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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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der
aufsteigende Rauch.
    Biterolfs Ausführungen allerdings belebten Walther nach und nach.
Umso ärgerlicher war es für Biterolf, dass ihm auf einmal, von einer Silbe auf
die nächste, die Stimme vollständig wegblieb und er keinen verständlichen Ton
mehr hervorbrachte. Er hatte an diesem einen Tag mehr geredet als in der
gesamten Woche zuvor. Also wies Walther seinen Singerknaben Bertolt an, einen
Tee mit Honig aus der Küche zu bringen.
    Die beiden Männer schwiegen indes. Das Räucherholz knisterte. Walther
nahm den vertrockneten Siegerkranz von seiner Truhe und drehte ihn zwischen den
Händen.
    »Der Salbei wird dir guttun«, sagte er. »Etwas Lorbeer dazu?«
    Biterolf schüttelte den Kopf.
    »Immerhin, Lorbeer soll gegen Läuse helfen«, sagte Walther.
»Vielleicht sollte ich ihn trotz allem im Haar behalten.« Er zwirbelte ein
Blatt zwischen den Fingern, bis es zu Krümeln wurde, und streute die Krümel ins
Feuer. »Zumindest kann man mir nicht vorwerfen, ich wäre nicht skeptisch
gewesen. Dass Reinmar Heinrich ächtet, meinethalben; aber dass er ausgerechnet
mich zum Sängerkönig krönt – das war doch wirklich suspekt, nicht wahr?«
    Sie warteten, bis Bertolt mit dem Tee zurück war. Nach einigen
Schlucken gelang Biterolf zumindest das Flüstern wieder. »Ihr sagtet, ich solle
zu Euch kommen, wenn mich etwas bedrückt«, sagte er. »Ich weiß nicht, was
zwischen Heinrich und Euch vorgefallen ist. Er hat auch mich schon beleidigt,
und ich helfe ihm dennoch. Ihr müsst Euch uns auch nicht anschließen, um ihn zu
retten. Tut es vielmehr, um seine Mörder zu düpieren; die Männer, die euch eine
Narrenkappe zur Krone gegeben haben. Ihr seid immer ein Kämpfer für das freie
Wort gewesen, für die Freiheit unserer Lieder. Hermann von Thüringen entehrt
das Gastrecht ebenso wie die Redefreiheit, und er hat uns ins Gesicht gelogen,
als er verkündete, wir stünden unter seinem Schutz. Von der Heuchelei um eine deutsche Zunge in Zeiten des Bruderkriegs ganz
abgesehen.«
    »Hermann ist mein Lehnsherr.«
    »Und Ihr habt sicherlich nie unter ihm gelitten. Aber oft unter
seinesgleichen, wenn ich so manches Eurer bitteren Lieder richtig auslege.«
Biterolf leerte den Becher bis auf den süßen Bodensatz. »Ich bitte Euch, mich
heute Nacht in Waffen zu begleiten«, schloss er, »aber ich werde Euch nicht
weiter zu überzeugen versuchen. Ich habe mir schon an Wolfram die Zähne
ausgebissen und muss mit meinen Worten haushalten.«
    »Ich werde darüber nachdenken. Ich kann nichts versprechen.«
    Biterolf stellte den leeren Becher ab und erhob sich.
    »Brauchst du noch etwas?«, fragte Walther unvermittelt. »Waffen,
Rüstung, Geld? Ein Pferd habe ich nicht mehr, aber nötigenfalls kannst du über
das von Bertolt verfügen.« Walther wies auf die Gegenstände im Raum und hob ein
Kettenhemd vom Boden auf. »Du hast ungefähr meine Statur. Nimm den Panzer. Ich
habe zwei davon. Du wirst ihn brauchen. Bertolt wird ihn heimlich auf deine
Stube tragen, dann schöpft niemand Verdacht.«
    Als Biterolf gegangen war und Bertolt zurück ins Gemach kam, bat
ihn Walther, das Eisengewand in Tuch gewickelt oder in einem Sack verborgen in
Biterolfs Stube zu bringen. Einmal mehr verfiel Walther angesichts des
Lorbeerkranzes in Grübelei, aber als Bertolt von seinem Botengang zurückgekehrt
war, ließ er sich mit dessen Hilfe herausputzen, legte die besten Gewänder und
den Mantel an, kämmte seine Haare und gürtete sein Schwert. Dann brach er in
Bertolts Begleitung auf.
    Den tugendhaften Schreiber traf er in der Kanzlei an und Reinmar
samt seiner Führerin in der Backstube, wo sich der alte Elsässer an der Wärme,
dem Wohlgeruch und der Betriebsamkeit labte und das Weiße aus einem frisch
gebackenen Brot pulte. Beide forderte Walther mit wenigen Worten auf, ihn zum
Landgrafen zu begleiten, und beide gehorchten, ohne nach dem Anlass zu fragen.
Hermann war in seinem Gemach im Palas. Walther befahl Bertolt und Klara, vor
der Tür zu warten.
    Hermann begrüßte die drei Männer, bat sie, Platz zu nehmen, wobei er
dem blinden Reinmar zur Hand ging, und wies seinerseits seine Diener an, den
Raum zu verlassen. Walther schwieg mit Ausnahme einer kurzen und nüchternen
Begrüßung, und als offensichtlich wurde, dass er tatsächlich nicht zu sprechen
gedachte, ergriff der Schreiber das Wort.
    »Wohlan, Walther«, setzte er lächelnd an, »wollt Ihr uns offenbaren,
weswegen Ihr uns in dieser erlauchten Runde –«, worauf Hermann

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