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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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Rücken von begrabenen Gepeinigten bestand.
    Prin hatte Chay anschließend wochenlang auf dem Rücken getragen, während sie halbwegs genas. Allerdings waren die gebrochenen Knochen nicht richtig zusammengewachsen; das taten sie in der Hölle nie.
    Du irrst dich, Prin. Das Reale existiert nicht. Es gibt keine externe Realität. Es gibt nur dies. Du brauchst eine solche Vorstellung vielleicht, um den Schmerz, den dir dieser Ort bereitet, besser zu ertragen, aber letztendlich wäre es besser für dich, die wahre Realität zu akzeptieren und einzusehen, dass nur dies existiert, dass dies immer existierte und immer existieren wird.
    Nein, Chay, erwiderte er. In diesem Moment sind wir nur Code, Geister in einem Substrat, wir sind sowohl real als auch irreal. Vergiss das nie. Derzeit sind wir hier, aber wir hatten und haben ein anderes Leben und andere Körper, zu denen wir zurückkehren können, im Realen.
    Im Realen, Prin? Wir sind Narren, Prin. Wenn stimmt, was du sagst, sind wir Narren, dass wir hierherkamen, sind wir Narren zu glauben, wir könnten hier etwas Nützliches tun; und noch närrischer und dümmer ist die Annahme, es gäbe eine Möglichkeit für uns, diesen grässlichen, abscheulichen, schrecklichen Ort zu verlassen. Dies ist jetzt unser Leben, selbst wenn es vorher ein anderes gab. Finde dich damit ab; dann ist es nicht mehr ganz so entsetzlich. Dies ist das Reale, dies, was du hier siehst, fühlst und riechst. Chay streckte den rechten Rüssel, und seine Spitze berührte fast das halb verfaulte Gesicht einer jungen Frau, die vor ihr an einer der Stangen aufgespießt war– aus leeren Augenhöhlen schien sie auf Prin und Chay herabzustarren. Und entsetzlich ist es, kein Zweifel. Ein wahrhaft entsetzlicher Ort. Sie sah ihren Gefährten an. W arum es mit der Lüge von Hoffnung noch schlimmer machen?
    Prin hob den einen ihm verbliebenen Rüssel und wickelte ihn, so gut es ging, um ihre beiden. Chayeleze Hifornstochter, es ist deine Verzweiflung, die hier lügt. Das Bluttor auf der anderen Seite dieses Tals öffnet sich innerhalb der nächsten Stunde und lässt jene hindurch, die sich einen halben Tag die Hölle ansehen durften, damit sie sich im Realen besser benehmen, und wir verlassen diesen Ort mit ihnen. Wir können und wir werden zurückkehren! Wir werden diesen Ort verlassen, wir werden nach Hause zurückkehren, und wir werden von dem berichten, was wir hier gesehen haben. Wir geben die Wahrheit frei, im Realen, auf dass sie bei dieser grausamen Verspottung von Güte und Vernunft so großen Schaden wie möglich anrichtet. Die gewaltige Obszönität um uns herum wurde geschaffen, Liebste. Sie kann auch beseitigt werden. Wir können dabei helfen, dass die Beseitigung ihren Anfang nimmt. Wir können und werden dabei helfen. Aber ich mache es nicht allein. Ich kann und werde nicht ohne dich gehen. Wir gehen zusammen oder gar nicht. Eine letzte Anstrengung, darum bitte ich dich, Liebste. Bleib an meiner Seite, komm mit mir, flieh mit mir, hilf mir, dich zu retten, und hilf mir, mich selbst zu retten! Er drückte sie an seine Brust, so fest er konnte.
    Da kommen Osteophagen, sagte Chay mit einem Blick über seine Schulter.
    Prin ließ sie los und sah durch eine Lücke zwischen den hängenden Leichen zum hangaufwärts gelegenen Zugang ihres improvisierten Unterschlupfs. Chay hatte recht. Sechs Osteophagen kamen über den Hang und näherten sich wie besonders kräftige Versionen jener Tiere, die vor Jahrmillionen Chays und Prins Vorfahren gejagt hatten. Vierbeinig waren sie, doppelt so groß wie ein Pavuleaner, mit großen, nach vorn gerichteten Augen und, wie die meisten Dämonen, mit zwei besonders muskulösen Versionen von pavuleanischen Rüsseln neben den breiten, kräftigen Kiefern.
    Ihre glänzenden Pelze, rot und gelb gestreift, sahen wie lackiert aus. Die Farben waren ebenso wie die Rüssel höllische Erweiterungen und hatten nicht zur Ausstattung der ursprünglichen Tiere gehört; sie gaben ihnen das bizarre Erscheinungsbild von Kindern bemalter Geschöpfe. Die Osteophagen stapften schwerfällig über den Hang, von einer Stacheldrahtbarriere zur nächsten, hoben die aufgespießten Toten mit ihren Rüsseln an oder rissen sie mit grässlich aussehenden Zähnen, halb so lang wie die Rüssel, von den Stangen. Sie fraßen, was noch einigermaßen schmackhaft war, und kauten gelegentlich auf kleineren Knochen, doch die meisten der eingesammelten Toten warfen sie in wacklige Knochenkarren, die von blinden

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