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Krieg der Ordnung

Titel: Krieg der Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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als wären die Holzteile in eine unnatürliche Form gezwungen worden. Er stellte die Schachtel beiseite und schüttelte den Kopf. Wenn Naclos so unwirklich gewesen war, warum sah er dann hier plötzlich alles mit anderen Augen?
    Er blickte zum Gemäuer der Außenwand. Die Steine waren anscheinend völlig ordentlich gesetzt. Lag es daran, dass das Holz mit Schneiden geformt worden war? Begann er, so wie Dayala zu empfinden, die keine scharfkantigen Werkzeuge in ihrer Nähe ertragen konnte? Oder war er einfach nur aufmerksamer geworden?
    Nach einem letzten Rundblick durchs Zimmer drehte er sich um und öffnete die Tür, um sich zur Großen Werkstatt und an die Arbeit zu begeben, die dort wahrscheinlich auf ihn wartete.
    Die kleinen Vertiefungen mitten in den Steinsrufen erinnerten ihn an die Generationen junger Ingenieure, die in diesen Unterkünften gelebt hatten. Er konnte beinahe spüren, wie die Männer und Frauen der Vergangenheit über seine Schulter schauten, die Gesichter starr und streng eingedenk der Ordnung.
    Kopfschüttelnd trat er in den kühlen, schönen Nachmittag hinaus und ging bergab.
    Ein leerer Pferdewagen holperte auf der Straße vorbei. Justen runzelte unwillkürlich die Stirn, als er den Fahrer auf dem Wagen sitzen und nicht neben dem Pferd laufen sah. Er blinzelte und holte tief Luft.
    Auf halbem Weg den Hügel hinab blieb er vor dem Schulgebäude stehen, das ihm früher immer wie ein Teil des Hügels selbst vorgekommen war. Jetzt schien es sich eher krass davon abzuheben. Eine Handvoll Schüler hatte sich an der Steinbank vor der Statue Dorrins versammelt. Sie schnatterten wie aufgescheuchte Vögel. Einige Augenblicke lang blieb er stehen und sah ihnen zu, dann drehte er sich um und ging weiter.
    Unterwegs blieb er noch einmal stehen und sah sich zu der im Schatten liegenden Veranda um. Er spürte die Massen von geordnetem Material in den Wänden, schwerer und drückender, als es ihm je bewusst gewesen war. Er atmete tief durch, stieg die niedrigen Stufen hinauf und betrat die Große Werkstatt. Vor der eigentlichen Werkstatt blieb er stehen.
    Eine junge Frau, die er nicht kannte, arbeitete am Schmiedefeuer des Arbeitsplatzes, der einst der seine gewesen war. Ihre Hammerschläge waren gut gezielt und sicher, was auch für alle anderen hier arbeitenden Ingenieure galt.
    Das dumpfe Kratzen der Gewindeschneider klang ihm scharf in den Ohren.
    »Justen? Was machst du denn hier?« Die dunkelhaarige Leitende Ingenieurin kam sofort zu ihm, als sie ihn bemerkt hatte.
    Er zuckte mit den Achseln. »Ich dachte, ich bin Ingenieur.«
    »Wir sind eine Weile ohne dich zurechtgekommen, Justen«, erklärte Altara lachend. »Justen hat mir erzählt, dass eure Schwester dich sehen will. Und ich glaube, sobald der Rat weiß, dass du hier bist, wird auch er dich sprechen wollen.«
    Er hatte seine Familie wieder sehen wollen. Was also hatte er dann hier in der Großen Werkstatt zu suchen? Justen blickte zwischen den schweren Eisenteilen hin und her, vom Amboss zum eisernen Gehäuse eines Turbinenrades.
    »Wenn der Rat dich sprechen will, kann ich nach Wandernicht kommen und dich abholen. Wenn der Rat dich nicht sprechen will, kannst du ja in ein paar Tagen wieder hierher zurückkommen. Und mach dir keine Sorgen, denn so wie es aussieht, wird man dich für den Aufwand bezahlen.«
    Justen lächelte schuldbewusst, weil er sich vor Augen hielt, dass er viel reicher war, als er jemals geglaubt hätte. Das Lächeln verschwand sofort wieder, als er daran dachte, zu welchem Zweck er diesen Reichtum einsetzen würde.
    »Du musst mir dann ein Pferd mitbringen oder ich muss mit der Postkutsche fahren«, antwortete er.
    »Ich bin sicher, dass die Bruderschaft oder der Rat dir ein Pferd zur Verfügung stellen wird, wenn man dich sprechen will. Aber jetzt … jetzt fahre erst einmal zu deiner Familie und sage ihnen, dass du wohlbehalten wieder hier angekommen bist.«
    »Danke.« Justen drehte sich langsam um. Warum zögerte er nur? Natürlich wollten seine Eltern und Elisabet ihn sehen und er wollte auch sie wieder sehen.
    Warum war er nicht schon längst darauf gekommen? Warum war er in seine alten Gewohnheiten verfallen? Er ging langsam die Treppe zur Straße hinunter und rieb sich nachdenklich das Kinn.

 
CII
     
    » W ir … wir sind beinahe da.« Severa zog leicht an den Zügeln und die Postkutsche näherte sich etwas langsamer der Poststelle. Das Gebrochene Rad, ein zweistöckiger, aus Steinen und Balken erbauter Gasthof,

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