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Krieg der Ordnung

Titel: Krieg der Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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gefragt, wie sein späteres Leben als erwachsene Frau aussehen würde. Würde sie viele Geliebte oder nur einen ganz besonderen haben? Würde sie den Engeln dienen und den riesigen Bäumen lauschen, den Stimmen unter der Erde und den Winden, die durch ganz Candar wehen und die denen, die es hören können, Geheimnisse anvertrauen? Wie lange würde es dauern, bis sie all dies erfahren würde?
    Die Mutter lächelte nur und schwieg und das Mädchen fragte noch einmal. Wie wird mein Leben sein? Und wann werde ich es erfahren? Aber die Mutter schwieg weiter. Daraufhin weinte das Mädchen. Es weinte, wie nur ein Kind weinen kann, es schluchzte herzerweichend. Als es zu weinen aufhörte, gab die Mutter der Kleinen eine unreife Juraba-Nuss. Die grünen Nüsse sind so hart, dass man sie nur mit einem Schwert, einem Vorschlaghammer oder einer großen Mühle knacken kann. Die Mutter erklärte dem Mädchen, dass sein Leben sei wie die Juraba-Nuss.« Dayala unterbrach sich und grüßte mit einem Nicken einen älteren Mann, der einen Korb grüner Birnäpfel trug.
    Der Mann erwiderte das Nicken und lächelte leicht, als er vorbeiging.
    »Und weiter?«, fragte Justen.
    »Das war die ganze Geschichte.«
    Justen schürzte die Lippen und dachte nach. »Deine Geschichte scheint zu sagen, dass man alles zerstört, wenn man zu früh eine Antwort erzwingen will, genau wie man die grüne Nuss zerstören würde.«
    Dayala nickte.
    »Die Frage ist aber … wie kann ein Fremder oder ein Beinahe-Kind, das noch nie eine Juraba-Nuss gesehen hat, erkennen, wann die Nuss reif ist?«
    »Die harte Hülle platzt auf und du kannst darin die innere Schale mit der Nuss erkennen.«
    »Wundervoll. War diese Mutter deine eigene Mutter?«
    »Natürlich. Daher kenne ich die Geschichte.«
    »Hast du die reife Nuss schon gesehen?«
    »So wenig wie du, mein lieber Mann.«
    Justen schauderte angesichts der Wärme ihrer Worte und des Eingeständnisses, das sie ihm vermittelten.
    Vor ihnen lag ein kleiner Steg an einer Stelle, wo zwei Pfade zusammenliefen. Hinter dem Steg standen die Bäume weniger dicht beisammen und ließen Raum für den Ort Rybatta.
    »Hallo, junge Engel.« Ein kleines Mädchen mit silbernem Haar, das stolz einen Korb mit Käse und einer Honigwabe hütete, nickte höflich und trat zur Seite, um ihnen auf der schmalen Brücke den Vortritt zu lassen.
    »Die Harmonie sei mit dir, Krysera«, grüßte Dayala lächelnd.
    Justen nickte und Krysera erwiderte die Geste feierlich.
    »Dann bin ich jetzt ein junger Engel?«, fragte Justen, als sie außer Hörweite waren. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Das ist ein höflicher Gruß. Sie war nicht ganz sicher, wie sie dich anreden soll. Da du hier bei mir wohnst und nicht im Gästehaus, bist du kein Fremder. Du strahlst Ordnung und Kraft aus. Also musst du ein junger Engel sein.«
    »Ihr habt ein Gästehaus?«
    »Wenn jemand wirklich Fremdes zu Besuch kommt, wohnt er oder sie bei Yual oder Hersa. Hersa ist die Kupferschmiedin. In Diehl gibt es ein großes Gästehaus, das du wohl als Gasthof bezeichnen würdest. Wenn wir reisen, übernachten wir in Gästehäusern.«
    »Und warum bin ich nun kein Fremder?«
    Dayala berührte die Stelle an seinem Arm, wo nur noch eine dünne Narbe zu sehen war. Du bist kein Fremder. Du bist es heute nicht … du warst es nie.
    Die Klarheit, mit der er ihre Worte im Kopf hörte, brachte ihn aus dem Gleichgewicht und er stolperte. Dayala bot ihm die Hand, damit er sich wieder fangen konnte, aber er hatte das Gefühl, ihre Finger würden seine Haut beinahe verbrennen. Er sah sie schräg von der Seite an. Ihre Wangen waren feucht und auch seine Augen brannten.
    Was war nur geschehen? Mit ihr und mit ihm selbst?
    Sie waren ein paar hundert Schritte gelaufen, ehe Dayala wieder das Wort ergriff. »Lass uns zur Pier am Fluss gehen.«
    »Gibt es dafür einen besonderen Grund?«
    »Ich muss mit Frysa reden. Sie braucht Kisten.«
    Sie kamen an einem kleinen Geschäft mit ordentlich aufgestapelten Birnäpfeln und Fässern mit Korn vorbei. Käse und die reifen Früchte waren im kühleren Keller gelagert, den man über eine kleine Treppe erreichen konnte. Dayala winkte Serga, dem Händler, und der rundliche Mann winkte zurück.
    »Kisten? Deine Kisten? Wozu braucht sie Kisten?«
    »Um zu handeln. Wir führen im Gegenzug auch manche Dinge ein, beispielsweise Kupfer und Wollsachen aus Recluce, auch wenn wir keinen großen Bedarf an warmen Kleidungsstücken haben. Meistens wird die Wolle für

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