nachzudenken den Kopf abzuschlagen, wurde ausgelöscht. Zurück blieben nur die Erinnerungen. Diese neuen Erinnerungen, und das Schuldgefühl, das sie mit sich brachten, akzeptierte er ohne zu zögern. Eine große Last lag nun auf seinen Schultern, doch konnte er sie ertragen.
    Wildarankaragu versuchte herauszufinden, was in ihm vor sich ging, aber es fühlte sich an, als würde sie wieder gegen die Wand geschleudert. Sie versuchte den Kontakt abzubrechen, sein Geist indes ließ sie nicht los. Er holte sich von ihr jede Erinnerung der Stillen Leute, jede Erinnerung, die sie sich von anderen geholt hatten. Dann fiel

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