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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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merklich den Kopf.
    Thien überlegte, dass es wohl das Beste wäre, genau zu beobachten, was die Terroristen taten, wenn ihr Ultimatum ohne befriedigendes Ergebnis ablief, wenn sie dann eine Geisel auswählten und … Ja, was? Erschießen würden?
    Vor dem Zug wurden weitere Scheinwerfer eingeschaltet. Das helle Licht durchströmte die beiden Waggons und ließ die Gesichter der Geiseln noch bleicher wirken, als sie nach den Strapazen der letzten zwanzig Stunden sowieso schon waren. Niemand im Zug wagte einen Mucks. Mütter versuchten, ihre Kinder vor den Blicken der maskierten Männer zu verbergen, indem sie sich schützend über sie beugten. Kaum ein Atemzug war zu hören.
    Dann stieg ein Mann in den Zug. Er ging langsam zwischen den Sitzreihen auf und ab. Dabei musterte er jeden einzelnen seiner zweihundert Gefangenen. Thien hatte ihn gleich als denjenigen erkannt, der den couragierten Fahrgast erschossen hatte, dessen Leiche nun draußen zwischen Zug und Tunnelwand lag. Der Kerl zögerte keine Zehntelsekunde, wenn es darum ging, ein Leben auszulöschen.
    Auch andere Fahrgäste schienen den Mann an seiner Figur und seinen Bewegungen wiederzuerkennen. Sie wichen unwillkürlich vor ihm zurück, wenn er ihre Sitze passierte. Eine Aura des Bösen umgab ihn. Er musste einer der Anführer sein.
    Der Mörder hatte das hintere Ende des Zuges erreicht und stand dem Bewacher, der neben Thien Position bezogen hatte, direkt gegenüber. Der bewegte den Kopf und deutete mit dem Kinn auf den jungen einheimischen Snowboarder, der neben Thien saß. Der Mörder nickte. Dann packte er den Jungen am Kragen der Skijacke und riss ihn aus dem Sitz, stellte ihn in den Gang und schubste ihn vor sich her.
    Paralysiert vor Angst und mit weit aufgerissenen Augen schlurfte der junge Mann vor seinem Peiniger her, der ihm die Mündung einer Maschinenpistole in den Rücken presste. Der Weg des jungen Partenkirchners ging durch den ganzen Zug. Vorn stieg das ungleiche Paar durch die Tür des Führerstandes aus.
    Den Geiseln ging es wie Thien. Sie waren schockiert, dass gleich einer von ihnen sterben würde, wenn kein Wunder geschah. Und gleichzeitig waren sie erleichtert, dass es nicht sie selbst oder einen Freund oder Familienangehörigen getroffen hatte.
    Zumindest dieses Mal noch nicht.

Kapitel achtzig
    Kammhotel , 9  Uhr 04
    J ohn McFarland checkte seine Monitore. Die Truppe, die er beobachten sollte, steckte voller Überraschungen. Beinahe nötigten sie ihm Respekt ab. Dass sie um neun eine Geisel aus der Mitte der Leidensgenossen reißen würden, damit hatte er gerechnet. Dass sie aber, anstatt diese Geisel vor eine Kamera zu zerren und vor den Augen der Weltöffentlichkeit zu misshandeln, eine Sprengung im Tunnel vornahmen, hatte er nicht auf der Rechnung gehabt. Er entschloss sich, ab sofort auch keine Rechnungen mehr über die zukünftigen Handlungen der Terroristen anzustellen. Die machten offenbar alles anders, als man es erwartete.
    Er richtete den Blick auf den Fernseher, der ihm die aktuelle Übertragung von CNN zeigte. Die Live-Kamera war irgendwo vom Eibsee aus auf das Massiv gerichtet, wo die Sprengung nur als kleines Wölkchen zu erkennen war. Nach wenigen Minuten brachte der Sender in einem Bildschirmfenster eine unscharfe Ausschnittvergrößerung, in dem die Detonation immer und immer wieder in Zeitlupe gezeigt wurde.
    McFarland erkannte professionelles Vorgehen. An sechs Punkten hatten sehr gezielt angebrachte und wohldosierte Sprengsätze ein perfektes hochkant stehendes Rechteck in den Fels gesprengt. Es mochte eine Höhe von zwei bis drei Metern und eine Breite von einem bis zwei Metern haben, das konnte man anhand der Zeitlupenaufnahme nur schlecht abschätzen.
    Dann aber zeigte das Live-Bild dieses Fenster im Zoom und in exakter Schärfe. »So genau kann man gar nicht sprengen«, murmelte McFarland. Das rechteckige Loch in der Wand war wie mit dem Lineal gezogen, als wäre es in den Fels geschnitten oder gehauen worden.
    »Fuck you, fuck you, fuck!«, fluchte er vor sich hin. Er verfluchte damit sich selbst noch mehr als die Terroristen. Die machten im Grunde nur ihren Job. So jedenfalls lautete seine Berufseinstellung. Er selbst aber hatte seinen Job vermasselt und in der Vorbereitung irgendetwas übersehen. Etwas Gravierendes. Der in alle Welt übertragene Beweis seines Versagens gefiel ihm nicht.
    Seine Vorgesetzten wurden allmählich missmutig ob seines Versagens, das war ihm klar, ohne dass er mit seinem

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