Krieg der Drachen - Roman
guter Mann, Serjeant.«
Owen legte die Hände auf den Rücken und schaute zu, wie sich die Truppen sammelten. Unwillkürlich schüttelte er sich beim Gedanken an das bevorstehende Desaster. Das Vierte formierte sich bataillonsweise, vier in der Frontlinie, eines in Reserve. Die Kavallerie hielt die rechte Flanke am Flussufer, aber ohne Pferde stellte sie gerade zwei Bataillone Fußtruppen. Da sie mit Karabinern bewaffnet waren, hatten sie zudem nur eine effektive Schussweite von dreißig Schritt, was sie zusätzlich schwächte. Und da sie keine Ausbildung in Infanterietaktik besaßen, reduzierte das ihren Wert noch weiter. Ein intelligenter Kommandeur hätte eines ihrer beiden Bataillone als Reserve zurückbehalten und mit dem anderen Lücken in der Schlachtreihe gestopft.
Auch die Mystrianer verfügten über vier Bataillone zu Fuß und eines in Reserve. Owen schüttelte den Kopf. Sie hatten keine echten Uniformen und wirkten mehr wie ein Schlägerhaufen denn wie eine Militäreinheit. Ihre Formation war krumm und schief, aber sie deckten vierhundert Schritt Frontlinie ab, ebenso wie die Vierte Infanterie.
Sechzehnhundert Seelen auf dem Marsch in die Hölle. Zwei
Trupps pro Bataillon waren mit Sturmleitern und Grabenbrücken ausgerüstet. Diese Männer würde die Festung als Erste erreichen. Selbst wenn Rivendells Träumerei, die Kanonen könnten nicht weit genug abgesenkt werden, sich als wahr herausstellen sollte, würden eine Menge Soldaten sterben, lange bevor sie die Vorbauten erreichten.
Ein Stück weiter links trat Rivendell aus seinem Zelt. Er trug seine rote Satinuniform und wurde von Bischof Binsen begleitet. Exeter und Thornbury begrüßten ihn, salutierten und meldeten sich zu ihren Einheiten ab. Rivendell ging zu einem Trompeter hinüber und gab dem Mann einen Befehl.
Dieser blies ein Bereitschaftssignal, das die Trompeter entlang der Linie übernahmen. Trommler, Knaben die meisten von ihnen, setzten zu einem gleichmäßigen, rhythmischen Schlag an. Die Norillier rollten die Regimentsfahnen aus und stimmten ein Hurra an. Die Mystrianer hatten keine Regimentsfahnen, also jubelten sie nur und schwenkten die Hüte. Die Dudelsackspieler der Schwarzforst-Kapelle bliesen ihre Instrumente auf, und alle Mystrianer hielten sich ein wenig gerader.
Die Melodie der Trompeter änderte sich. Vorwärts! Der gellende Klang hallte von den Wänden der Festung des Todes wider. Auf dieses Signal setzten sich die Bataillone in Bewegung. Die norillische Artillerie feuerte eine Salve. Eisenkugeln flogen über das Feld, nur um an den Glacis-Vorbauten abzuprallen und in hohem Bogen über die Festungswände zu fliegen. Owen konnte nur hoffen, dass zumindest ein Teil von ihnen im Innern der Festung herunterkam und ein paar wartende Truppen erschlugen.
Die tharyngische Antwort schnitt durch die norillischen Linien, wo sich die Vierten Fußtruppen und die Kavallerie trafen. Die eisernen Kugeln schlugen durch die Reihen. Ein Dutzend
Mann ging zu Boden. Die Glückspilze starben auf der Stelle, in zwei Stücke gerissen oder geköpft. Die Verwundeten krallten sich bei dem vergeblichen Versuch in den Boden, ihre abgerissenen Beine zu erreichen, oder saßen benommen herum, ohne zu begreifen, warum einer ihrer Uniformärmel plötzlich in nassen Fetzen am Ellbogen endete.
Selbst auf diese Entfernung bohrten sich die Schmerzensschreie in Owens Schädel.
Alle sechs tharyngischen Batterien konzentrierten ihr Feuer auf die Norillier. Du Malphias hatte sie alle mit zwei zusätzlichen Kanonen verstärkt und offenbar nicht die geringsten Probleme, sie zu bemannen. Die Auswahl der Ziele hätte Owen als Zeichen der Verachtung für die Mystrianer ausgelegt, wären die Vierten Fußtruppen nicht ohne jeden Zweifel die gefährlichste Streitmacht auf dem Schlachtfeld gewesen. Falls du Malphias das Feuer jetzt auf sie konzentrierte, konnte er die Mystrianer mit Kartätschenmunition niedermähen, sobald sie nahe genug heran waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sie die Festungswände nie erreichen.
Aber es waren nicht die Mystrianer, die als Erste der Mut verließ. Owen deutete auf die Kavallerie. Zwischen den beiden Bataillonen und der Infanterie klaffte eine Lücke. »Thornbury treibt seine Männer nicht vorwärts.«
Serjeant Unstone trat neben ihn. »So eine Lücke schadet nur, wenn die Tharyngen die Truppen haben, sie auszunutzen. Der Koronel meint …«
»Der Koronel glaubt nicht, dass du Malphias Truppen zur Verfügung hat. Falls er
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