Krieg der Kulturen (German Edition)
Frauenkleidern. Und ich dachte immer, dass
die Menschen hier sehr prüde sind, wohl falsch gedacht …
die Deutschen sind dagegen prüde.
Als die Sonne aufging, stellten sich die professionellen
„Dog Walkers“ ein, sie hatten jeder 20 oder auch mehr
Hundeleinen an der Hand, die Weimarer und irischen
Wolfshunde, die auf diese Weise Auslauf erhielten,
gehörten wohlhabenden Leuten, die zu dieser frühen
Stunde noch in ihrem Luxus-Appartement ruhten.
Langsam wachten auch die Obdachlosen auf. Während sie
sich aus ihren Zeitungspapieren lösten, eilten Manager in
Nadelstreifenanzügen an ihnen vorbei, es waren gehobene
Herren auf dem Weg zum Kontor und überall rannten uns
die Jogger über den Weg, da stakste einer auf Stelzen
durchs Gelände und äffte alle Passanten nach. Dort tippt
ein Autor auf der Wiese seine Werke, eine dunkelhäutige
Frau, die unter einer dunklen Plane im Freien lebt, fegt
vor ihrer eingebildeten Haustür auf, Rollschuhläufer
bewegten sich nach allen möglichen Rhythmen, denn sie
trugen alle Kopfhörer, von denen jeder seinem Träger
etwas anderes ins Ohr spielte. Man könnte eventuell diese
Szenen missverstehen, so dachte ich jedenfalls. Die
Menschen hier sind so schillernd und etwas verrückt,
sodass ich glaubte, dass von diesen New Yorkern doch nur
jeder mit sich selbst beschäftigt sei, und dass sie wohl
kaum dazu gebracht werden könnten, gemeinsam nach
einer Pfeife zu marschieren.
Aber in Wirklichkeit sagte die Szene das genaue Gegenteil
aus. Zwar tanzten alle nach verschiedenen Pfeifen, aber
sie tanzten alle zusammen, ohne dabei schmerzhaft zu
kollidieren, und darin lag gerade ihre Stärke, die, die wir
Deutschen nicht mehr besitzen.
Es gab viele Kutschen im Park, aber leider nur wenig freie,
jeder mag sich am frühen Morgen durch den Park
chauffieren lassen, und Pita rief laut zu uns herüber, „ich
habe eine ergattert.“
Wir rannten zu ihm schnell herüber.
Endlich hinsetzen, mit meinen geschwollenen Füßen in
eine Kutsche, die uns durch das riesige Areal des Central
Parks fuhr. Es war schon immer mal mein Traum gewesen.
Eine super Aussicht, die ich zu Fuß nicht hätte besser
genießen können. Neben uns ritten Polizisten auf Pferden,
grüßten den Kutscher und danach mit einer kurzen
Handbewegung uns.
Der Park zeigte sich seinen Besuchern in einer Englischen
Gartenarchitektur, das war noch ansehnlich, aber wo die
Pflanzen den Müll überdeckten, der sich unter den bunten
Sträuchern befand, sah er nicht gerade appetitlich aus. Es
war noch am frühen Morgen, wo die Müllmänner gerade
mal die Straßen vom Dreck befreiten, bevor sie sich dem
Park widmeten. Musik dröhnte aus allen Richtungen, egal
wo die Kutsche lang fuhr. Überall waren die
verschiedenen Klänge zu hören, mal laut mal leiser und
das in der Morgenstunde, wo einige Parkanwohner noch
süß und selig schliefen.
Wir ließen uns bis zum Washington Square fahren und von
dort aus liefen wir in Richtung Fifth Avenue zur
Museumsmeile.
Durch die frühen Morgenstunden war vom Massentourismus
noch nichts zu spüren.
„Ich sehe das Museum“, sagte ich freudestrahlend zu den
beiden Herren.
Max nahm meine Hand, zog sie fest an sich, um mich nicht
zu verlieren.
Ein riesiger Komplex, wo die bunten Fahnen im
Morgenwind durch die Straßen wehten, auf denen
geschrieben stand; „Museum of Modern Art.“
Die Sonne entfaltete sich wie ein Schmetterling im
Morgentau. Während Max die Tickets kaufte,
verabschiedete sich Pita mit den Worten „ich komme
heute Abend mit meiner Freundin zu deiner Ausstellung,
Chloé.“
„Darüber freue ich mich sehr, aber woher habt ihr die
Tickets?“
„Max hat sie uns besorgt.“
„Aha, warum wusste ich nichts davon?“
„Es sollte für dich eine Überraschung werden.“
Wie viele Überraschungen gab es noch, fragte ich mich
selbst und ging mit Max hinein.
Im Eingangsfoyer las ich die Chronologie dieses Museums,
das 1929 von Lillie P.Bliss, Mary J.Sullivan und Abby
Aldrich Rockefeller gegründet wurde. Die Eröffnung am 8.
November war in angemieteten Räumlichkeiten im
Heckscher Building, 730 Fifth Avenue, mit nur acht
Zeichnungen und einem Gemälde.
Da konnte noch niemand ahnen, was für ein gewaltiges
Museum es mal werden wird, von den jetzigen
Besucherzahlen wagten sie damals nicht einmal zu
träumen, aber schon ein Jahr nach der Eröffnung wurden
Weber, Klee, usw. ausgestellt. Die erste Erwerbung eines
Gemäldes war „Das Haus am Bahndamm“ von Edward
Hopper, es kamen viele Leihgaben
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