Kreuzzug gegen den Gral
Ursache zahlloser Übel und Leiden. Der Stoff enthält das Prinzip des Todes, dem keine Kreatur entrinnen kann.
Aus dem Gegensatz zwischen unvollkommener Materie und vollkommenem Gott, zwischen einer Welt voller Elend und einem Gott, der die Liebe selbst ist, zwischen Wesen, die nur geboren werden, um zu sterben und einem Gott, der ewiges Leben ist, zogen sie den Schluß, daß das, was vollkommen und das, was es nicht ist, unvereinbar miteinander sind. Unvollkommenes kann nicht von Vollkommenem verursacht sein. Stellt doch die Philosophie den Satz auf, zwischen Ursache und Wirkung müsse eine Analogie bestehen. Ist die Ursache unveränderlich, so müssen es die Wirkungen auch sein. Deshalb, kann die irdische Welt und können die irdischen Kreaturen nicht von einem Wesen entgegengesetzter Natur geschaffen sein.
Wenn die Schöpfung von einem guten Gott kommt, weshalb hat er sie nicht vollkommen wie er selbst geschaffen? Hat er sie vollkommen schaffen wollen, es aber nicht tun können, dann ist er nicht allmächtig und selbst nicht vollkommen. Wenn er sie vollkommen hat schaffen können, es aber nicht hat tun wollen, so wäre das nicht zu vereinbaren mit vollkommener Liebe. Also hat Gott die irdische Welt nicht geschaffen! 70
Ob das ein Gott, ein kranker, ist zu nennen,
Der eine Welt in Fieberglut errichtet Und bald im Trost des Fiebers sie vernicktet?
Ist Weltgeschick sein Frieren nur und Brennen?
Ist's nur ein Götterkind, dem diese Welt Als buntes Spielgeräte zugefallen,
Das bald sich dran ergetzt, bald es zerschellt Und seine Wünsche nur vermag zu lallen?
Lenau: Die Albigenser
Auf dieser Welt ereignen sich viele Dinge, die wohl kaum mit göttlicher Vorsehung und göttlichem Willen etwas zu tun haben, denn wie könnte man glauben, daß Gott so viel Unordnung und Verwirrung zulasse? Und wie könnte man glauben, daß alle Geschöpfe, die keinen anderen Zweck zu erfüllen haben als den Menschen zu stören und zu quälen, von einem Schöpfer stammen, der voller Güte für die Menschen ist? Wie einem solchen Gott Überschwemmungen zuschreiben, die Felder verwüsten und Menschen töten, oder das Feuer, das die Hütte des Armen zerstört und dessen sich unsere Feinde bedienen, um uns, die wir nur die Wahrheit suchen und wollen, auszutilgen, meinten die catharischen Albigenser. Und wie hätte ein vollkommener Gott dem Menschen einen Körper geben können, der doch nur da ist um zu sterben, nachdem ihn Leiden aller Art gemartert haben?
Die Cathari sahen in der sichtbaren Schöpfung zu viel Absicht, um sie nicht einer intelligiblen Ursache zuzuschreiben. Aus dem Prinzip von der Analogie zwischen Ursache und Wirkung schlossen sie, daß schlechte Wirkungen von schlechter Ursache herkommen, und daß die Welt, die nicht von einem guten Gott geschaffen worden sein kann, als Schöpfer ein schlechtes Prinzip haben muß. Dieses dualistische System, wie wir es bereits im Mazdaismus, Druidismus und in der pythagoräischen Philosophie gefunden haben, basiert auf dem fundamentalen Gegensatz zwischen Gut und Böse.
Die Ansicht der Kirchenlehrer, daß das Übel zwar Gegensatz des Guten sei, deswegen aber nicht einem Sonderprinzip zugeteilt zu werden brauche, da es nur eine Verneinung oder das Fehlen des Guten ist, glaubten die Cathari mit dem Neuen Testament selbst widerlegen zu können.
Wenn der Versucher zu Christus sagt: »Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest« 71 , wie hätte er es ihm anbieten können, wenn es nicht ihm gehört hätte; und wie könnte es ihm gehören, wäre er nicht der Schöpfer? Wenn Christus von Pflanzen spricht, die sein Vater im Himmel nicht gepflanzt hat, so beweist das, daß sie von jemand anderem gepflanzt sind. Wenn der Evangelist Johannes zeugt von »Gottes Kindern 72 , welche nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches geboren sind«, von wem sind dann die aus Fleisch und Blut geborenen Menschen? Wessen Kinder sind sie, wenn nicht die eines anderen Schöpfers, wenn nicht die des Teufels, der nach Christi eigenen Worten »ihr Vater« ist?
Ihr seid von dem Vater, dem Teufel. Er ist ein Mörder von Anfang und ist nicht bestanden in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Er ist ein Lügner und ein Vater derselben. Wer von Gott ist, der höret Gottes Worte; darum höret ihr nicht, denn ihr seid nicht von Gott.
Joh. VIII, 44, 47
Alle Stellen des Neuen Testamentes, an denen von dem Teufel die Rede ist, vom Kampf zwischen Fleisch und Geist, dem
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