Kreuzzug gegen den Gral
dem Tode ausliefere!
»Der Ketzer Namen stehen nicht geschrieben in dem Buche des Lebens; ihre Leiber werden hier verbrannt, und ihre Seelen werden in der Hölle gepeinigt«, frohlockte ein rechtgläubiger Chronist.
Die Kirche war nicht damit zufrieden, ihre Macht nur die Lebenden fühlen zu lassen. Auch die Toten verschonte ihre grausame Hand nicht. Ein Musterbeispiel für die Verurteilung toter Ketzer hatte bereits im Jahre 897 Papst Stephan der Siebente gegeben. Dieser Statthalter Gottes hatte den Leichnam seines Vorgängers, des Papstes Formosus, ausgraben lassen, um ihn als Ketzer verurteilen, ihm zwei Finger von der rechten Hand abhauen und ihn dann in den Tiber werfen zu lassen. Es gelang aber einigen mitleidigen Menschen, den ketzerischen Heiligen Vater wieder herauszufischen und ihn von neuem der Erde zu übergeben. Im Jahre darauf erklärte Papst Johann der Neunte den Prozeß für ungültig und ließ durch eine Synode verkünden, niemand könne nach dem Tode verurteilt werden, da jedem Angeklagten die Möglichkeit zur Verteidigung gegeben werden müsse. Das hinderte Papst Sergius den Dritten nicht, im Jahre 905 den Leichnam des Papstes Formosus abermals ausgraben, in päpstliche Gewänder kleiden, auf einen Thron setzen, ihn feierlich verurteilen, enthaupten, ihm drei weitere Finger abhauen und ihn in den Tiber werfen zu lassen. Als die Überreste des Geschändeten von einigen Fischern aus dem Flusse gezogen und zur Kirche des heiligen Petrus gebracht wurden, sollen sich die Bilder der Heiligen vor ihm verneigt und ihn voll Verehrung gegrüßt haben.
Die Inquisitoren hatten von den sich widersprechenden Urteilen der Kurie dasjenige angenommen, das vorschrieb, Tote, deren Ketzerei erst nach ihrem Ableben entdeckt wurde, müßten ausgegraben und wie bei Lebzeiten behandelt werden. Man verbrannte also die Kadaver und streute ihre Asche in die vier Winde. Zögerten die weltlichen Behörden mit der Exhumierung eines Häretikers, so wurde ihnen Ausschließung aus der kirchlichen Gemeinschaft, Wegnahme der kirchlichen Gnadenmittel und Anklage wegen Ketzerei angedroht.
Eine der ersten Amtshandlungen des Papstes Innocenz des Dritten war folgender Erlaß:
»In den Ländern, die unserer Jurisdiktion unterworfen sind, ist das Eigentum der Ketzer zu konfiszieren. 133 Was die anderen Länder betrifft, so gebieten wir den weltlichen Fürsten und Machthabern, die gleichen Maßregeln zu ergreifen, wenn sie nicht durch kirchliche Zensuren dazu gezwungen werden wollen. Weiterhin stellen wir anheim, daß Ketzern, die von ihrem Irrglauben ablassen, das Eigentum nicht zurückgegeben werden soll, es sei denn, daß dies jemand aus Mitleid tun will. Gleichwie nach dem weltlichen Gesetz Majestätsverbrecher mit dem Tode und der Konfiskation ihrer Güter bestraft werden, und wie ihren Kindern nur aus Gnade und Barmherzigkeit das Leben gelassen wird, so sollen diejenigen, die von dem Glauben abirren und den Sohn Gottes lästern, von Christo losgelöst und ihrer weltlichen Güter beraubt werden. Ist es doch ein weit größeres Verbrechen, die geistliche als die weltliche Majestät anzugreifen!«
Dieser päpstliche Erlaß wurde in das kanonische Recht aufgenommen. In Nachahmung des römischen Gesetzes über die Majestätsbeleidigung galt das Eigentum des Ketzers als verwirkt. Diese Gier nach der Habe der unglücklichen Opfer ist besonders deshalb abstoßend, weil die Kirche den Anlaß dazu gab. Ihr Vorgehen mag bis zu einem gewissen Grade die weltlichen Behörden entschuldigen, die sich nach und nach daran gewöhnten, nicht weniger gierig Hab und Gut der Häretiker zu beschlagnahmen. Wohl nirgends in der Geschichte hat sich der Eifer, aus dem Unglück der Mitmenschen Gewinn zu ziehen, in so abstoßender Weise gezeigt, als bei diesen Geiern, die den Spuren der Inquisition folgend sich an dem Elend mästeten, das diese angerichtet hatte.
Durch derartige Konfiskationen nahmen die Einkünfte des Bistums Toulouse so zu, daß Papst Johann der Zweiundzwanzigste im Jahre 1317 daraus sechs neue Bistümer machen konnte. Dieser Papst hinterließ übrigens, wie uns die zeitgenössischen Chronisten berichten, ein Privatvermögen von fünfundzwanzig Millionen Goldgulden. Historiker haben allerdings in der Zwischenzeit diese Summe mit Hilfe von Gelahrtheit und Logik auf eine Million Goldgulden zusammenschrumpfen lassen; sie ließen nur die Tatsache unangefochten, daß die jährlichen Einnahmen dieses Papstes zweihunderttausend Goldgulden
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