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Krieg der Drachen - Roman

Krieg der Drachen - Roman

Titel: Krieg der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael A Stackpole
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Owens ganzen Leib zum Schwingen. »Das sagst du, weil du es für deine Pflicht hältst. Du hältst dich für überlegen, weil du dich über die anderen Tiere erhoben hast. Obwohl diese Menschen versucht haben, dich zu töten, glaubst du, ihr Schicksal muss dir etwas bedeuten, weil sie deinesgleichen sind. Aber in Wahrheit kümmert es dich nicht. Mit ihrem Tod wird auch deine Angst sterben. Gib es zu.«
    Owen nickte. »Und sie tun mir leid.«
    »Du redest dir ein, es sei Mitleid, Menschling, aber du verschleierst nur den wahren Grund. Schuld. Und das ist es, was euch von den Tieren trennt, euer Schuldgefühl. Eure sinnloseste Emotion, sauer und bitter, und doch habt ihr es euch anerzogen, sie für unausweichlich zu halten.«
    Owen verspürte tatsächlich Schuldgefühle. Was die Tharyngen auch immer an Leid und Entsetzen erwartete, sie würden es erfahren, weil er sie auf den sich windenden Weg gelockt hatte. Dabei hatte er sie nicht gezwungen, ihm zu folgen. Sie waren vernunftbegabte Personen, die sich aus freien Stücken entschieden hatten, ihm zu folgen. Sie waren voll verantwortlich für ihr Handeln, und die daraus entstehenden Konsequenzen hatten sie selbst zu tragen.
    Das Wesen lehnte sich vor. »Du bist wirklich schlau. Du hast es erfasst.«

    Owen schüttelte den Kopf. »Schuld ist nicht nutzlos. Ohne sie würden wir immer wieder furchtbare Dinge tun. Wir hätten kein Gesetz.«
    »Ihr wäret wild, wie ihr es einmal wart, und es stünde euch frei, die Welt zu besitzen. Frei, wieder unsere Lieblingsschoßtiere zu sein statt einer Plage, die ausgerottet gehört.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Nein, du weigerst dich, ein Verstehen zuzulassen.« Das Wesen setzte sich wieder zurück. »Ihr glaubt, das Wesen der Dinge zu verstehen, zu wissen, welche Absicht hinter ihnen steht. In euren Schöpfungsgeschichten weiß der Mensch, dass der Wald, der Garten, schon existierte, bevor er in die Welt trat. Er stellt sich über ihn, um zu verstecken, dass er ihn fürchtet. Es spielt keine Rolle.« Die Arme des Wesens öffneten sich. »Sie werden die größten Freuden und danach die schlimmsten Ängste erleben. Sie werden allein sein, verängstigt, und nachdem wir ihnen alle Gefühle ausgesaugt haben, werden sie sterben. Ihr Fleisch und Blut wird Nahrung für unsere Körper werden, so wie ihre Gefühle es für unsere Seelen sind.«
    Owen betrachtete den tharyngischen Offizier und las die reine Freude auf seinen Zügen. Er wendete sich wieder ab. »Es wird nicht schnell gehen, oder?«
    »Gnadenlos langsam.«
    »Und wir?«
    Das riesige Wesen stand auf. »Ich sehe mich in eurer Schuld. Nicht tief genug, um euch freizulassen, aber falls ihr mir einen Dienst erweist …«
    »Welchen? Noch weitere anlocken?«
    »Das werdet ihr, und noch mehr.« Das Wesen fegte mit einer Geästhand über den Boden und entfernte den Schnee ebenso wie eine Schicht nassen Laubes. Darunter wurde eine ovale Eisschicht
sichtbar. »Ich benötige einen Tropfen Blut und deinen Blick in dieses gefrorene Glas.«
    Owen nickte.
    Das Wesen streckte einen Ast aus und stach ihn auf nicht gerade sanfte Weise in seine Wunde. Owen zuckte zusammen. Das Wesen bot ihm keine Entschuldigung an und ließ einen Blutstropfen auf das Eis fallen. Das restliche Blut wurde, soweit Owen es feststellen konnte, vom Holz aufgesogen, und eine grüne Knospe wuchs an der Stelle.
    »Schau hin, Menschling.«
    Owen kniete sich neben das durchscheinende Eis und starrte hinab. Es verwandelte sich in einen Spiegel. Einen Pulsschlag lang sah er sich selbst. Struppiger Bart, zerzaustes Haar, tief in den Höhlen liegende Augen. Die Gefangenschaft hatte ihn gezeichnet. Dann wurde das Eis klar. Er sah seine Frau Katherine vor sich stehen und ihn anschauen, mit hasserfülltem Blick.
    »Nein, Katherine!« Er streckte die Hand aus, um sie zu berühren, aber seine Finger trafen nur Eis. Es wurde wieder durchscheinend weiß, und der Blutstropfen war verschwunden.
    Owen schaute auf. »Sie hasst mich nicht.«
    »Du hast nicht gesehen, was ist, sondern was sein wird, aufgrund der Entscheidungen, die du triffst.« Wieder wogte Gelächter durch den Boden. »Ihre Liebe verdorrt, aber du wirst nichts davon bemerken, bis es zu spät ist.«
    Owens Eingeweide verkrampften sich. Er hämmerte mit der Faust auf das Eis, versuchte es zu zertrümmern. Weder die Eisplatte noch seine Hand brach, aber beides wäre ihm recht gewesen. Er wollte diese Zukunft unbedingt zerstören, und wenn er sich dabei verletzte, umso

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