Kreuzzug gegen den Gral
auf daß diese »Quelle des Übels« beseitigt werde. Die romanische Geistlichkeit war über die Reformbemühungen Rainiers durchaus nicht erfreut. Sie versuchte auf alle nur denkbare Weise dessen Mission zu erschweren, und es hätte nicht viel gefehlt, so hätte sie mit den Ketzern gegen den heiligen Stuhl gemeinsame Sache gemacht.
Als der Legat Rainier im Sommer 1202 erkrankte, wurde er durch Peter und Raoul, zwei Mönche aus der unweit Narbonne gelegenen Zisterzienserabtei Fontfroide, ersetzt.
Peter und Raoul begannen ihre Mission in Toulouse. Dort war gerade Raimon VI. seinem großen Vater, dem Mäzen der Troubadoure, gefolgt. Bereits zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt war er von Papst Cölestin III. »wegen seiner Gewalttaten gegen Kirchen und Klöster« exkommuniziert worden. Innocenz III. sprach ihn im Jahre 1198 vom Kirchenbann los ...
Raimon VI. stand in engster Beziehung mit der catharischen Sekte. Bei seinen Reisen und Fehden hatte er stets einige »Vollkommene« in seinem Gefolge und trug - das warf ihm die Kirche am meisten vor - ein Neues Testament mit sich, um im Krankheitsfalle oder bei einer tödlichen Verletzung das consolamentum erhalten zu können. Er nahm regelmäßig an den ketzerischen Versammlungen teil, für die er die Prunksäle seines eigenen Schlosses zur Verfügung gestellt hatte. »Wie alle Gläubigen kniete er nieder, wenn die Vollkommenen ihre Gebete sprachen, ließ sich von ihnen segnen und den Friedenskuß geben. Er er-mahnte seine Vasallen und Troubadoure, seinem Beispiel zu folgen und scheute sich nicht, öffentlich seine Abneigung gegen Rom und seine freundliche Gesinnung für den Catharismus zu bekennen.« 111 Die päpstlichen Legaten vermochten nichts auszurichten. Innocenz III. erklärte, »es bedürfe einer neuen Sintflut, um das Land von Sünde zu reinigen und für ein neues Geschlecht vorzubereiten.« Er entschloß sich jetzt, die ganze Strenge der Kirche aufzubieten ...
Den beiden Mönchen von Fontfroide, die ihn entmutigt um Abberufung gebeten hatten, gab er als Führer den »Abt der Äbte« Arnold von Ci-teaux 112 , das Haupt des großen Zisterzienserordens, einen finsteren unversöhnlichen Mann voller Eifer für die Sache der Kirche. Ende Mai des Jahres 1204 bildete Innocenz die neue aus Arnold und seinen Mönchen von Citeaux und aus Peter von Castelnau und seinen Mönchen von Fontfroide bestehende Kommission und stattete sie mit außerordentlichen Vollmachten aus. Aber das Auftreten der Legaten und ihrer Begleiter war nicht geeignet, ihnen den angestrebten Erfolg zu sichern. Sie durchzogen das Land auf prachtvollen Zeltern mit einem Heer von Dienern. Man kann sich den Erfolg vorstellen, da die romanischen Häresien dem römischen Klerus in erster Linie Üppigkeit und Luxus vorwarfen. »Seht«, rief das Volk aus, »diese Leute wollen uns von unserem Herrn Jesus Christus predigen, der arm war und barfuß ging!« Jedesmal, wenn die Zisterziensermönche ihre Bekehrungsversuche beginnen wollten, wendeten sich ihre Zuhörer achselzuckend und spöttisch lächelnd von ihnen ab. Die Legaten begannen schließlich zu verstehen, daß ihre Bemühungen aussichtslos waren. Vollkommen entmutigt, waren sie mehr als je zuvor entschlossen, den Papst um ihre Abberufung zu bitten.
Da trafen sie zufällig in Montpellier Diego von Azevedo, Bischof von Osma und seinen Subprior Domingo von Guzman, die gerade von Rom kamen, wo ihnen Papst Innocenz die erbetene Erlaubnis versagt hatte, das Bistum Osma aufzugeben und sich fortan nur noch der Bekehrung der Ketzer widmen zu dürfen. Als Diego erfuhr, daß die Legaten die begonnene Arbeit abbrechen wollten, riet er ihnen, ihr glänzendes Gefolge und ihren weltlichen Pomp aufzugeben und barfüßig und arm wie die Apostel unter das Volk zu gehen. Vielleicht hätten sie so mehr Er-folg. Der Gedanke war so neu, daß die Gesandten zunächst Bedenken trugen. Als aber Diego von Azevedo sich bereit erklärte, mit gutem Beispiel voranzugehen und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen, befolgten sie seinen Rat. Und Peter von Castelnau, Arnold von Citeaux, Diego von Azevedo, Domingo von Guzman, die Mönche von Fontfroide und von Citeaux verließen Montpellier und wanderten nunmehr in härenen Kutten und barfuß durch das verketzerte Romanien, das wahre Evangelium der römischen Kirche predigend.
Roms Legaten, sowie die Cathari und die Waldenser beriefen sich nun zu gleicher Zeit darauf, die wahren Nachfolger Christi zu sein. Arm, wie er, predigten sie
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