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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Unterlagen auf dem Boden ausgebreitet und einige an die Stellwände gepinnt. Sein Assistent Michael Hangl, der ihm die Pläne und Baustellenbücher gebracht hatte, saß neben ihm mit einem Laptop auf den Knien.
    »Über diese Höhlen steht hier im Internet einiges von Hobby-Kletterern. Aber wenn Sie in den alten Büchern und Plänen nichts finden, dann … dann sind das halt Hirngespinste.«
    »Nein, Michael, sind’s nicht. Ich hab mal einen Geologen bei einer Exkursion begleitet, der meinte, dass das ganze Wasser, das hinten im Reintal aus dem Ursprung der Partnach sprudelt, nicht aus einer kleinen Quelle stammen kann, dafür ist es während der Schneeschmelze und auch im Hochsommer viel zu viel. Der Mann meinte, das ganze Platt müsse von einem System von Wasserkanälen durchzogen sein. Und so viel Ingenieur bin ich auch, dass ich weiß, dass unser Gebirge aus Kalk die ideale Zusammensetzung hat, um Höhlen entstehen zu lassen. Kalk ist wasserlöslich, wie du weißt.«
    »Ja, aber Herr Falk, hier steht halt nix.«
    »Die haben damals in zwei Jahren den Tunnel gebaut. 1928 bis 30 . Viereinhalb Kilometer. Über tausend Meter Höhenunterschied. An sechs Stellen gleichzeitig haben die gegraben. Von unten, von oben, an den vier Tunnelfenstern . Ein Irrsinnstempo, das würde heute keiner mehr machen. Machen können. Die hatten damals die Parole ausgegeben: ›Männer machen Meter.‹ Da hatten die einfach keine Zeit, alles aufzuschreiben. Oder die Arbeiter und Vorarbeiter waren gar nicht in der Lage dazu, denn da waren Bergleute aus der ganzen Welt dabei.«
    »Wenn Sie meinen, Herr Falk. Aber was bringt’s?«
    »Ja, was bringt’s, Michael? Diese Pläne hier bringen uns nix. Das sind die endgültigen Baupläne, die sind wahrscheinlich auch noch für die Genehmigungsbehörden geschönt. Da wurde nicht jeder Spalt, den die zugeschüttet oder zubetoniert haben, verzeichnet. Vergiss nicht, schon damals gab’s Umweltschutz. Der Alpenverein hat sich mit Händen und Füßen gegen Bergbahnen gewehrt. Die haben sogar die katholische Kirche hinter sich gebracht. Du weißt schon: Der Mensch soll sich nicht zum Bezwinger der Natur machen und sich nicht aufschwingen et cetera pp.«
    »Dabei heißt’s doch: ›Macht euch die Erde untertan‹ oder so …«
    »Stimmt, Michael, aber gegen die Bahn waren die trotzdem. Wie heutzutage die schwäbischen Wutbürger. Jedenfalls haben wir nicht die richtigen Unterlagen. Sind ja auch viel zu wenige. Wo ist der Rest?«
    »Nicht in unserem Archiv. Die müssen irgendwohin ausgelagert worden sein. Marktarchiv oder so?«
    »Oder so oder so oder so, Michael. Dort droben sind über fünftausend Menschen. Geht’s ein bissl flotter? Los, hol den Chef vom Marktarchiv ans Telefon. Und frag ihn, was er von uns hat. Ich schau rüber, was da los ist.«
    August Falk begab sich in den Konferenzraum zurück und warf die Tür hinter sich zu. Michael Hangl suchte im Internet nach der richtigen Nummer und erreichte den Leiter des Garmisch-Partenkirchner Marktarchivs tatsächlich zu Hause in der Mittagspause. Der brauchte nicht extra nachzuschauen, um zu wissen, dass er keine Unterlagen der Zugspitzbahn hatte. »Bahnbau ist Sache des Landratsamts, und dessen Unterlagen sind wahrscheinlich im Bayerischen Staatsarchiv in München.«
    Der Assistent handelte selbständig und ließ sich die Nummer des Leiters des Bayerischen Staatsarchivs geben. Dessen Sekretärin wollte den Anrufer zunächst abwimmeln, als sie jedoch begriff, in welcher Angelegenheit die Unterlagen gebraucht wurden, rückte sie sogar die Handynummer ihres Chefs heraus.
    Der war noch die ganze Woche in den Winterferien, wo ihn der Vorstandsassistent erreichte.
    Drei Minuten später klingelte Michael Hangls Telefon. Eine Mitarbeiterin des Archivs war abgestellt worden, ihm jegliche erdenkliche Information umgehend zu beschaffen.
    »Herr Falk!«, rief der Assistent in den Konferenzraum, dessen Tür er aufgerissen hatte, während die junge Archivarin am anderen Ende der Leitung wartete. »Was suchen wir eigentlich?«
    »Außerordentliche Sprengstoffmengen, Betonmengen, Protokolle von großen Betonierungen, vor allem von unerwarteten Schächten, von Felsstürzen während des Baus … Alles, was mit großen Löchern im Berg zu tun hat.«
    Die Archivarin versprach, sich schnellstmöglich mit Ergebnissen zu melden.
    Unterdessen kramte Michael Hangl weiter in den Unterlagen. Er zog ganz unten aus seiner Schachtel den Projektplan von 1922 heraus. Der

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