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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Rettungseinsatz gerufen worden, der zu einem Anti-Terror-Einsatz geworden war.
    Völlig geschockt und fassungslos ging Sandra in die Küche und machte sich einen Tee. Das alles sollte passiert sein, während sie das Dammkar raufmarschiert war, sich oben auf der Terrasse der Berggaststätte zur Freude der männlichen Touristen ein trockenes Oberteil angezogen und sich dann mit iPod für eine Stunde in einem Liegestuhl gesonnt hatte, während sie anschließend genüsslich durch den Neuschnee abgefahren und zu Hause sofort in die Badewanne gestiegen war. Sie hatte entspannt im warmen Wasser gedöst, während einhundert Menschen ein paar Berge weiter südlich ums Leben gekommen waren und fünftausend Menschen auf dem Gipfel ausharren mussten. Sie konnte nicht fassen, dass das alles überhaupt geschehen war. Und dass sie nichts von alldem mitbekommen hatte.
    Dann überlegte sie, wer wohl von ihren Freunden und Bekannten dort oben war. Die Zugspitze war zwar gerade an einem Tag, der Touristen aus allen Richtungen anlockte, nicht der Berg der Garmisch-Partenkirchner und schon gar nicht der Mittenwalder, dennoch war sie sicher, dass sie noch weitere schlechte Nachrichten erhalten würde. Die schlechteste für sie war allerdings, dass ihr Markus mitten in diesem Schlamassel steckte.
    Sie telefonierte mit ihren und dann mit Markus’ Eltern. Doch die wussten auch nicht mehr, als Sandra schon über Fernsehen, Radio und Internet hatte in Erfahrung bringen können. Mutmaßlich islamische Terroristen. Im Werdenfelser Land . Ein Wahnsinn, da waren sich alle einig.
    Die Acht-Uhr-Nachrichten hatte sie sich gar nicht mehr angesehen. Sie ging ins Bett, um sich unter der Decke zu verkriechen wie in eine schützende Höhle, die sie vor all den Schrecken dieser Welt bewahren sollte. Sie wollte sich nur noch klein machen und schlafen, in der Hoffnung, dass sich die Situation bald regeln würde, über Nacht sozusagen, und dass Markus am Morgen plötzlich vor ihrem Bett stehen würde, gesund und munter.
    Doch sie fand keinen Schlaf, wälzte sich seit gut drei Stunden von einer Seite auf die andere. Sie schwitzte, dann wurde ihr wieder eiskalt. Sie kuschelte sich wie ein kleines Mädchen an ihren alten Teddy, ging auf die Toilette, dann wieder ins Bett, und das Spiel begann von vorne.
    Endlich – das Telefon klingelte. Diesmal hatte sie darauf geachtet, dass der Klingelton auf »laut« gestellt war und das Gerät an der Stromversorgung hing. Sie wollte keine Nachricht von Markus verpassen.
    Das Display zeigte eine ihr unbekannte Nummer mit Hamburger Vorwahl.
    »Sandra Thaler.«
    »Warngauer. Daniel Warngauer. Hamburg. Vom
stern.
Entschuldigen Sie bitte, Frau Thaler, dass ich Sie mitten in der Nacht störe.«
    »Passt schon. Ich weiß aber nichts über den Markus.«
    »Markus?«
    »Ja, meinen Freund. Der auf der Zugspitze ist.«
    Sandra Thaler konnte nicht ahnen, welch enorme Dosis Glückshormone dieser Satz durch die Blutbahnen des Anrufers jagte.
    »Ach, der Markus. Dazu später.« Daniel Warngauer wollte die unverhoffte Quelle nicht zum Versiegen bringen, aber doch zuerst sein eigentliches Anliegen loswerden. »Ich bin von der Chefredaktion des
stern,
Frau Thaler. Ich möchte Ihnen ein Angebot machen.«
    »Ja, aber ich weiß doch nix.«
    »Es geht nicht darum, was Sie wissen, sondern darum, was Sie wissen
werden,
Frau Thaler, und auch um das, was Sie
sehen
werden.«
    »Ich soll ihn aushorchen und verraten, wenn er vom Einsatz zurück ist? Ist es das, was Sie wollen? Vergessen Sie’s!«
    »Frau Thaler, Sie missverstehen mich komplett. Ich möchte Ihnen ein Angebot unterbreiten, sagte ich. Und damit meine ich, dass ich Sie mit einer Fotoreportage beauftragen möchte. Sie, Sandra Thaler aus Mittenwald, verstehen Sie?«
    »Und da rufen Sie mich mitten in der Nacht um halb zwölf an?«
    »Ja, weil Sie sich gleich auf den Weg machen müssen, wenn Sie den Auftrag annehmen.«
    »Es geht also nicht um hübsche Bilder von einer Skitour?«
    »In gewisser Weise schon. Skitour stimmt irgendwie. Hübsch ist nicht so wichtig. Nah dran wäre wichtiger.«
    »Ich verstehe kein Wort. Wollen Sie mir nicht endlich sagen, was Sie von mir wollen, oder mich einfach schlafen lassen?« Sandra Thaler traute dem
stern
-Mann nicht über den Weg. Journalisten der großen Medien waren ihr unsympathisch, seit diese über die Mittenwalder Gebirgsjäger hergefallen waren, weil da ein paar Burschen die – zugegebenermaßen – etwas derben Aufnahmerituale nicht

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