Kreuzzüge
sie plötzlich von seinem Bein herab und versuchte in ihr Nest zu kriechen, das sie lange vor dem Beginn dieser seltsamen Geschichte gebaut hatte.
Sie hatte es gerade erreicht, als sie die erste Wehe spürte. Es war Zeit. Die Jungen nahmen ein letztes mal Kontakt zu ihrem Geist auf und kopierten so viele Gedanken, wie sie konnten. Dann zerplatzte ihr Körper und die Jungen krochen heraus.
Der, der einmal Hmi'dro gewesen war, saß in völligem Frieden auf dem Boden. Das Baby hatte aufgehört zu weinen und schlief jetzt zufrieden auf seinem Schoß. Ein piepsendes Geräusch drang an sein Ohr, und er nahm das Baby auf den Arm und näherte sich der Stelle, an der das Geräusch erklang.
Im Nest des Greifs schlüpften die Jungen aus. Acht geflügelte Junge pickten mit ihren scharfen Schnäbeln die Eierschalen auf. Das Erste, das sich aus seinem Ei befreit hatte, ging sofort auf eines seiner Geschwister los, riss ihm die Brust auf und trank sein Blut. Dann wurde es selbst von einem anderen Jungen auf dieselbe Weise getötet …
Nach kurzer Zeit war das Gemetzel vorüber. Das stärkste Männchen hatte überlebt. Es fraß sich an den blutigen Körpern seiner Brüder und Schwestern satt, und als es schon so schien, als müsse er kollabieren oder platzen, setzte er sich plötzlich hin und gab leise, krächzende Laute von sich. Es brauchte jemanden, auf den es sich prägen konnte.
Hmi'dro setzte seinen Sohn vor dem jungen Geflügelten nieder. Die beiden Neugeborenen saßen mitten zwischen den blutigen, zerfetzten Körpern und sahen einander nur an. Dann krähte der junge Geflügelte fröhlich, und das Baby quietschte vergnügt. Irgendetwas bewegte sich über Hmi'dros Füße hinweg. Als er nach unten blickte, sah er eine kleine Traumschlange, die sich zu ihnen gesellte.
Plötzlich wusste er, was er zu tun hatte. Und wenn es fünfzig Jahre oder länger dauern sollte – er existierte nur noch für sein neues, großes Ziel.
Doch jetzt musste er erst einmal Nahrung für F'tharu, Jredt, und Altildathkereethno herbeischaffen, ein wärmendes Feuer für sie entfachen und die Leichen ihrer Mütter beerdigen …
Später würden sie den Thron besteigen, ihren Mut im Krieg beweisen, Rebellionen niederschlagen … doch das hatte Zeit. Jetzt war es nur wichtig, dass die Kinder zusammen waren, es warm und gemütlich hatten, und dass er losging, um Nahrung für sie zu beschaffen.
Kapitel 15
Nachdem Thingachganderook und Kuf gegangen waren, bemerkte Clio: »Ich bin nicht sicher, ob das all meine Fragen beantwortet oder noch mehr Fragen aufwirft …«
Hauskyld nickte. »Mir geht es nicht anders! Aber eins nach dem anderen, wir sollten jetzt festhalten, was wir Neues herausgefunden haben.« Er durchwühlte seine Tasche und holte einen kleinen braunen Block hervor.
»Ich dachte, das wäre die Notration«, sagte sie.
»Vermutlich schmeckt es besser als die Notration. Nein, es handelt sich um einen ›Einmal-Recorder‹. Wenn ich diesen Knopf hier drücke, nimmt er 90 Minuten lang auf. Danach kann die Aufzeichnung nicht mehr gelöscht werden. Du kannst sie in einen Atommeiler werfen, die Aufnahme ist hinterher immer noch da.«
»Wie hört man es ab?«
»Dazu braucht man Spezialgeräte. Leider wurde das letzte Exemplar, das auf diesem Planeten existierte, schon vor Jahren zerstört. Aber wenn uns etwas passiert, oder wenn die Templer hier alles übernehmen, könnte vielleicht jemand den Recorder finden und von hier wegbringen.«
»Ein schöner Gedanke«, meinte sie. »Okay. Müssen wir irgendwo reinsprechen?«
»Wir können einfach drauflosreden. Das Gerät empfängt ein Flüstern aus sechs Meter Entfernung. Ich gebe erst einen Identifizierungscode ein, dann erzählen wir beide, was wir behalten haben und können uns dabei gegenseitig ergänzen.«
»Fertig?«
Sie nickte. Er drückte auf einen Punkt, der sich sogleich blau färbte. »Hier berichten Hauskyld Gomez, Erster Xenist, Randall-Kontakt-Expedition, und Clio Yeremenko, Zweiter Xenist und illegaler Passagier nach den Statuten des Reisekodex. Es spricht Gomez, Hauskyld. Datum …«
Er beendete die Einleitung, und dann erzählten sie abwechselnd die Geschichte, korrigierten einander, wenn persönliche Interpretationen einflossen, waren sich jedoch meist einig.
»… handelt es sich nicht um einen Bericht im herkömmlichen Sinne«, erklärte Clio an einer Stelle. »Ich habe das seltsame Gefühl, dass ich mich an die Ereignisse aus dem Blickwinkel der beteiligten Personen
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