Kreuzzug gegen den Gral
das alleinseligmachende Evangelium.
»Wahrlich ich sage euch:
Selig sind die Verfolgung leiden
Um der Gerechtigkeit willen.
Denn ihrer ist das Himmelreich ...«
Zu zweit oder zu dritt wanderten Roms Legaten predigend durch die Südprovinzen. Der Erfolg ließ zu wünschen übrig. Sie sahen sich gezwungen, die Herausforderung der Cathari anzunehmen, die in öffentlichen Konferenzen feststellen lassen wollten, wer den Lehren des Evangeliums näher stehe. Es fanden mehrere Konferenzen statt, von denen die in Pamiers (1207) die wichtigste war. 113
Pamiers, ein Städtchen im nördlichen Teil der Grafschaft Foix, an den Ufern der Ariege, war seit dem Jahre 1204 der Witwensitz Esclarmon-des, der Infantin von Foix und Vicomtesse von L'Ille-Jourdain und Gi-moez ...
Wir wissen, daß Esclarmonde mit dem Vicomte Jordan aus dem berühmten Hause von Comminges und Selio vermählt gewesen war. Nach dem Tode ihres Gatten hatte sie auf die ihr günstigen Klauseln seines Testamentes verzichtet und die Gaskogne verlassen, um in das ihr von ihrem Bruder Ramon-Roger als Witwensitz angewiesene Castellar von Pamiers überzusiedeln. Pamiers war unter Esclarmonde die »Metropole« des mystischen Romaniens, das catharische Ebenbild des chevaleresken
Toulouse geworden. Auf ihr Castellar kamen aus den Höhlen des Sa-barthes und des »Schwarzen Gebirges« die Ketzerphilosophen, um mit Esclarmonde die Weisheiten Platos und des Evangelisten Johannes zu enträtseln.
Dorthin hatte Esclarmonde mit Erlaubnis ihres Bruders die päpstlichen Legaten und die berühmtesten Cathari eingeladen. Die Einzelheiten dieser Konferenz sind uns nur ungenügend bekannt. Ein Umstand jedoch erhellt, wie sehr Roms Legaten dabei in die Enge getrieben wurden. Als Esclarmonde Rom den blutigen Albano-Kreuzzug zum Vorwurf machte, rief ihr ein erboster Mönch zu:
»Madame, Sie sollten bei Ihrer Spindel bleiben! Sie haben in einer solchen Versammlung nichts zu suchen!«
An der Konferenz von Pamiers nahmen von Roms Seite der Bischof von Osma und Domingo, sein Subprior teil. Kein Dokument berichtet uns, ob Domingo in die Diskussion eingegriffen hat. Vielleicht war für den »Heiligen Dominik« die Zeit seiner Wunder noch nicht gekommen.
Die Konferenz von Pamiers war den Cathari nur ein Beweis mehr für die unerhört ernste Lage. Schon ein Jahr vorher hatte Gauceli, der Patriarch des ketzerischen Aquitaniens, einige hundert »Vollkommene« und unzählige »Gläubige« in der »Tour« Pierre-Rogers von Mirepoix versammelt. Man ahnte, daß die Kirche die Unmöglichkeit, mit Missionaren und Konferenzen die Ketzerei zu unterdrücken, bald genug einsehen und zur Gewalt greifen werde. Man faßte deshalb den Entschluß, von Esclarmonde und ihrem Vasallen Ramon von Perelha dessen Schloß Montsegur als letzte Zuflucht in den Tagen der Not zu erbitten. Der Patriarch begab sich mit einer Eskorte von Ketzerbischöfen, Diakonen und Rittern zuerst zu Ramon von Perelha und dann auf das Castellar von Pamiers zu Esclarmonde, deren Witwendomänen die Taborberge waren. Ramon, einer der dem Catharismus ergebensten »Mondsöhne«, war sofort bereit, die Burg Montsegur auszubauen und durch Vorwerke zu verstärken. Esclarmonde erfüllte, als sie ihre Zustimmung gab, nur ihren eigenen Wunsch, die Parakletenburg und den Tabor gesichert zu wissen.
So wurde Montsegur, der »Abelliotempel«, das castellum montis securi, die den heiligen Berg Tabor, Romaniens Parnaß, schützende Burg verstärkt und ausgebaut. 114 Wie eine Arche konnte sie noch ein halbes Jahrhundert hindurch der Flut von Blut und Verbrechen trotzen, die nun bald über Romanien hereinbrechen und seine Zivilisation und Kultur ertränken sollte.
Domingo von Guzman ließ sich in Fanjeaux nieder, von wo aus er Montsegur überwachen konnte. In Fanjeaux gelang es Domingo »durch die Erfindung des Rosenkranzes, die Jungfrau Maria endlich zur Ausrottung der Ketzerei zu bewegen.« Von Fanjeaux sollte auch die Inquisition in die Welt hinausgehen, die sie Jahrhunderte hindurch wie ein furchtbarer Alpdruck quälte.
Peter von Castelnau hatte inzwischen den Grafen von Toulouse kurzerhand exkommuniziert und seine Länder mit dem Interdikt belegt. Am 29. Mai 1207 bestätigte der Papst das Urteil seines Legaten. Innocenz III. kündigte dem Grafen von Toulouse die Rache Gottes für das Diesseits und das Jenseits an. Er selbst werde im Namen Gottes die christlichen Fürsten auffordern, ihn aus Toulouse zu vertreiben und sie bevollmächtigen, seine
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