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Kreuzzug gegen den Gral

Kreuzzug gegen den Gral

Titel: Kreuzzug gegen den Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Rahn
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bedeutete Zustimmung. Wurde ein Geständnis zurückgenommen, so konnte der Angeklagte zur »Fortsetzung der Folter« - nicht zur »Wiederholung«, wie es ausdrücklich heißt - den Knechten übergeben werden, da er noch »nicht genügend« gefoltert worden sei. Bei einer solchen Methode konnten die Inquisitoren verurteilen, wen sie nur wollten.
    Zeigte ein Ketzer nach der Verurteilung Reue, oder handelte es sich um einen »Vollkommenen«, der abgeschworen hatte, so wurde er aus Verdacht nur in Todesfurcht gestanden zu haben, zur Mauer 132 verurteilt: murus largus oder zum murus strictus, beide nur bei Wasser und , von den Inquisitoren »Brot des Schmerzes und Wassser der Trübsal« genannt.
    Der murus largus stellte eine verhältnismäßig leichte Gefängnisstrafe dar, während der murus strictus alles enthielt, was menschliche Grausamkeit ersinnen konnte. Der Gefangene wurde in eine winzige fensterlose Zelle eingekerkert und mit Händen und Füßen an die Wand geschmiedet. Die Nahrung wurde durch eine zu diesem Zweck angebrachte Öffnung dem Eingekerkerten zugeschoben. Der murus strictus war das Grab, das man spöttisch das vade in pacem nannte: gehe hin in Frieden ...
    Die päpstlichen Verordnungen bestimmten, daß diese Gefängnisse so klein und dunkel wie möglich zu sein hätten. Diese Bestimmung wurde von den Inquisitoren buchstäblich befolgt. Sie erfanden deswegen eine noch gräßlichere Gefängnisstrafe, die sie als murus strictissimus be-zeichneten. Welche Qualen die Opfer hier erleiden mußten, verschweigen die Inquisitionsregister wohlweislich. Sie haben gut daran getan. Verharrte ein »vollkommener« Ketzer bei seinem Glauben, so wurde er dem weltlichen Arm übergeben, eine Verurteilung, die nur einen Euphemismus für Feuertod darstellt. Wenn die weltlichen Behörden zögerten das Todesurteil an einem Ketzer zu vollziehen, so machte die Kirche rücksichtslos von allen ihr zu Gebote stehenden Machtmitteln Gebrauch, um sie zum Gehorsam zu zwingen.
    Nach Ansicht des toulouser Inquisitors Bernard Gui mußten folgende Gesichtspunkte seine Amtsbrüder bei der Ausübung ihres frommen Tuns leiten: »Der Zweck der Inquisition ist die Vernichtung der Ketzerei; die Ketzerei kann aber nicht vernichtet werden, wenn die Ketzer nicht vernichtet werden; die Ketzer können nicht vernichtet werden, wenn ihre Beschützer und Begünstiger nicht vernichtet werden. Das kann aber auf eine zweifache Weise geschehen: indem man die Ketzer zum wahren katholischen Glauben bekehrt oder sie dem weltlichen Arm zur leiblichen Verbrennung ausliefert.«
    Ehe man einen Häretiker den weltlichen Behörden übergab, bat man sie, diese Bestrafung möge so ausgeführt werden, daß sie den kanonischen Gesetzen entsprechend keine Gefahr für Leib und Leben zur Folge habe. Daß diese »Bitte« ein heuchlerische Umgehung der römischen Kanones darstellte, möge die allerdings nicht in diesem Sinne niedergeschriebene Beweisführung des heiligen Thomas von Aquin erhellen: »Ketzer dürfen unter keinen Umständen geduldet werden. Die liebevolle Barmherzigkeit der Kirche gestattet zwar, daß sie verwarnt werden, muß sie aber, falls sie sich hartnäckig zeigen, dem weltlichen Arme ausliefern, auf daß sie durch den Tod aus der Welt geschafft werden. Bezeugt das nicht die grenzenlose Liebe der Kirche? Darum wird auch der reuige Ketzer stets zur Buße angenommen, und darum wird sein Leben geschont. Wird er aber rückfällig, so kann er seines Seelenheils wegen zwar zur Buße zugelassen, von der Todesstrafe aber nicht befreit werden.«
    Die Inquisitoren zauderten übrigens nie zuzugestehen, daß die Übergabe eines Ketzers an den weltlichen Arm einem Todesurteil gleichkomme. Um die Kirchen nicht zu entweihen, verkündeten sie ihre Urteile nicht innerhalb der heiligen Mauern, sondern auf öffentlichen Plätzen, wo auch die Scheiterhaufen aufgerichtet und die Opfer verbrannt wurden.
    Die Kirche betrachtete die Ketzerverbrennung als eine so hervorragend fromme Tat, daß sie jedem, der Holz für den Scheiterhaufen herbeibrachte, einen vollkommenen Ablaß gewährte. Außerdem schärfte sie allen Christen ein, es sei ihre höchste Pflicht, die Ausrottung der Ketzer zu unterstützen, und lehrte sie sogar, sie müßten diese ohne jede menschliche oder göttliche Rücksicht den Kirchenbehörden anzeigen. Kein Verwandtschaftsband dürfe als Entschuldigung dienen: der Sohn müsse den Vater verraten, der Gatte werde schuldig, wenn er sein ketzerisches Weib nicht

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