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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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mit einem Ohr zu und warf immer wieder verstohlene Blicke auf
seinen exotischen Knappen.
    Allein im Rosengarten geblieben war Wolfram von Eschenbach. Den
Blick auf den Boden gerichtet, schritt er über den Kampfplatz. Der Schnee war
aufgewühlt und schmutzig vermischt mit der Erde darunter. Nur an einer Stelle
war er noch nahezu jungfräulich; dort, wo Biterolf verletzt worden war. Hier
blieb Wolfram stehen, reglos wie zu Eis geworden, und starrte mit leerer Miene
auf die Blutstropfen im Schnee.
    »Wir haben keine Eile. Zurzeit sind wahrscheinlich alle Zuber
belegt. Ein Dutzend nackter, betrunkener Ritter im heißen Wasser, und der Lärm
im Badehaus ist unerträglich. – Zwei letzte Stiche. Tut es noch weh?«
    »Nein. Warum sollte es?«
    »Weil Ihr gerade ein Gesicht gezogen habt, als würde es noch
wehtun.«
    »Du musst mich nicht ihrzen. Bislang duzen mich alle auf der Burg.
Ich sehe nicht, weshalb du eine Ausnahme machen solltest.«
    »Sehr wohl, Herr.«
    Schweigend zog Agnes Nadel und Zwirn ein letztes Mal durch die Haut
und durchtrennte den Faden dann mit einem Messer. Nachdem sie seine Stirn und
ihre Hände mit einem nassen Tuch gereinigt hatte, griff sie mit beiden Händen
in seine Haare und ordnete sie neu. Er ließ es geschehen.
    »Wenn Ihr die Haare in die Stirn legt, so etwa, sieht man die Wunde
nicht einmal. Es sei denn, Ihr wollt, dass sie zu sehen ist. Oh.«
    »Was ist?«
    »Haltet still.« Agnes erhob sich, scheitelte seine Haare und fuhr
mit einem Finger über seine Kopfhaut. Als sie sich wieder setzte, hielt sie
eine Laus auf dem Finger. Sie knackte ihren Panzer zwischen den Nägeln. »An
denen herrscht auf der Burg leider kein Mangel. Soll ich suchen, ob ich noch
weitere finde?«
    »Bitte nicht. Ich bin mir sicher, es war die Einzige.« Biterolf
strich sich die Haare wieder glatt. »Wie kann ich dir für deine Hilfe danken,
Agnes? Ich habe nichts, was ich dir schenken kann, aber ich könnte dir natürlich
ein Lied singen. Oder vielleicht will dein Kind eines hören? Heute Abend ein
Lied zur guten Nacht?«
    Am Zucken, das durch ihren Körper ging, bemerkte Biterolf
augenblicklich, dass er etwas Falsches gesagt hatte. »Kinder lieben Musik«,
setzte er unnötigerweise hinzu, und dann, weil sie noch immer nichts erwiderte:
»Mir wurde gesagt, du wärst ungefähr zur gleichen Zeit niedergekommen wie die
Landgräfin.«
    »Das stimmt. Aber mein Sohn ist noch in der Stunde seiner Geburt gestorben.«
    »Es tut mir leid«, sagte Biterolf. »Ich hätte mich erkundigen
sollen. Gott erbarm, ich will dir etwas Gutes tun … und füge dir stattdessen
Schmerzen zu.«
    »Dann sind wir jetzt quitt«, sagte sie, indem sie das Nähzeug
verstaute. »Soll ich Euch noch den Weg ins Badehaus weisen? Oder wollt Ihr erst
auf Eure Stube?«
    »Herrje, nein. Dort bin ich noch den ganzen Abend, mit meiner Fiedel
als einziger Gesellschaft.«
    Agnes betrachtete ihn eindringlich. Biterolf hielt dem Blick stand,
sah aber abwechselnd in ihr rechtes und linkes Auge und hob schließlich fragend
die Brauen.
    »Es ist eigentlich nur für die Dienerschaft der Burg bestimmt«,
erklärte sie, »aber ich lade Euch ein, und deshalb könnt auch Ihr kommen: In
der Küche trifft sich heute Abend das Gesinde zu einer kleinen Feier. Gesang,
Tanz, Spiele, vielleicht auch eine gemeinsame Fürbitte. Es gibt kalten Braten,
Pasteten und Süßes, Wein und Bier. Wenn diese Gesellschaft nicht unter Eurer
Würde ist …«
    »Gibt es einen Anlass?«
    »Es ist viel übrig geblieben vom gestrigen Bankett. Und am
Weihnachtstag werden wir kaum zum Feiern kommen. Außerdem haben die meisten
Bewohner der Burg unbändige Angst vor der Wilden Jagd und glauben, dass es nur
zwei vernünftige Arten gibt, die Zwölf Nächte heil zu überstehen: im Gebet oder
in der Gemeinschaft. Ein Kruzifix oder ein ordentlicher Rausch: Beides soll
gleichermaßen helfen. «
    »Fürchtest du dich vor der Wilden Jagd?«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte sie, und noch während er darüber
nachdachte, was in diesem Fall das Gegenteil von Furcht wohl bedeutete, fügte
sie hinzu: »Zweierlei solltet Ihr allerdings beachten: Lasst Euch nicht auf ein
Würfelspiel mit den Knechten ein. Die schummeln vorne und hinten, bei Fremden
umso schamloser.«
    »Verstehe. Und das Zweite?«
    »Und seid behutsam im Umgang mit Gerhard Atze, der heute Abend
zweifellos dabei und zweifellos betrunken sein wird. Es ist ein Wunder, dass er
nur gelacht hat, als ihm Heinrich von Ofterdingen so leichtsinnig eine

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