Kreuzzug der Templer
Sichtweite der Pyrenäen war mir irgendwie zu einer zweiten Heimat geworden.
Viel hatten wir erlebt, aber noch mehr die Templer, die es nun geschafft hatten, ihr Kloster wieder aufzubauen. Diesmal größer und weitläufiger als zuvor. Da hatten die finanziellen Mittel aus der Veräußerung von Teilen des Templer-Schatzes ausgereicht, und es war noch genügend übrig geblieben, um das Kloster auch weiterhin finanziell über Wasser zu halten.
Zwei Flüge hatten wir hinter uns. Es gab einen direkten Flug bis nach Toulouse, aber da wäre die Maschine zu spät gestartet. So hatten wir den Flieger in Paris gewechselt und waren ebenfalls gut vorangekommen.
Der kleine Leih-BMW der Dreier-Reihe hatte uns dann durch eine schon herbstlich eingefärbte Landschaft in Richtung Alet-les-Bains gebracht, und wer die Sonne und warme Oktobertemperaturen liebte, der konnte sich über das prächtige Wetter freuen, das die Natur verwöhnte.
Aber es wurde um diese Zeit auch früher dunkel. Das merkten wir schon, denn die Sonne hing im Westen bereits über dem Horizont.
Ich hatte von unterwegs bewusst nicht im Kloster angerufen. Wir wurden erwartet, und vor allen Dingen hofften wir, dass es unserem Freund Godwin de Salier wieder besser ging. Nach dem Tod des Abbé Bloch hatte er die Führung des Klosters übernommen, und das war gut so gewesen, denn er machte seine Sache sehr ordentlich.
Suko hatte sich das Fahren nicht nehmen lassen, ich war auf der Reise zum Schläfer geworden. Erst die letzte halbe Stunde hatte ich richtig wach erlebt, aber auch fit, und das war am wichtigsten.
Der Motor war verstummt. Noch steckte der Schlüssel, und Suko fragte: »Soll ich hupen?«
Ich winkte ab. »Lass mal.«
»Okay.«
Wir stiegen aus. Warme Spätnachmittagsluft empfing uns und umwehte unsere Nasen. Ein erster leicht feuchter Herbstgeruch hatte sich bereits als unsichtbare Decke über die Landschaft gelegt, was mir sehr gefiel, und so atmete ich tief ein, bevor ich auf den Eingang zuschritt.
Die künstlichen Augen einer Kamera hatten uns schon längst entdeckt. Ich brauchte nicht zu klingeln, denn von innen her schwang die Tür auf. Vor mir stand ein Templer in schwarzer Hose und einem braunen Pullover. Sein volles blondes Haar war wellig nach hinten gekämmt.
Das Lächeln auf seinem Gesicht wirkte etwas zaghaft, als er sagte: »Willkommen bei uns im Kloster. Ich bin Daniel.«
»Dann haben wir miteinander telefoniert?«
»Richtig.«
Er ließ uns eintreten. Es war kühl wie immer. Ein klarer Geruch empfing uns. Ich schaute mich um und sah, dass sich seit meinem letzten Besuch im Bereich des Eingangs nichts verändert hatte. Der Eindruck, mein zweites Zuhause zu betreten, verdichtete sich noch mehr in mir.
Auch Suko wurde begrüßt, und mir brannte natürlich eine Frage auf der Zunge.
»Wie geht es Godwin?«
Daniel lächelte. »Er wartet auf euch.«
»Das ist gut.«
»Kommen Sie mit.«
Den Weg kannten wir, trotzdem ließ Daniel es sich nicht nehmen vorzugehen. Wir schritten durch eine Stille, die mir ebenfalls nicht unbekannt war. Jeder ging hier einer Tätigkeit nach. Ob es sich nun um Studien handelte oder es um handwerkliche Arbeiten ging, es lief alles recht leise ab.
Vor der Tür zu Godwin’s Arbeitszimmer blieben wir für einen Moment stehen. »Ich ziehe mich dann zurück«, erklärte Daniel, klopfte aber trotzdem an, bevor er ging.
Ich öffnete und schob mich vor Suko über die Schwelle in einen uns sehr bekannten Raum. Ich war gespannt, was mich erwarten würde. Irgendwo hatte ich ein seltsames Gefühl. Es sah zwar alles aus wie immer, nur war es leider nicht so.
Der Templer hatte uns gehört. Er saß an seinem Schreibtisch und hatte uns sein Gesicht zugewandt. Das Lächeln wollte mir nicht so recht gelingen, als ich ihn sah. Ich musste mich anstrengen, um meinen Schreck nicht zu zeigen.
Godwin sah zwar nicht aus wie ein alter Mann, nein, er machte allerdings den Eindruck eines Menschen, der einiges hinter sich hatte. Er wirkte erschöpft und enttäuscht zugleich. Das Pflaster auf seinem Gesicht war nicht zu übersehen.
Doch seine Augen leuchteten, als er sah, wer ihn da besuchte. »John... Suko...«, er musste schlucken, weil ihm die Stimme beinahe versagte. »Verdammt, das ist... das ist... dass ihr überhaupt gekommen seid.«
»Wir hatten es versprochen.«
»Ja, ich weiß. Es ist nur...« Er bewegte seinen rechten Arm. Es sah müde aus, und mit einer ebensolchen Bewegung strich er auch durch sein Gesicht. Sein
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