Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
herangekommen, verborgen hinter den vielen aufgespießten Toten, und als der Verhau von Prins Rücken fiel, bohrte sich eine der Stangen in den Fuß des Pavuleaners, der den Karren zog, und fixierte ihn am Boden. Der Osteophage, der argwöhnisch in ihre Richtung gesehen hatte, wich einen Schritt zurück, stellte die Ohren auf und brachte mit seiner Haltung ein Gefühl zwischen Überraschung und Furcht zum Ausdruck.
Prin knurrte ihn an, woraufhin das Geschöpf noch etwas weiter zurückwich. Die anderen Osteophagen am Hang waren stehen geblieben, rührten sich nicht mehr und beobachteten. Sie würden abwarten, um festzustellen, wie sich diese Angelegenheit entwickelte, bevor sie entschieden, ob sie mit einer Ich-will-auch-was-davon-Tapferkeit daran teilnehmen oder besser so tun sollten, als hätten sie überhaupt nichts damit zu tun.
Prin schüttelte die immer noch katatonisch-starre Chay in Richtung des Osteophagen. Sie gehört mir! Ich habe sie zuerst gesehen!
Der Osteophage blinzelte und sah sich anscheinend unbesorgt nach seinen Artgenossen um, die ganz offensichtlich keine Anstalten machten, an seine Seite zu eilen und mit ihm zusammen diesem so plötzlich aufgetauchten Kontrahenten unerschütterlich gegenüberzutreten. Er sah nach unten, strich mit dem Rücken einer Tatze über den Boden und zog die Krallen fast ganz ein.
Nimm sie, sagte er mit grollender Stimme, der er einen sorglosen Klang zu geben versuchte. Sie gehört dir, mit unserem Segen. Wir haben genug. Der Osteophage zuckte die Schultern, senkte den Kopf und schnupperte, wo er zuvor mit der Tatze über den Boden gestrichen hatte. An der Gestalt vor ihm schien er überhaupt kein Interesse mehr zu haben.
Prin knurrte erneut, drückte sich Chay an die Brust, drehte sich um und sprang den Hang hinunter, vorbei an verwesenden Leichen und Stangen, an denen Fleischfetzen wie zerrissene Fahnen hingen. Er platschte durch den Fluss aus Blut und lief auf der anderen Seite den Hang zur Mühle hoch. Die Gruppe aus dem großen Käfer war im Gebäude verschwunden. Der Käfer hatte unterdessen seinen Hinterleib geschlossen, zog die schimmernden Flügel unter dem Rückenschild hervor und entfaltete sie. Prin war ihm so nahe, dass er Dämonen in den riesigen Facettenaugen sah.
Piloten, dachte er, für eine Ansammlung von Programmcode, der ebenso gut von einer Zauberfeder– oder einem magischen Amboss– in der Luft gehalten werden konnte.
Er lief weiter den Hügelhang hinauf zur Mühle.
5
V on irgendwo kam die Vorstellung, dass es viele verschiedene Stufen des Schlafens und der Bewusstlosigkeit gab, und somit auch des Erwachens. Mitten in dieser angenehm benommenen Ruhe– von Wärme umhüllt, zusammengerollt und die Arme um sich geschlungen, eine Art rötliche Dunkelheit hinter den Lidern– war es leicht und tröstend, über die vielen Möglichkeiten des Wegdriftens und der Rückkehr nachzudenken.
Manchmal schlief man nur für einen Moment ein und wurde sofort wieder wach, wenn einem der Kopf auf die Brust sank. Oder man machte ein kurzes Nickerchen, begleitet von dem Wissen, dass man einige Minuten oder eine halbe Stunde Zeit hatte.
Natürlich gab es da noch den guten, gesunden Nachtschlaf. Allerdings konnten sich Systemwechsel, die ganze Nacht geöffnete Einrichtungen, Drogen und Stadtlichter in diesem Zusammenhang als störend erweisen.
Dann gab es die tiefere Bewusstlosigkeit durch einen Schlag oder durch Betäubung unter medizinischer Aufsicht– oder indem man den Kopf immer wieder gegen die Wand stieß und sich vorübergehend nicht an den eigenen Namen erinnerte. Außerdem fielen manche Leute ins Koma und kamen nur sehr langsam wieder heraus, was sich seltsam anfühlen musste. Und für eine Weile– einige Jahrhunderte lang, aber heutzutage kaum mehr, wegen des Fortschritts– hatte es den Subschlaf bei Raumflügen gegeben, was bedeutete, dass man Jahre oder Jahrzehnte in der Hibernation verbrachte, in Eiseskälte und halbtot, um schließlich am Ziel wiederbelebt zu werden. Manche Leute hatten zu Hause auf diese Weise geschlafen und darauf gewartet, dass sich die Medizin weiterentwickelte. Aus einem solchen Schlaf zu erwachen, musste sehr seltsam sein, dachte sie.
Sie spürte den Drang, sich umzudrehen, als hätte sie, in einem herrlich bequemen Bett, genug Zeit auf der einen Seite liegend verbracht und es deshalb Zeit würde, sich auf die andere zu drehen. Sie fühlte sich auch recht leicht, begriff sie, und noch während sie dies dachte, wurde
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