Kreuzzug
mit einem strengen Seitenblick. »Gerade von meiner Familienministerin hätte ich einen solchen Einwand nicht erwartet. Jetzt mal für alle zum Mitschreiben: a) Wer weiß denn, ob es Islamisten sind? b) Kapitän Dembrowski hat ebenso mit afghanischen Freischärlern verhandelt wie mit somalischen Piraten. Die haben immer mit ihr gesprochen. Zig Zivilisten und Soldaten verdanken ihrem Verhandlungsgeschick ihr Leben. Machen Sie sich keine Sorgen, Kapitän Dembrowski ist mit den nötigen Vollmachten ausgestattet, sie spricht fünf Sprachen fließend, darunter auch Arabisch, falls Sie das beruhigen sollte. Und nun bitte ich die Angehörigen des Sicherheitskabinetts in das andere Zimmer. Sie wissen schon, das abhörsichere. Die anderen können bleiben oder nach Hause gehen. Und denken Sie an die Nachrichtensperre. Die Sitzung ist geschlossen. Gute Nacht.«
Mit dieser Ansage verschwand die Kanzlerin durch die Tür, die direkt in ihr Büro führte. Die Aufgerufenen traten durch die doppelflügelige Haupteingangstür des Raums in den Gang hinaus. Ihnen folgten die, deren Positionen nicht so wichtig waren, dass sie einen Sitz im Sicherheitskabinett innegehabt hätten.
Erst einmal musste auf dem Gang an den gekippten Fenstern dem Rauchverbot zum Trotz heftig gequarzt werden. Die junge Kapitänin entschwand unterdessen durch eine Tür, hinter der sich ein schmaler Gang mit einer Treppe befand. Die führte direkt vom vierten Stock hinunter in den Kanzlergarten, wo die Cougar der Flugbereitschaft mit warmgelaufenen Turbinen auf sie wartete.
Kapitel fünfundfünfzig
Langley, CIA -Zentrale, 12 : 00 a.m. Ostküstenzeit
C huck Bouvier rotierte. Und mit ihm die komplette Abteilung »Doppelverdeckte Einsätze«. Die Nummer war komplett in die Hose gegangen. Das waren keine der üblichen Kollateralschäden, wie zivile Opfer beschönigend im Militärsprech genannt wurden – das war eine Katastrophe. Einhundert tote Zivilisten in der von ihm geleiteten Aktion. Das konnte das Ende seiner Karriere bedeuten. Das
war
wahrscheinlich das Ende seiner Karriere. Wenn er sie jetzt noch retten konnte, dann dadurch, dass er die Situation noch in den Griff bekam. Und zwar schnell. Er war dummerweise nicht nur einen Ozean weit von den Geschehnissen entfernt, sondern hatte vor Ort nur einen Mann, der das Unternehmen überwachte.
Er fragte sich, wann sie begonnen hatten, sich zu sehr auf elektronische Überwachung und Steuerung zu verlassen. Die Bilder, die John McFarlands Kameras seit Stunden lieferten, dokumentierten das komplette Versagen seiner Abteilung. Vorhin hatten sie auch noch einen Mann im Zug erschossen. Einfach so. Kaltblütig. Als ob die Sprengung der Seilbahn und der Abschuss des Hubschraubers nicht schon gereicht hätten. Sie zeigten nicht nur militärisch-taktisches Vorgehen, sondern persönliche eiskalte Brutalität.
Wen, zum Teufel, hatten sie da ausgebildet und in den Einsatz geschickt? Hatten sie sich in Pedro und seiner Truppe so getäuscht? Wie war das möglich? Sie hatten die Gruppe von Beginn ihrer Islamisierung und Radikalisierung an auf dem Schirm gehabt. Alle dreizehn Männer hatten in ihrer Freizeit im Internet immer wieder islamistische Webseiten aufgerufen. Sie hatten Arabisch gelernt. Zwei Jahre lang hatten sie einen von ihren Familien unbemerkten inneren Wandel von strengen Katholiken zu radikalen Moslems vollzogen. Sie hatten sich in dieser Hütte am See getroffen und ihre eigenen Hetztexte verfasst, die sie eines Tages in den Kirchen rund um den Salzsee auf Flugblättern in den Gottesdiensten verteilen wollten. Immer weiter hatten sie sich radikalisiert und schließlich Interesse an einer Ausbildung als Gotteskrieger bekundet. Tausende von E-Mails, SMS und Telefonaten zwischen Pedro und seiner Gruppe hatte die NSA ausgewertet.
Als sich der Kontaktmann – einer der besten und erfahrensten Männer der Firma – schließlich an sie herangemacht hatte, konnte er die bisherigen Eindrücke nur bestätigen: Die dreizehn sprachen, wenn sie unter sich waren, meist arabisch, sie lasen gemeinsam im Koran und stachelten sich gegenseitig auf. Als sie schließlich alle gemeinsam in ein Al-Qaida-Lager wollten, war es ein Leichtes, ihre Internetrecherchen dorthin zu führen, wo sie fündig werden sollten: auf den Seiten der CIA -eigenen Lager im Jemen.
Dort wurden sie in allen Künsten des Guerillakrieges ausgebildet, dabei aber ständig »gemonitored«, also genauestens beobachtet, überwacht und kontrolliert. Es war
Weitere Kostenlose Bücher