Krieg der Drachen - Roman
nicht erkennen, wie wichtig dies ist. Rivendell wird unsere Truppen nicht einsetzen, weil er ein Idiot ist. Ich muss ihn davon überzeugen, dass er es muss. Dazu muss ich ihn begleiten.«
Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich kann Eurer Argumentation folgen, weiß aber auch, dass Ihr das Abenteuer sucht. Nicht das Abenteuer des Krieges, wohl aber, ferne Orte zu sehen, an denen Ihr noch nicht wart. Ihr habt mir den Geopahr gezeigt. Nathaniel hat ihn geschossen, aber erst, nachdem Ihr ihn verfehlt hattet, Liebster. Er griff Euch an. Und sooft ich Euch die Geschichte habe erzählen hören, habt Ihr nur die Schönheit der Bestie bestaunt, aber niemals die Gefahr erwähnt, in der Ihr Euch befandet. Deshalb liebe ich Euch, aber deshalb fürchte ich auch für Euch. Ihr neigt dazu, Euch an Orte zu begeben, wo Euch die Gefahr findet.«
»Und wenn ich verspreche, es nicht zu tun? Wenn ich den Grafen schwören lasse, mich daran zu hindern?«
Gisella lachte. »Ihr seid beide Männer. Er wird sein Versprechen geben. Ihr werdet Pläne schmieden. Er wird protestieren, aber nicht zu sehr, und sich Euch dann anschließen. Ich weiß es.
Und leider weiß ich ebenso, dass ich Euch nicht umstimmen kann.«
Vladimir zog sie an sich. »Und Ihr werdet Euch sorgen, und ich würde alles tun, das zu vermeiden.«
Sie hob die Hände an seine Schultern, vergrub eine in seinem Haar. Dann hob sie das Gesicht und gab ihm einen sanften Kuss. »Würdet Ihr das wirklich tun, wärt Ihr nicht der Mann, den ich liebe.«
NEUNUNDVIERZIGSTES KAPITEL
19. Mai 1764
Port Maßvoll
Mäßigungsbucht, Mystria
Z u Owens Überraschung hakte Bethany Frost sich bei ihm ein, als die sechs sich auf den Weg zurück zur Frost-Residenz machten. Bethany war langsamer geworden, so dass ihre Eltern, der Onkel und der Bruder ein Stück vorausgingen. »Ihr seid in Gedanken verloren, Kapteyn. Was beschäftigt Euch?«
»Ich glaube nicht, dass Ihr es hören wollt, Fräulein Frost.«
»Ich hätte Euch nicht gefragt, wollte ich es nicht.«
Owen seufzte. »Hieltet Ihr mich für einen Feigling, wenn ich Euch berichtete, dass ich mich vor der Rückkehr zur Festung du Malphias’ fürchte?«
»Nein, Kapteyn, ich hielte Euch für einen äußerst intelligenten und tapferen Mann, denn ich weiß, Ihr werdet trotzdem aufbrechen.«
»Ihr seid sehr gütig.«
Sie schaute mit glitzernd blauen Augen zu ihm auf. »Ich habe Euer Journal gelesen. Ich weiß genau, wie tapfer Ihr seid, sowohl daraus, was ich gelesen, als auch daraus, was ich gehört.«
Er schüttelte den Kopf. »Meister Wald übertreibt.«
»Natürlich tut er das, doch ich erkannte dennoch die Wahrheit hinter seinen Worten.«
»Wenn ich an du Malphias denke – und er drängt sich viel zu häufig in meine Alpträume –, sehe ich sein Gesicht vom Mündungsfeuer einer Pistole erleuchtet. Er hat kaltblütig auf mich geschossen. Nicht, weil ich ein Feind war. Ich war einfach nur ein Experiment. Es war ohne Bedeutung für ihn, ob ich lebte oder starb. Seine Miene zeigte weder Ärger noch Bedauern. Tatsächlich ließ er keinerlei Gefühl erkennen. Er war ganz und gar unmenschlich, und ich bin nicht sicher, ob wir einen Weg wissen, einen Feind dieser Art zu bezwingen.«
»Er ist arrogant, und diese Arroganz wird sein Untergang sein.«
»Ich vertraue auf Eure Klugheit.«
»Vertraut besser in die Menschlichkeit Eurer Gefährten. Er ist ein Mann, umgeben von Toten. Er ist allein, und gemeinsam werdet Ihr ihn bezwingen.«
Bethany hielt an der Kreuzung von Großzügigkeit und Tugend an, und rief ihren Eltern hinterher: »Die Nacht ist mild. Darf Kapteyn Radband mich auf einem Spaziergang begleiten?«
Ihr Vater nickte zustimmend. Bethany zog Owen nach Westen, auf die Tugendstraße. »Ich hoffe, es ist Euch nicht unangenehm, Kapteyn.«
»Keineswegs.«
»Gut, denn ich muss mit Euch reden.« Wieder schaute sie zu ihm hoch, und auf ihrem Gesicht lag ein sanftes Lächeln,
doch ihre Augen blickten traurig. »Ich fürchte, dies wird meine letzte Gelegenheit sein, Euch auf einem Spaziergang zu begleiten. «
Owen schaute gerade voraus. »Ich hatte niemals die Absicht, Euch falsche Hoffnungen zu machen, Fräulein Frost.«
Sie lachte. »Ihr solltet besser mit den Ohren hören, Sire, als mit dem Mund. Ihr habt zu keiner Zeit falsche Hoffnungen in mir geweckt. Ihr habt von unserer ersten Begegnung an niemals einen Zweifel daran gelassen, dass Ihr vermählt seid und Eure Gattin liebt. Das weiß ich aus dem, was Ihr
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