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Krieg der Ordnung

Titel: Krieg der Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Gesicht, er hörte Stoff leise rascheln und sah seine Vermutung, dass er in einer Art Zelt lag, bestätigt. Die Arme, die ihm halfen, waren glatt, aber kräftig wie die eines Ingenieurs oder Schmieds. Als er sich gegen die Rückwand lehnte, die auch das Kopfkissen gestützt hatte, fragte er: »Bist du eine Frau?«
    »Diese Frage war aber wirklich überflüssig.«
    »Ich kann doch nichts sehen.«
    »Ist das denn nötig?«
    Justen errötete, dann griff er mit seiner Wahrnehmung nach ihr. Eine Frau war sie … und eine tiefe Schwärze umgab sie wie ein Quell der Ordnung. Er schauderte. Noch nie hatte er jemanden mit so viel Ordnung und Bestimmtheit gespürt. Und doch, inmitten der Ordnung schien noch etwas anderes zu hegen … das Chaos etwa? Wieder schauderte er.
    »Du … du musst aus Naclos sein.«
    Sie lachte leise.
    »Mach dich nur lustig über mich …« Justen musste grinsen, obwohl die Bewegung in den Mundwinkeln schmerzte. Er war gerettet worden und reagierte gereizt, weil sie sich über ihn amüsierte?
    »Möchtest du etwas Brot?«
    Das Wasser, das ihm schlagartig im Mund zusammenlief, beantwortete die Frage, ehe er etwas sagen konnte. »Ja, bitte.«
    »Wie ich sehe, erinnerst du dich an deine Manieren, auch wenn du dich noch nicht herabgelassen hast, mir zu sagen, wer du bist.«
    Justen wurde schon wieder rot. »Entschuldige. Ich heiße Justen und bin ein Ingenieur, und zwar ein sehr unerfahrener, aus Recluce.«
    »Danke. Jetzt musst du essen.« Dayala drückte ihm ein Stück Brot in die Hände. Ihre glatten Finger strichen leicht über seine Haut.
    Justen kaute ein Stück Brot, das saftig war und ein wenig nach Nüssen schmeckte. Das Kauen fiel ihm schwer, aber nach einer Weile hatte er aufgegessen und tastete nach der Wasserflasche, um noch etwas zu trinken.
    »Morgen … wenn es dir besser geht … werden wir unsere Reise fortsetzen.«
    »Wohin geht es denn?« Justen hatte Mühe, die Frage zu formulieren, weil er gähnen musste.
    »Nach Rybatta.«
    »Rybatta?« Er gähnte noch einmal.
    »Das ist … das ist meine Heimat. Du wirst dort willkommen sein.«
    Ins Rissen gelehnt, zuckte Justen leicht mit den Achseln, unterbrach die Bewegung aber sofort, weil seine Schultern schmerzten. Er schlief wieder ein.

 
LXX
     
    J usten wachte auf, weil über ihm die Zeltplane im leichten Wind flatterte. Er bemerkte, dass Dayala – oder sonst jemand – ihn mit einer weichen Decke zugedeckt hatte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass man ihm, von den Unterhosen abgesehen, alle Sachen ausgezogen hatte. Er streckte sich vorsichtig und war erleichtert, als nichts knackte und seine Glieder keinen scharfen Schmerz durch seinen Körper jagten. Langsam richtete er sich auf und lehnte sich ans Kissen.
    Aus dem Flattern der Zeltplane, der kühlen Luft, die sein Gesicht streichelte, und dem grauen Licht, das trotz des Verbands in seine Augen drang, schloss er, dass es die Zeit der Morgendämmerung sein musste. Er blieb unter der Decke sitzen; es war die weichste, die er je gefühlt hatte. Justen fragte sich, wo seine Sachen steckten oder ob sie vielleicht von seiner Wanderung durch Sand und Steinhügel hoffnungslos verschlissen waren.
    Er ließ seine Wahrnehmung schweifen und entdeckte die Wasserflasche. Durstig langte er nach ihr, nestelte ein wenig herum, bis er sie geöffnet hatte, setzte sie an und trank einen tiefen Schluck. Es war Wasser darin, in das man etwas Bitteres gemischt hatte. Als er die Flasche wieder verschloss, hörte er Schritte.
    »Du bist wach. Ich habe deine Kleider geholt. Sie zu flicken war, so könnte man sagen, eine echte Herausforderung.« Dayala legte einen Stapel Sachen neben seine Hand. »Du müsstest heute eigentlich wieder fähig sein zu reisen.«
    »Ich werde aber nicht weit kommen, wenn ich nichts sehen kann.«
    »Wenn du dich angezogen hast, werden wir den Verband abnehmen.« Sie drehte sich um und entfernte sich.
    Justen zuckte mit den Achseln. Er konnte sich auch anziehen, ohne etwas zu sehen.
    Er langte nach seinem Hemd, hatte aber auf einmal die Jacke in der Hand. Dann hatte er das Hemd schon halb angezogen, bis er merkte, dass er es verkehrt herum versucht hatte. Endlich hatte er es geschafft und quälte sich in die Stiefel.
    Schwer atmend schlurfte er aus dem Zelt, wobei er fast eine Stange umgerissen hätte.
    »Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, dir jetzt den Verband von den Augen zu nehmen. Du solltest dich besser setzen.« Dayala führte ihn zu einem Felsblock, der trotz des

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