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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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ohne Eure Hilfe, vielmehr
ohne Euren Widerstand zu einem Ruhm verholfen hat, der selbst den des Parzival überstrahlt.«
    »Herrje, wer hat dir diese Geschichten ausgegraben? Passau! Hast du
das von Heinrich? Du überschätzt unsere Freundschaft ebenso sehr wie meine
verletzte Eitelkeit. Ich weiß nicht einmal mehr ihren Namen!«
    »Ihr lügt.«
    »Gut, meinetwegen, vielleicht weiß ich ihren Namen tatsächlich noch.
Aber du folgerst, dass ich aus verjährter Eifersucht Heinrich den Tod wünsche?«
    »Augenscheinlich.«
    »Gar nichts hast du verstanden, du Grünschnabel«, knurrte Wolfram.
»Ich wünsche, dass er lebt, aber niemand wird ihn retten können. Wie auch!
Niemand steigt in die Höhle des Thüringer Löwen und reißt ihm die Beute aus dem
Maul. Auch du wirst es um Himmels willen nicht versuchen, wenn du nicht nach
Heinrich auf dem Richtstuhl Platz nehmen willst.«
    »Dann bleibt Ihr untätig?«
    »Ich werde für ihn beten.«
    »Beten, sicherlich. Eure Lösung für alle Probleme, nicht wahr, weil
Ihr wisst, dass Beten nie irgendwem hilft außer Eurem Gewissen.«
    »Beleidige mich, so viel du willst, Junge. Aber beleidige nicht
Gott.«
    »Wenn Ihr, der große und hehre Wolfram von Eschenbach«, krächzte
Biterolf und baute sich vor seinem Gegenüber auf, »der Dichter von
Ritterlichkeit und Vergebung, der Heilige unter den Sängern, es hinnehmen
wollt, dass das größte Dichtertreffen unserer Zeit nur dazu diente, einen
Sänger – einen der größten, die wir haben – wie einen Verbrecher ehrlos zu
schlachten – – – ich, Biterolf von Stillaha, der Durchschnittliche, der
Unbekannte und Unbegabte, ich werde es nicht!«
    »Eindrucksvoll, auch ohne Stimme«, sagte Wolfram und stand auf, um
sich aus dem Krug etwas Wasser in seinen Becher zu gießen. »Du hättest bis zum
Anbruch des morgigen Tages Zeit, das Unmögliche möglich zu machen. Denn dann
soll Heinrich sterben.«
    Biterolf stutzte. Wolfram nahm seine Frage vorweg.
    »Das Schwert hat sich wieder angefunden. Ein Jäger aus Marksuhl hat
es vor einer Stunde dem Landgrafen überreicht.«
    »… Marksuhl?«
    »Offensichtlich muss es sich auf fabelhafte Weise im Geweih eines
Hirschen verfangen haben, der am Abhang unter dem Palas äste, als Heinrich es
aus dem Fenster warf, und sich dort, ohne dem Tier den Kopf zu spalten, so fest
verkeilt haben, dass der Hirsch es mit sich trug. Bis auf die andere Seite der
Berge, wo er heute Morgen erlegt wurde. Aufgrund der Symbole auf der Klinge
haben es die Jäger als das Eisenacher Richtschwert erkannt und zum Landgrafen
gebracht.«
    »Das … das ist ein Wunder.«
    »In der Tat. Weshalb Hermann auch verboten hat, dass der Bericht
öffentlich wird. Man könnte – fürchtet er zu Recht – dies wunderbare
Verschwinden des Schwertes leicht als ein Urteil Gottes auslegen, Heinrich möge
verschont werden. Mir hat Hermann noch die Wahrheit gesagt, aber die
Verlautbarung des Kanzlers wird sein, Gesindel hätte im Abfall der Burg nach
Essensresten gesucht, als das Schwert vom Himmel fiel, und die herabgeworfene
Klinge an sich genommen. – Ein Bote ist schon in die Stadt unterwegs, Meister
Stempfel abermals auf die Wartburg zu rufen. Sein Schwert wird derweil bis
morgen so sicher verwahrt, als wäre es Excalibur.«
    »Dann muss Heinrich noch heute Nacht befreit werden.«
    »Zu deinem eigenen Besten rate ich dir abermals davon ab.«
    »Ihr seid ein Fürstenknecht.«
    »Ich bin niemandes Knecht außer Gottes«, bellte Wolfram und funkelte
Biterolf wütend an. »Tu es nicht, sage ich. Und zwing mich nicht, drastischer
zu werden.«
    »Drastischer? Was wäre das? Würdet Ihr mich verraten?«
    »Ich würde dich aufhalten.«
    Biterolf versuchte zu lachen, aber das Geräusch, das dabei entstand,
glich mehr dem Fauchen einer jungen Katze.
    »Mich aufhalten«, sagte er zum Abschied: »Versuch es nur, alter
Mann.«
    Wäre ihm Wolfram anders begegnet – aufgebracht, konspirativ –,
hätte er Biterolfs durchaus vorhandene Bedenken und Zweifel vermutlich nähren
und ihn dazu bewegen können, Heinrich seinem Schicksal zu überlassen. Wolframs
Gleichgültigkeit und Herablassung aber hatten Biterolf vollends in die Rolle
des Anwalts der Wahrheit und des aufrechten Retters gezwungen. Nun konnte er
nicht mehr zurück: Er musste die Ketten des
Ofterdingers sprengen – und sei es, um dem bräsigen Eschenbacher zu beweisen,
dass er es konnte .
    Nachdem er die halbe Burg vergeblich nach Agnes abgelaufen hatte,
suchte er die

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