Kreuzzug gegen den Gral
Daniels Lieblingsschüler und der Gräfin von Carcassonne unglücklicher Paladin ... n
Wie die romanischen Troubadoure lebten, liebten, lachten und weinten hat uns einer erzählt, der sie sah und kannte: ihr Biograph Michael von La Tour. Der weiß uns mehr von den »Reimern« zu erzählen als irgendwer. Wir wollen uns einige seiner Berichte in freier Übertragung anhören.
Herr Raimon von Miraval 12 war ein armer Ritter aus der Gegend von Carcassonne. Aber durch sein schönes Dichten und Reden - er wußte in Minne und Frauendienst wohl Bescheid - wurde er von dem Grafen von Toulouse sehr geehrt und geschätzt. Dieser Graf gab ihm Pferde, Kleider und Waffen. Und er war des Grafen Vasall, wie der des Königs Peter von Aragon, des Vizegrafen von Beziers, des Herrn Bertran von Saissac und aller großen Barone jener Gegenden. Es gab nirgends eine angesehene Dame, die nicht seine Minne oder wenigstens sein vertrauliches Wohlwollen begehrte. Er wußte nämlich besser als irgend jemand Damen zu feiern und zu ehren. Aus diesem Grunde hielt es jede für eine Ehre, Raimon von Miraval zum Freund zu haben. Er liebte manche Dame und erfand deshalb viel gute Lieder. Aber alle Welt wußte, daß er nie Gutes (ich möchte das Wort ben so diskret übersetzen wie es ist) empfing von irgendeiner Dame nach dem Rechte der Minne. Alle betrogen sie ihn.
Mich quält ein doppeltes Bestreben;
Lieb' oder Geist, wem soll ich trauen?
Sing' oder sing' ich nicht zu Frauen,
Solang' ich weile hier im Leben?
Gründe hab' ich groß und schwer.
Daß ich singe nimmermehr.
Doch sing' ich schon, denn Lieb' und Jugendsinn Lehren mich, reizen mich, reißen mich hin. 13
Peire von Auvergne, Sohn eines Bürgers, war aus dem Bistum von Clermont gebürtig. Er war ein kluger, sehr gelehrter, schöner und angenehmer Mann. Gut dichtend und singend war er der erste wirklich gute Troubadour des Landes und fand bestimmt die allerbesten Reime in seinem Gedicht:
Wenn kurz der Tag und lang die Nacht Und grau das Firmament und braun,
Dann ist's, daß meine Kunst erwacht,
Dann blühn und reifen meine Au'n.
Er wurde geehrt und geschätzt von allen angesehenen Herren, Baronen und Damen und für den besten Troubadour gehalten, bis zu dem Tage wo Guiraut von Borneil zu reimen begann. Peire von Auvergne sagte von sich:
Peire von Auvergnes Stimme hallt Wie Froschgequak im Sumpf erschallt,
Er prahlt mit seinen Melodein.
Doch hat er fast zu viel Verstand,
Daß zu verstehn ihn große Pein.
Lachlustig dieses Liedlein fand Ich zu Poivert bei Fackelschein.
Der Dauphin von Auvergne, in dessen Land er zur Welt kam, erzählte mir - dem Michael von La Tour -, daß der Troubadour lange in dieser Welt lebte und daß er dann ... (Lücke im Text) ... und daß er zuletzt Buße tat.
Guillem von Cabestaing war aus dem Roussillon, das an Katalonien und an das Narbonnesische grenzt. Er war ein sehr angesehener Mann und geschickt in Waffentaten, ritterlicher Artigkeit und Frauendienst. In seiner Heimat gab es eine Dame namens Donna Soremonda. Sie war die Gattin Herrn Raimons vom Schloß Roussillon, der sehr vornehm, böse, ungestüm, heftig, reich und stolz war. Herr Guillem von Cabestaing liebte die Dame mit Minne und dichtete Lieder auf sie. Die Dame, die jung, fröhlich, edel und schon war, wollte ihm »Besseres« (ben maior = mehr »Gutes«) antun als irgend jemand auf der Welt. Das wurde dem Herrn Raimon vom Schloß Roussillon hinterbracht. Der ließ, als zorniger und eifersüchtiger Mann, seine Frau bewachen und als er eines Tages den Guillem von Cabestaing allein antraf, tötete er ihn, riß ihm das Herz aus der Brust und hieb ihm den Kopf ab. Das Herz ließ er rösten, in Pfefferbrühe zurichten und gab es seiner Frau zu essen. Nach dem Mahle fragte er sie: »Wisset Ihr, was Ihr gegessen habt?« Die Dame antwortete: »Nein, aber es war eine sehr gute und schmackhafte Speise.« Er sagte ihr, daß, was sie gegessen habe, das Herz des Herrn Guillem von Cabestaing gewesen sei und ließ als Beweis dafür den abgeschlagenen Kopf vor sie bringen. Als die Dame das sah und hörte, verlor sie Sehen und Hören. Und als sie wieder zu sich kam, sagte sie: »Herr, Ihr habt mir eine so gute Speise vorgesetzt, daß ich nie wieder etwas anderes essen werde.« Dann lief sie zu ihrem Balkon und stürzte sich in die Tiefe. So starb sie. Im Roussillon und im ganzen Lande Katalonien wurde gar bald bekannt, daß Herr Guillem von Cabestaing und Donna Soremonda so elendiglich umgekommen seien,
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