Krieg der Ordnung
sah, ließ sie den Korb fallen und kam zu ihrem Bruder gerannt.
»Justen! Justen! Vater! Er ist wieder da! Er ist wieder da!«
Elisabets stürmische Umarmung hätte Justen beinahe gegen die niedrige Steinmauer am Straßenrand geworfen.
»Ich wusste es! Ich wusste, dass du zurückkommen würdest!« Sie drückte das Gesicht an seine Schulter.
Abwesend bemerkte Justen, dass sie inzwischen fast so groß war wie er. Sie war kein schlaksiges Mädchen mehr, sondern eine junge Frau. Er umarmte sie. »Ich bin auch froh, dass ich hier bin.«
Horas war seiner Tochter etwas bedächtiger gefolgt. Er stand wartend am Straßenrand. Justen löste sich von seiner Schwester und umarmte seinen Vater.
»Du hast dich verändert«, waren Horas’ erste Worte. »Du hast dich sehr verändert.«
»Ja. Es ist viel passiert.«
»Er ist immer noch Justen«, wandte Elisabet ein.
»Man könnte sogar sagen, dass er mehr Justen ist denn je.« Horas’ Worten waren warm und ein wenig amüsiert.
»Wo ist Mutter?«
»Sie hilft Nerla beim Bau ihrer eigenen Schmiede. Sie wollte am Nachmittag wieder da sein. Es ginge ja nicht an – sagte sie –, dass sie einem früheren Lehrling die ganze schwere Arbeit abnimmt.«
Die drei lachten, weil Horas Cirlin so treffend nachgeahmt hatte.
»Natürlich muss sie sich jetzt einen neuen Lehrling suchen. Es sei denn …« Horas sah Justen fragend an.
»Wer weiß?« Justen zuckte mit den Achseln.
»Ich glaube, die Äpfel können noch eine Weile warten. Lasst uns erst einmal etwas trinken. Es ist noch helles Bier da und …«
»Wir haben auch dunklen Kuchen, mit echter Melasse gesüßt«, rief Elisabet.
»Kommt Gunnar auch?«, fragte Horas.
»Ich glaube schon, aber es kann noch ein oder zwei Tage dauern. Er musste noch etwas mit Turmin besprechen und meinte, ihr solltet mich erst einmal für euch haben. Ich glaube, er hat nur Angst, dass ich inzwischen besser Mancala spiele als er.« Justen lächelte leicht.
»Stimmt das denn?«, fragte seine Schwester.
»Nein. Ich habe nicht mehr gespielt, seit ich Sarron verlassen habe, und das war vor einem Jahr. Nein, ich glaube nicht, dass ich besser geworden bin.«
Horas drehte sich um und seine beiden Kinder folgten ihm den gepflasterten Weg zur überdachten Veranda hinauf. Er wartete an der Tür, bis Justen und Elisabet die Veranda betraten. »Rotbeerensaft und Bier, nicht wahr?«
»Genau.«
»Richtig.« Drinnen ließ Elisabet sich direkt neben Justen auf einen Hocker fallen und sah ihren Bruder aufmerksam an. »Was ist passiert?«
Justen lachte. »Warte, bis Vater wieder da ist. Er wird es auch hören wollen und ich will nicht die gleiche Geschichte zweimal erzählen.«
»Dann solltest du besser warten, bis Mutter kommt. Aber dann muss ich mich um das Abendessen kümmern und werde die Geschichte am Ende überhaupt nicht zu hören bekommen.«
»Du sollst sie hören.« Justen zauste ihr das kurze, hellblonde Haar. »Du hast dir die Haare geschnitten.«
»Lange Haare stören nur und außerdem will ich keine Zuchtstute werden wie die anderen Mädchen mit langen Haaren.«
»Starke Worte, junge Frau.« Horas reichte Justen einen großen Becher.
»Wahre Worte!« Elisabet nahm einen der beiden kleineren Becher vom verkratzten Holztablett. »Lydya redet schon darüber, wie viele Kinder sie haben will.«
Justen und sein Vater wechselten einen raschen Blick.
»Hört bloß auf, so zu grinsen. Ich weiß genau, was ich will.«
»Das glaube ich dir aufs Wort.« Justen trank genießerisch einen Schluck Bier und behielt es einen Augenblick im Mund. Er war froh, dass ihm das Selbstgebraute seines Vaters so gut mundete wie das Bier in Naclos. Er nahm noch einen zweiten, größeren Schluck.
»Also, ich glaube, deine Mutter ist gerade an der Wegbiegung«, meinte Horas. »Wir warten also lieber mit deiner Geschichte, bis sie hier ist.«
»Ich hab’s doch gleich gesagt.« Elisabet sah Justen an.
»Inzwischen können wir dir ja erzählen, was hier passiert ist.«
»Nicht sehr viel«, warf Elisabet ein.
»Ich habe in beiden Obstgärten neue Bäume gepflanzt und Shrezsans und Yousals Haus hast du ja schon gesehen.«
Justen nickte.
»Das Gebrochene Rad wird renoviert und Niteral hat das Land des alten Kaylert übernommen. Er sagt, es sei nur gerecht, es Huntal zu überantworten. Das ist der Junge, der mit Gunnar zur Tempelschule gegangen ist. Er hat mit Mara zwei Mädchen und sie wollten nicht mehr wie ihre Verwandten als Fischer leben. Sie sind zuerst in Niterals
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