Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
Vom Netzwerk:
jetzt die Befehle gebe? Dich versteht nämlich niemand, erst recht
nicht, wenn wir vor die Tür treten.«
    »Bitte.«
    »Es soll niemand von den Wachen sterben«, sagte Agnes, »auch wenn
sie sich uns in den Weg stellen.«
    »Keine Angst. Es wird ein paar blaue Flecken geben und einige
Brummschädel, aber kein Blut.«
    Nach diesem Versprechen sahen auch Agnes und Konrad nach den
Pferden. Mit einem Blick prüfte Wolfram Biterolfs Waffen und Rüstung und
erkannte das Panzerhemd seines Freundes Walther.
    »Warum?«, fragte Biterolf.
    »Warum was?«
    »Warum habt Ihr Euch anders entschieden?«
    Wolfram schnaufte. »Ich bin Gottes Knecht, habe ich gesagt. Aber ein
Knecht Gottes zu sein heißt, gegen das Unrecht anzugehen. Auch wenn es
bedeutet, einem gottlosen Lumpen wie Heinrich zu helfen.«
    »Aber hattet Ihr nicht gesagt, es sei unmöglich, von der Wartburg zu
entkommen?«
    »Ist es auch. Aber ich habe mir ein Hilfsmittel verschafft, das es
möglich macht.«
    Während Johann bei den Pferden blieb, brachen die anderen auf. Als
sie Wolfram durch den Sturm zum Südturm folgten, wurden die Böen noch einmal
stärker, und sie mussten sich regelrecht gegen den Schnee stemmen, um
voranzukommen. Wenn es eine Wilde Jagd gab, dann war dies zweifellos ihre
liebste Witterung. Der Hof war menschenleer.
    Im Windschatten des Südturms sammelten sie sich. Wolfram verlangte,
alleine voranzugehen, um Heinrichs Wärter zu überwältigen, bevor diese sich
angegriffen fühlten. Sie stiegen die Treppe hinauf, die außen am Turm
entlanglief, und warteten vor der Tür, die ins Innere führte. Wolfram war nicht
lange verschwunden, bis man Lärm vernahm und ein Wärter – auf der Flucht vor
Wolfram und drauf und dran, Alarm zu schlagen – die Tür aufriss, um direkt in
ihre Arme zu laufen. Sie fesselten und knebelten ihn an Ort und Stelle.
    Im Vorraum der Zelle legten sie den Gefesselten ab neben dem anderen
Wärter, den Wolframs Kettenfaust außer Gefecht gesetzt hatte. Bis auf einen
Tisch, zwei Schemel und eine Lampe war der kleine Raum leer. Agnes holte
umgehend die beiden Dietriche hervor, schob die Riegel zur Seite und kniete vor
dem Schloss nieder, um die schwere Kerkertür vollständig zu öffnen. Wolfram
drängte sie sacht zur Seite. In der Hand hielt er einen Schlüssel.
    »Woher habt Ihr den?«, fragte Agnes verblüfft.
    »Das darf ich euch nicht sagen«, erwiderte Wolfram, während er den
Schlüssel ins Loch steckte und umdrehte. »Ich habe meine Beziehungen.« Dann
öffnete er die Tür.
    Heinrich von Ofterdingen trug noch die gleichen Gewänder wie beim
Wettsingen vor drei Tagen, darüber seinen Mantel und eine Decke. Ein kurzer
Bart bedeckte sein Kinn, aber davon abgesehen war er weder sonderlich
verschmutzt noch ausgehungert, noch sonst irgendwie vernachlässigt. Er blieb
auf seinem Strohlager sitzen, als Wolfram in die Zelle trat.
    »… Wolf?«
    »Hoch mit dir, wir haben es eilig.«
    »Was wird das?«
    »Wonach sieht es denn aus? Wir retten dich vorm Richtschwert.«
    »Weshalb?«
    » Weshalb? Was ist das nun wieder für eine
dämliche Frage? Auf, hoch mit dir!«
    »Weshalb ausgerechnet du, Wolfram?«, insistierte Ofterdingen. »Mein
Leben ist dir doch keinen Pfifferling wert.«
    »Daran hat sich auch nichts geändert. Ich tu’s für die gute Sache.
Steh auf!«
    »Wenn du mich rettest, damit ich mich bei dir für irgendetwas
entschuldige, dann hast du dich gründlich getäuscht.«
    »Gibt es das! Da riskiert man seine Haut – … Für wie nachtragend
hältst du mich eigentlich?«
    »Niemand ist nachtragender als du.«
    »Ein Wort noch, du Esel, und wir lassen dich hier drinnen verrotten!
Hoch jetzt!«
    Wolfram packte Ofterdingen am Arm und zerrte ihn auf die Beine.
Diese grobe Behandlung erzürnte Ofterdingen so sehr, dass er Wolfram von sich
und gegen die Zellenwand stieß, worauf dieser sich wiederum auf Ofterdingen
stürzte und mit beiden Händen nach dessen Hals langte. Ofterdingen versuchte
sich aus dem Griff zu befreien. Die anderen Anwesenden verfolgten den Ringkampf
fassungslos, mit Ausnahme von Biterolf, der sich zwischen die beiden warf, um
sie voneinander zu trennen.
    »Schluss jetzt«, zischte er, während er sie auf Armeslänge voneinander
entfernt hielt.
    »Der Spatz!«, stieß Ofterdingen aus, der Biterolf erst jetzt
erkannte. »Eine schöne Überraschung! Wie hat dich Wolfram dazu überredet?«
    »Brechen wir auf«, sagte Biterolf.
    »Was ist mit deiner Stimme? – Sieh an, da ist ja auch mein treuer
Konrad

Weitere Kostenlose Bücher