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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Geschehen.
    Thien beschloss, nur noch kurz zu warten, bis Craig zurückkommen würde. In dem Moment, wenn sich der Bewacher zur Wagentür umdrehte, um den wieder einsteigenden Craig in Empfang zu nehmen, würde Thien dem Mann mit der Nikon den Schädel einschlagen. Wenn das hier schon das Ende war, dann würde er wenigstens einen dieser Dreckskerle mitnehmen. Aber – und das musste Thien nur intensiv genug visualisieren – er würde mit seiner Aktion Erfolg haben. Er würde den Bewacher im Zug ausschalten, und denjenigen, der Craig zurückbrachte, würde Craig umlegen, erwürgen, erschlagen oder was auch immer. Dann würden sie nach hinten laufen und den Mann im MG -Nest umbringen, und wer dann auch immer von den Terroristen nach hinten kommen würde, sie würden ihn ummähen. Zu zweit könnten sie es lange dort hinten aushalten. Verdammt lange.
    Aber da war Craigs Frau. Verdammt. Die musste mit. Die saß seit vierundzwanzig Stunden gottergeben neben ihrem Mann und betete still einen Rosenkranz und ein Vaterunser nach dem anderen. Wenn sie hier im Zug bliebe, würden die Geiselnehmer sie sofort töten oder so lange foltern, bis Craig und er aufgeben würden. Nein, die Frau durfte nicht bleiben!
    Sollte er sie vorwarnen? Nein, er konnte sie nicht einschätzen. Und an der Blinzelkommunikation zwischen Thien und Craig hatte sie sich nie beteiligt. Wahrscheinlich war sie einfach eine träge amerikanische Seniorin. Sie wäre ein Hemmschuh und keine Hilfe. Aber die durfte nicht bleiben.
    Thien brach vor lauter Anspannung der Schweiß aus. Er zählte die Sekunden. Der Moment der Entscheidung rückte unaufhaltsam näher, Craig würde jeden Moment zurück in den Waggon gebracht werden.
    Thien spannte jeden Muskel seines durchtrainierten Körpers einmal fest an und ließ wieder locker. Dann spannte er wieder an und ließ wieder locker. Und dann noch einmal. Nach vierundzwanzig Stunden Rumsitzerei musste er seine Muskeln beweglich machen.
    Von vorn hörte er knirschende Schritte, die sich näherten. Es war so weit, sie brachten Craig zurück. Thien sah durch das Zugfenster einen schwarzen Schatten herankommen, der zu einem der Geiselnehmer gehörte.
    Aber der Mann kam allein – er führte nicht Craig vor sich her. Hatten sie ihn dort vorn umgebracht?
    Thiens Puls schlug knapp unter zweihundert. Das Blut pochte in seinen Schläfen. Er lauerte wie eine Katze vor dem Sprung auf die Maus. Wann würde er endlich loslegen können?
    Der Mann in Schwarz stieg in den Waggon. Thiens Nerven waren zum Zerreißen angespannt. In den Schlitzen der schwarzen Maske erkannte Thien zwei kohlrabenschwarze Pupillen. Sie waren auf ihn gerichtet. Der Mann starrte Thien genau in die Augen. Dann streckte er die rechte Hand aus und deutete mit dem Zeigefinger direkt auf ihn.
    »Thien Hung Baumgartner. Follow me.«

Kapitel hundertacht
    Bundeskanzleramt, 12  Uhr 30
    W as is nu, bekommen wir diese ultraschwarze Karte oder nicht?« Die Kanzlerin wollte die Situation so schnell wie möglich regeln. Immer mehr Staaten gaben offizielle Stellungnahmen, in denen sie den Terrorismus im Allgemeinen und die Tat in Garmisch-Partenkirchen im Besonderen verurteilten. Einige der Staatenlenker konnten es sich nicht verbeißen, der Bundesrepublik Deutschland Hilfe anzubieten. Wenn das ein Industrieland gegenüber einem Dritte-Welt-Land im Fall einer Naturkatastrophe tat, war das ein Akt der Verbundenheit. Wenn das ein Land wie Pakistan Deutschland gegenüber tat, war das ein Ausdruck von Hohn. Für die Kanzlerin war die Geschichte auf der Zugspitze längst zum Gradmesser ihrer Durchsetzungsfähigkeit geworden. Bei den nächsten Wahlen wie auch – was ihr noch viel wichtiger war – auf internationalem Parkett würde ihre Fähigkeit, mit dieser Lage umzugehen, streng bewertet werden.
    Bisher hatten sich die deutschen Behörden und Sicherheitskräfte nicht besonders mit Ruhm bekleckert. Da durfte die Welt nicht auch noch erfahren, dass der deutsche Verteidigungsminister hilflos auf dem Berg festsaß. Gut, den Bayerischen Ministerpräsidenten, denn kannte ja keiner außerhalb der eigenen Republik. Außerdem war es um den widerborstigen, stets aufsässigen Starrkopf, der der Kanzlerin schon so viele schlaflose Nächte bereitet hatte, auch nicht wirklich schade. Aber das Ansehen des jungen aufstrebenden Verteidigungsministers sollte nicht durch diese Affäre beschädigt werden.
    » Unex in New York muss erst den Vorstandsvorsitzenden auftreiben. Der ist auf den

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