Kreuzzüge
setzte sich und legte den Arm um ihn. »Du bist in meinen Augen ein richtiger Politiker! Versuchst hier eine neue Oppositionspartei auf die Beine zu stellen … Nein, Andy! Dafür bin ich bestimmt nicht die Richtige. Ich will am liebsten mit diesem ganzen Politikquatsch so wenig wie möglich zu tun haben. Wenn du ehrlich bist, musst du zugeben, dass ich von meinem Job ohnehin mehr verstehe.«
Er nickte und drückte sie fest an sich. »Du bist sehr wohl für die Politik geeignet.«
Sie seufzte. »Irgendwie fühle ich mich immer noch wie ein blinder Passagier, wie ein Zeitreisender. Jetzt ist aber Schluss mit dem Thema, mein Teewasser ist heiß genug.«
Sie stand auf, ging zum Stövchen und warf die Zitrusschalen in das Wasser. Von allen randallanischen Pflanzen vermochte diese die Gelüste der Terraner nach einem wohlschmeckenden Heißgetränk am ehesten zu befriedigen. Die Frucht selbst war zu bitter, als dass man sie hätte essen können, aber wenn man die harte Schale abraspelte, ließ sich daraus ein herrlich duftender Tee bereiten. Clio beschloss, für heute nicht mehr über Politik zu reden.
Als sie mit dem Tee zurückkam, hatte Andy schon die große Öllampe gelöscht und stattdessen zwei Kerzen angezündet. Sie reichte ihm den Tee, und er nahm ihn dankbar an. Während sie einfach still beisammen saßen und ihren Tee tranken, sagte keiner von beiden ein Wort. Auch später nicht, als sie nebeneinander auf ihren Schlafmatten lagen. Sie hielten einen gewissen Abstand voneinander, weil es jetzt im Hochsommer selbst nachts noch so heiß war, dass man es kaum ertragen konnte.
Kapitel 3
Offiziell war Hauskyld der Berater von Dean, einem alten Adligen, der sich indes so gut wie nie im Büro blicken ließ. Als Clio am nächsten Morgen im Büro anfragte, ob sie Hauskyld sprechen könne, sagte man ihr zunächst, er wäre noch beschäftigt und sie müsse warten. Kurz darauf behauptete man, er sei gar nicht da, und als sie schließlich ungeduldig wurde, teilte man ihr mit, sie könne ihm ja eine Nachricht hinterlassen, wenn es unbedingt sein müsse. Während sie ein paar Worte auf einen Zettel kritzelte, überlegte sie, ob sie sich das wirklich gefallen lassen musste. Schließlich hatte sie als Mitglied des Lehrkörpers einen gewissen Respekt verdient, zumal die St. Johannes-Universität ein allseits anerkanntes Bildungsinstitut war.
Nach ungefähr einer halben Stunde – das schien ungefähr die Mindestzeitspanne zu sein, die man warten musste, um ins Allerheiligste vorgelassen zu werden – wurde ihr gesagt, Hauskyld würde sich jetzt freuen, sie zu sehen. Sie ging den überdachten Weg entlang bis zum Blockhaus, in dem die Universitätsverwaltung untergebracht war. Sie klopfte einmal und trat dann ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
Wie erwartet war von dem Dekan nichts zu sehen. Hauskyld saß an seinem Schreibtisch, und ihm gegenüber hockte Krish'pha, seines Zeichens Mitglied der Hochkrone. Um sie herum saßen oder standen etwa zehn Randallaner, die sie alle nicht kannte. Zwei von ihnen trugen die neuen Schärpen, die so gerne von den Mod'hruns kopiert wurden.
»Doktor Yeremenko. Schön Sie zu sehen. Wie können wir Ihnen helfen?«
»Bruder Hauskyld, bitte – ich heiße immer noch Clio. Ich habe nur ein paar Fragen an einen alten Freund. Aber wenn du zu beschäftigt bist, können wir auch ein anderes Mal …«
Er schüttelte den Kopf. »Wenn die Fragen nicht zu persönlich sind, werde ich sie gerne beantworten.«
Er legte eine besondere Betonung auf zu persönlich. Die anwesenden Randallaner schienen dem keine Bedeutung beizumessen, Clio indes war unangenehm berührt. Wie immer, wenn sie Hauskyld gegenüberstand, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als nicht die einzige Frau auf diesem Planeten zu sein.
»Keine Sorge, es geht um nichts Persönliches. Ich bin hier, weil Kuf mich darum gebeten hat. Er möchte gerne wissen, warum die Christlich Liberalen ausgerechnet ihn als Kandidaten für die nächste Wahl aufstellen wollen.«
»Warum? Vor allem weil ihn alle kennen, denke ich doch. Er ist ein christlicher Xhu'gha-Greif, und davon gibt es nicht viele. Wir sind der Ansicht, dass ausreichende Übereinstimmungen …«
»Wir?«
»Na ja, es ist doch ein offenes Geheimnis, wer ihr oberster terranischer Berater ist, oder nicht? Benutzt Komtur Kanegawa nicht auch diesen Ausdruck?«
Clio errötete. »Ich bin sicher, dass er das tut. Kuf wäre sicher eine guter Kandidat für eure Partei. Aber er hat den
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