Kreuzzug
können. Das schafft ein großes Informationsungleichgewicht zu unseren Ungunsten. Und das ist eine schlechte Verhandlungsposition.«
»Wir haben alle möglichen Sprengstoffhunde aus Bayern angefordert«, berichtete der anwesende Bundeswehroffizier Major Mainhardt. »Aber auf den Gipfel bekommen wir die jetzt nicht mehr. Höchstens huckepack von Gebirgsjägern getragen durch das Reintal . Und das ist bei diesem Schneesturm praktisch unmöglich. Es würde bei strahlendem Sonnenschein schon mindestens acht Stunden dauern.«
»Gehen wir doch einfach vom Schlimmsten aus«, meinte Dembrowski. »Was könnten die dort oben vermint haben?«
Zugspitzbahnchef Hans Falk meldete sich zu Wort. »Im schlimmsten Fall nicht nur unsere Seilbahn, wovon ich ausgehe, sondern auch die Fundamente der Gipfelstationen. Unsere zum Beispiel sitzt dort oben wie ein i-Tüpfelchen auf dem Fels. Ist alles sauber betoniert, aber die Tragseile der Seilbahn gehen durch die Station hindurch und sind auf der Rückseite des Berges unterhalb des Gebäudes im Fels verankert. Die Seile laufen also über den Gipfel und halten durch ihr Gewicht die Station darauf fest. Technisch brillant, die Lösung. Doch wenn die Terroristen es schaffen, die Verankerungen auszusprengen, zieht das Gewicht der Seile zwei riesige Betonklumpen mit irrsinniger Wucht durch die Station. Ich weiß nicht, ob die dabei nicht ganz zu Tal gerissen wird.«
»Tausende von Toten«, befürchtete der THW -Mann. »Auf der österreichischen Seite liefen die Tragseile an der Gipfelstation vorbei, doch dort gibt es nur noch ein Tragseil.«
»Weiter im Text«, forderte Kerstin Dembrowski. »Was kann passieren?« Die Männer saßen alle schon lange Stunden vor ihren Bildschirmen und hatten ein Horrorszenario zu verwalten, ohne etwas dagegen ausrichten zu können. Die Motivation tendierte mittlerweile nahezu gegen null. Sie brauchten neuen Anschub, um den Verstand in Schwung zu bringen. »Alles, was wir wissen, hilft den Menschen dort oben!«
»Sie könnten das SonnAlpin vermint haben«, sagte August Falk. »Das ist im Grunde ein ganz normaler Betonbau. Er ist komplett unterkellert, vom Gipfelbahnhof Zugspitzplatt bis zu den Pistenraupengaragen. Wenn man die tragenden Säulen sprengt, fällt das Ganze zusammen.«
»Wie wahrscheinlich ist das im Vergleich zu der Geschichte mit den Seilen?«, hakte Dembrowski nach.
»Viel wahrscheinlicher. Durch den Bahnhof unter dem SonnAlpin gehen täglich mehrere tausend Menschen. Da herrscht in Spitzenzeiten ein Gewusel wie in einem Großstadtbahnhof. Fällt niemandem auf, wenn da an den richtigen Stellen Bomben plaziert werden. In jedem Herbst während der Revisionspause wird innen alles dampfgestrahlt und neu bemalt. Da würden solche Pakete schon auffallen. Aber wenn sie die seit Dezember irgendwo deponiert haben … Die Verankerungen der Tragseile sind hingegen so angebracht, dass man jederzeit von der Gipfelstation aus sehen würde, wenn sich jemand daran zu schaffen macht. Müssten die, wenn, im Hochsommer gemacht haben, mit Bohrungen und so weiter. Seit Oktober liegt da ja immer mehr Schnee darauf, derzeit über fünf Meter.«
»Also, wir haben jetzt ein wahrscheinliches und ein weniger wahrscheinliches Szenario, mit dem sie uns drohen können, jeweils ein paar hundert oder tausend Menschen umzubringen, richtig?«, fragte Kerstin Dembrowski in die Runde und erntete ein einmütiges Nicken. »Was werden sie also, bei allen Erfahrungen, die wir mit ihnen gemacht haben, tun?«
Die Männer blickten sie fragend an.
»Richtig, das Unwahrscheinliche. Auf den Gipfel haben sie es abgesehen. Denn, meine Herren, dort gibt es nicht nur Tausende von Unschuldigen, die man mit einem Handstreich töten kann, sondern auch ein symbolisches Ziel, die meistverwendete Marke der Welt.«
August Falk fiel nichts außer dem Wort »Coca-Cola« ein. Es lag ihm auf der Zunge, aber angesichts des Ernstes der Situation wagte er es nicht auszusprechen.
Katastrophenschützer Hans Rothier schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Logisch. Das Kreuz. Das goldene, wie ein Stern leuchtende Kreuz.«
»Am Dreikönigstag, dem Tag der Ankunft der Weisen aus dem Morgenland«, ergänzte Kerstin Dembrowski.
»Dann müssen wir die Gipfelstationen räumen«, meinte Rothier.
»Unmöglich, dort befinden sich jetzt mindestens zweitausend Menschen«, widersprach August Falk. »Wo wollen sie die hinbringen? Vergessen Sie nicht, auch das SonnAlpin und der Bahnhof Zugspitzplatt
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